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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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salia gestalten Sachen nach von dem Consistorio aus Noth und zu Vermeidung grössern Unheils zwar rescindiret, aber darbey beyden Theilen, zu Verhütung Aergernisses, binnen einer Zeit anderwärtigen Ehegelöbniß sich zu enthalten, billig untersaget wird.

Auf die 2. Frage E. W. V. R.

Ob wohl Veronica allenfals eydlich sich zu purgiren erböthig ist, daß der von Conrado attentirte concubitus ihre vornehmste und nicht simulirte Ursache sey, warum sie einen so festen Wiederwillen wieder Conradum gefasset, und hiernächst daß in casibus matrimonialibus nicht contra matrimonium juramenta zu zu lassen, von denen juramentis a parte parti delatis, nicht aber von juramentis purgatoriis, davon doch jetzo die Frage, zu verstehen ist, und also scheinen möchte, daß Veronica in Betrachtung der vielen für sie praesumtionem machendem Umstände zu solchen juramento billig zuzulassen; Dieweil aber dennoch mit denen Juramenten nicht zu spielen, und bekanten Rechtens, quod juramentum non permittendum, si id quod juratum est, partem non relevet, aber bey der ersten Frage allbereit ausgeführet worden, daß das von Conrado vorgenommene, ungeziemende Beginnen für sich keine justam causam repudii auf Seiten der Veronicae macht, sondern sie nur in etwas a poena excusiret, und in der Ehescheidung bloß auff die daraus entstandene inimicitias irreconciliabiles zu sehen ist, in diesem Stücke aber Veronica praesumtionem für sich hat, auch über dieses gefährlich seyn würde, eine in so starcken Affecten stehende Person schweren zu lassen, in Betrachtung die Menschliche Natur also beschaffen, daß man in affectu etwas pro causa primario movente hält, und sich selbst beredet, das man doch hernach, wenn die causa affectum movens weggethan, ist, zum öfftern erkennet, daß es nur ratio secundaria & adjuvans gewesen, auch solchergestalt viel darzu gehöret, ehe sich Veronica rechtschaffen prüfen könne, ob, wenn sie Conradum zu vorhero hertzlich geliebet, sie den ihr zugemutheten Beyschlaff sich ebenmäßig zu einem solchen Haß würde haben bewegen lassen; So mag auch Veronica, da ein Zweifel wegen der Ursache ihrer aversion vorfallen solte, gestalten Sachen nach über diesem Punct zum juramento purgationis nicht zugelassen, oder solches von ihr gefordert werden. V. R. W.

Etliche Anmerckungen darüber.

§. VII. Ob wohl auch bey diesem Handel vieles könte erinnert werden, so wird es sich doch füglicher schicken, bey anderer Gelegenheit solches zu thun, inmassen die Lehre von denen Ehegelöbnissen bey denen Protestirenden fast noch verwirreter ist als bey denen Canonisten. Siehe indessen, was ich allbereit in der disputation de pactis futurorum sponsaliorum und in denen notis ad Lancel. lib. 2. tit. de sponsalibus fürnemlich aber p. 817. seq. item p. 827. seq. angemerckt habe. Vorietzo will ich nur diese zwey Puncte kürtzlich melden: 1. Ist in denen rationibus ad

salia gestalten Sachen nach von dem Consistorio aus Noth und zu Vermeidung grössern Unheils zwar rescindiret, aber darbey beyden Theilen, zu Verhütung Aergernisses, binnen einer Zeit anderwärtigen Ehegelöbniß sich zu enthalten, billig untersaget wird.

Auf die 2. Frage E. W. V. R.

Ob wohl Veronica allenfals eydlich sich zu purgiren erböthig ist, daß der von Conrado attentirte concubitus ihre vornehmste und nicht simulirte Ursache sey, warum sie einen so festen Wiederwillen wieder Conradum gefasset, und hiernächst daß in casibus matrimonialibus nicht contra matrimonium juramenta zu zu lassen, von denen juramentis a parte parti delatis, nicht aber von juramentis purgatoriis, davon doch jetzo die Frage, zu verstehen ist, und also scheinen möchte, daß Veronica in Betrachtung der vielen für sie praesumtionem machendem Umstände zu solchen juramento billig zuzulassen; Dieweil aber dennoch mit denen Juramenten nicht zu spielen, und bekanten Rechtens, quod juramentum non permittendum, si id quod juratum est, partem non relevet, aber bey der ersten Frage allbereit ausgeführet worden, daß das von Conrado vorgenommene, ungeziemende Beginnen für sich keine justam causam repudii auf Seiten der Veronicae macht, sondern sie nur in etwas a poena excusiret, und in der Ehescheidung bloß auff die daraus entstandene inimicitias irreconciliabiles zu sehen ist, in diesem Stücke aber Veronica praesumtionem für sich hat, auch über dieses gefährlich seyn würde, eine in so starcken Affecten stehende Person schweren zu lassen, in Betrachtung die Menschliche Natur also beschaffen, daß man in affectu etwas pro causa primario movente hält, und sich selbst beredet, das man doch hernach, wenn die causa affectum movens weggethan, ist, zum öfftern erkennet, daß es nur ratio secundaria & adjuvans gewesen, auch solchergestalt viel darzu gehöret, ehe sich Veronica rechtschaffen prüfen könne, ob, wenn sie Conradum zu vorhero hertzlich geliebet, sie den ihr zugemutheten Beyschlaff sich ebenmäßig zu einem solchen Haß würde haben bewegen lassen; So mag auch Veronica, da ein Zweifel wegen der Ursache ihrer aversion vorfallen solte, gestalten Sachen nach über diesem Punct zum juramento purgationis nicht zugelassen, oder solches von ihr gefordert werden. V. R. W.

Etliche Anmerckungen darüber.

§. VII. Ob wohl auch bey diesem Handel vieles könte erinnert werden, so wird es sich doch füglicher schicken, bey anderer Gelegenheit solches zu thun, inmassen die Lehre von denen Ehegelöbnissen bey denen Protestirenden fast noch verwirreter ist als bey denen Canonisten. Siehe indessen, was ich allbereit in der disputation de pactis futurorum sponsaliorum und in denen notis ad Lancel. lib. 2. tit. de sponsalibus fürnemlich aber p. 817. seq. item p. 827. seq. angemerckt habe. Vorietzo will ich nur diese zwey Puncte kürtzlich melden: 1. Ist in denen rationibus ad

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[366/0382] salia gestalten Sachen nach von dem Consistorio aus Noth und zu Vermeidung grössern Unheils zwar rescindiret, aber darbey beyden Theilen, zu Verhütung Aergernisses, binnen einer Zeit anderwärtigen Ehegelöbniß sich zu enthalten, billig untersaget wird. Auf die 2. Frage E. W. V. R. Ob wohl Veronica allenfals eydlich sich zu purgiren erböthig ist, daß der von Conrado attentirte concubitus ihre vornehmste und nicht simulirte Ursache sey, warum sie einen so festen Wiederwillen wieder Conradum gefasset, und hiernächst daß in casibus matrimonialibus nicht contra matrimonium juramenta zu zu lassen, von denen juramentis a parte parti delatis, nicht aber von juramentis purgatoriis, davon doch jetzo die Frage, zu verstehen ist, und also scheinen möchte, daß Veronica in Betrachtung der vielen für sie praesumtionem machendem Umstände zu solchen juramento billig zuzulassen; Dieweil aber dennoch mit denen Juramenten nicht zu spielen, und bekanten Rechtens, quod juramentum non permittendum, si id quod juratum est, partem non relevet, aber bey der ersten Frage allbereit ausgeführet worden, daß das von Conrado vorgenommene, ungeziemende Beginnen für sich keine justam causam repudii auf Seiten der Veronicae macht, sondern sie nur in etwas a poena excusiret, und in der Ehescheidung bloß auff die daraus entstandene inimicitias irreconciliabiles zu sehen ist, in diesem Stücke aber Veronica praesumtionem für sich hat, auch über dieses gefährlich seyn würde, eine in so starcken Affecten stehende Person schweren zu lassen, in Betrachtung die Menschliche Natur also beschaffen, daß man in affectu etwas pro causa primario movente hält, und sich selbst beredet, das man doch hernach, wenn die causa affectum movens weggethan, ist, zum öfftern erkennet, daß es nur ratio secundaria & adjuvans gewesen, auch solchergestalt viel darzu gehöret, ehe sich Veronica rechtschaffen prüfen könne, ob, wenn sie Conradum zu vorhero hertzlich geliebet, sie den ihr zugemutheten Beyschlaff sich ebenmäßig zu einem solchen Haß würde haben bewegen lassen; So mag auch Veronica, da ein Zweifel wegen der Ursache ihrer aversion vorfallen solte, gestalten Sachen nach über diesem Punct zum juramento purgationis nicht zugelassen, oder solches von ihr gefordert werden. V. R. W. §. VII. Ob wohl auch bey diesem Handel vieles könte erinnert werden, so wird es sich doch füglicher schicken, bey anderer Gelegenheit solches zu thun, inmassen die Lehre von denen Ehegelöbnissen bey denen Protestirenden fast noch verwirreter ist als bey denen Canonisten. Siehe indessen, was ich allbereit in der disputation de pactis futurorum sponsaliorum und in denen notis ad Lancel. lib. 2. tit. de sponsalibus fürnemlich aber p. 817. seq. item p. 827. seq. angemerckt habe. Vorietzo will ich nur diese zwey Puncte kürtzlich melden: 1. Ist in denen rationibus ad

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/382>, abgerufen am 29.03.2024.