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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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fol. 40. angeführten Umbständen, zu sehen, daß die Supplicanten bey dieser Bewandtniß zu dem Prediger Heurich biß zu Erörterung der Sache kein Christliches Vertrauen als zu einen Beicht-Vater haben können, und also billig dahin zu sehen, wie ihren Gewissen gerathen werden möge; Endlich auch Beklagter sich friedlich und wie einen Prediger anstehet, zu verhalten, und, die Verbitterung nicht grösser zu machen, schuldig ist, sondern derselbe vielmehr dahin zu sehen hat, wie er durch Ehristliches Bezeigen seine Patronos gewinnen, und dem unanständigen Haß und Feindschafft ein Ende machen möge; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.

XIII. Handel. Von einem / der sich mit zweyen verlobt / und mit der letzten trauen lassen.
§. I.

DEr casus, den ich bey diesen Handel vorstellen werde, kan zwarDie vornehmsten Umbstände gegenwärtigen Handels. unter die vorgesetzte rubrique gebracht werden, er verdienet aber auch andere Anmerckungen, weil bey dem process viel andere irreguläre Umbstände vorgiengen. Titius war schon Anno 1691. verklagt worden, daß er sich mit Lucia aus H. verlobet, und sie auch fleischlich erkannt haben solte, Titius aber war keinesweges gesonnen sie zu heyrathen, sondern leugnete, daß das Verfprechen bündig wäre, und beschuldigte die Klägerin, daß sie ihm zum Beyschlaff gereitzet, ehe er noch die geringste Anwerbung an sie gethan. Der process wurde pro more von beyden Partheyen trainiret: Titius indessen erhielte an einen benachbarten Hoffe Dienste, und fande eine andre Parthie, mit der er die Sache durch Beystand guter Freunde dahin brachte; daß ehe man es sich versahe, er mit dieser getrauet, und ihm der göttliche Seegen durch einen ordinirten Priester vor dem Altar vorgesaget wurde, non obstante processu & ejus litis pendentia. Die Klägerin erfuhr zwar noch vor der Trauung dieses Vorhaben, erhielte auch aus dem Consistorio, vor dem die Sache anhängig war eine inhibition an den Pfarrer zu D. der ihm getrauet hatte, daß Titius nicht solte aufgeboten noch getrauet werden. Aber post festum. Dieser dolus des Titii sive bonus sive malus) kunte nun freylich dem

fol. 40. angeführten Umbständen, zu sehen, daß die Supplicanten bey dieser Bewandtniß zu dem Prediger Heurich biß zu Erörterung der Sache kein Christliches Vertrauen als zu einen Beicht-Vater haben können, und also billig dahin zu sehen, wie ihren Gewissen gerathen werden möge; Endlich auch Beklagter sich friedlich und wie einen Prediger anstehet, zu verhalten, und, die Verbitterung nicht grösser zu machen, schuldig ist, sondern derselbe vielmehr dahin zu sehen hat, wie er durch Ehristliches Bezeigen seine Patronos gewinnen, und dem unanständigen Haß und Feindschafft ein Ende machen möge; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.

XIII. Handel. Von einem / der sich mit zweyen verlobt / und mit der letzten trauen lassen.
§. I.

DEr casus, den ich bey diesen Handel vorstellen werde, kan zwarDie vornehmsten Umbstände gegenwärtigen Handels. unter die vorgesetzte rubrique gebracht werden, er verdienet aber auch andere Anmerckungen, weil bey dem process viel andere irreguläre Umbstände vorgiengen. Titius war schon Anno 1691. verklagt worden, daß er sich mit Lucia aus H. verlobet, und sie auch fleischlich erkannt haben solte, Titius aber war keinesweges gesonnen sie zu heyrathen, sondern leugnete, daß das Verfprechen bündig wäre, und beschuldigte die Klägerin, daß sie ihm zum Beyschlaff gereitzet, ehe er noch die geringste Anwerbung an sie gethan. Der process wurde pro more von beyden Partheyen trainiret: Titius indessen erhielte an einen benachbarten Hoffe Dienste, und fande eine andre Parthie, mit der er die Sache durch Beystand guter Freunde dahin brachte; daß ehe man es sich versahe, er mit dieser getrauet, und ihm der göttliche Seegen durch einen ordinirten Priester vor dem Altar vorgesaget wurde, non obstante processu & ejus litis pendentia. Die Klägerin erfuhr zwar noch vor der Trauung dieses Vorhaben, erhielte auch aus dem Consistorio, vor dem die Sache anhängig war eine inhibition an den Pfarrer zu D. der ihm getrauet hatte, daß Titius nicht solte aufgeboten noch getrauet werden. Aber post festum. Dieser dolus des Titii sive bonus sive malus) kunte nun freylich dem

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[335/0341] fol. 40. angeführten Umbständen, zu sehen, daß die Supplicanten bey dieser Bewandtniß zu dem Prediger Heurich biß zu Erörterung der Sache kein Christliches Vertrauen als zu einen Beicht-Vater haben können, und also billig dahin zu sehen, wie ihren Gewissen gerathen werden möge; Endlich auch Beklagter sich friedlich und wie einen Prediger anstehet, zu verhalten, und, die Verbitterung nicht grösser zu machen, schuldig ist, sondern derselbe vielmehr dahin zu sehen hat, wie er durch Ehristliches Bezeigen seine Patronos gewinnen, und dem unanständigen Haß und Feindschafft ein Ende machen möge; So ist dergestalt zu erkennen gewesen. XIII. Handel. Von einem / der sich mit zweyen verlobt / und mit der letzten trauen lassen. §. I. DEr casus, den ich bey diesen Handel vorstellen werde, kan zwar unter die vorgesetzte rubrique gebracht werden, er verdienet aber auch andere Anmerckungen, weil bey dem process viel andere irreguläre Umbstände vorgiengen. Titius war schon Anno 1691. verklagt worden, daß er sich mit Lucia aus H. verlobet, und sie auch fleischlich erkannt haben solte, Titius aber war keinesweges gesonnen sie zu heyrathen, sondern leugnete, daß das Verfprechen bündig wäre, und beschuldigte die Klägerin, daß sie ihm zum Beyschlaff gereitzet, ehe er noch die geringste Anwerbung an sie gethan. Der process wurde pro more von beyden Partheyen trainiret: Titius indessen erhielte an einen benachbarten Hoffe Dienste, und fande eine andre Parthie, mit der er die Sache durch Beystand guter Freunde dahin brachte; daß ehe man es sich versahe, er mit dieser getrauet, und ihm der göttliche Seegen durch einen ordinirten Priester vor dem Altar vorgesaget wurde, non obstante processu & ejus litis pendentia. Die Klägerin erfuhr zwar noch vor der Trauung dieses Vorhaben, erhielte auch aus dem Consistorio, vor dem die Sache anhängig war eine inhibition an den Pfarrer zu D. der ihm getrauet hatte, daß Titius nicht solte aufgeboten noch getrauet werden. Aber post festum. Dieser dolus des Titii sive bonus sive malus) kunte nun freylich dem Die vornehmsten Umbstände gegenwärtigen Handels.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/341>, abgerufen am 24.04.2024.