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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Vorfrucht auf die Wirksamkeit des Reichthums immer
größer, und für eine gewöhnliche Bearbeitung möchte das
früher angenommene Verhältniß von 12: 10 ziemlich zu-
treffend seyn.

Für den Hafer, der niemals nach der Brache kömmt,
müßte der Reichthum des Bodens in Belgien eben so
wirksam seyn, als in Mecklenburg. Wir finden aber, daß
in Belgien zu der Produktion von einem Schfl. Hafer
4,64°, in Mecklenburg nur 3,54° Reichthum gehören.
Die Erklärung über diese Abweichung finden wir in der
verschiedenen Bestellung des Hafers. Die Belgen brin-
gen nämlich die starke Düngung zum Hafer, wenn unter
diesen Klee gesäet werden soll, erst mit der Saatfurche
unter. Bei dieser Behandlung ist nun die Düngung
für den Hafer selbst fast ganz unwirksam. Aber wahr-
scheinlich wollen die Belgen grade dies, damit der Hafer
sich nicht lagere und den Klee ersticke, und damit dem
Klee die ganze Düngung, ohne Abzug, zu Nutzen komme.

Daß der Klee in Belgien von demselben Reichthum
fast den doppelten Ertrag gibt, liegt theils im belgischen
Klima, welches dem Kleewuchs viel günstiger ist, haupt-
sächlich aber darin, daß wir ihn in Mecklenburg abweiden
und zertreten lassen, während derselbe in Belgien vom
Viehtritt nicht gestört, sondern regelmäßig abgemähet wird.

7.

Wenn man von dem Ertrage des Getreides und der
Kartoffeln die Aussaat abzieht, und den hieraus hervor-
gehenden Ueberschuß mit der Summe der auf die Pro-
duktion derselben verwandten Arbeitskosten vergleicht: so
ergibt sich hieraus, wie viel ein Scheffel von jedem dieser
Gewächse an Arbeitskosten (also mit Ausschluß der allge-
meinen Kulturkosten) erfordert hat.

Meine Berechnungen geben hierüber folgende Re-
sultate:


Vorfrucht auf die Wirkſamkeit des Reichthums immer
groͤßer, und fuͤr eine gewoͤhnliche Bearbeitung moͤchte das
fruͤher angenommene Verhaͤltniß von 12: 10 ziemlich zu-
treffend ſeyn.

Fuͤr den Hafer, der niemals nach der Brache koͤmmt,
muͤßte der Reichthum des Bodens in Belgien eben ſo
wirkſam ſeyn, als in Mecklenburg. Wir finden aber, daß
in Belgien zu der Produktion von einem Schfl. Hafer
4,64°, in Mecklenburg nur 3,54° Reichthum gehoͤren.
Die Erklaͤrung uͤber dieſe Abweichung finden wir in der
verſchiedenen Beſtellung des Hafers. Die Belgen brin-
gen naͤmlich die ſtarke Duͤngung zum Hafer, wenn unter
dieſen Klee geſaͤet werden ſoll, erſt mit der Saatfurche
unter. Bei dieſer Behandlung iſt nun die Duͤngung
fuͤr den Hafer ſelbſt faſt ganz unwirkſam. Aber wahr-
ſcheinlich wollen die Belgen grade dies, damit der Hafer
ſich nicht lagere und den Klee erſticke, und damit dem
Klee die ganze Duͤngung, ohne Abzug, zu Nutzen komme.

Daß der Klee in Belgien von demſelben Reichthum
faſt den doppelten Ertrag gibt, liegt theils im belgiſchen
Klima, welches dem Kleewuchs viel guͤnſtiger iſt, haupt-
ſaͤchlich aber darin, daß wir ihn in Mecklenburg abweiden
und zertreten laſſen, waͤhrend derſelbe in Belgien vom
Viehtritt nicht geſtoͤrt, ſondern regelmaͤßig abgemaͤhet wird.

7.

Wenn man von dem Ertrage des Getreides und der
Kartoffeln die Ausſaat abzieht, und den hieraus hervor-
gehenden Ueberſchuß mit der Summe der auf die Pro-
duktion derſelben verwandten Arbeitskoſten vergleicht: ſo
ergibt ſich hieraus, wie viel ein Scheffel von jedem dieſer
Gewaͤchſe an Arbeitskoſten (alſo mit Ausſchluß der allge-
meinen Kulturkoſten) erfordert hat.

Meine Berechnungen geben hieruͤber folgende Re-
ſultate:


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[107/0121] Vorfrucht auf die Wirkſamkeit des Reichthums immer groͤßer, und fuͤr eine gewoͤhnliche Bearbeitung moͤchte das fruͤher angenommene Verhaͤltniß von 12: 10 ziemlich zu- treffend ſeyn. Fuͤr den Hafer, der niemals nach der Brache koͤmmt, muͤßte der Reichthum des Bodens in Belgien eben ſo wirkſam ſeyn, als in Mecklenburg. Wir finden aber, daß in Belgien zu der Produktion von einem Schfl. Hafer 4,64°, in Mecklenburg nur 3,54° Reichthum gehoͤren. Die Erklaͤrung uͤber dieſe Abweichung finden wir in der verſchiedenen Beſtellung des Hafers. Die Belgen brin- gen naͤmlich die ſtarke Duͤngung zum Hafer, wenn unter dieſen Klee geſaͤet werden ſoll, erſt mit der Saatfurche unter. Bei dieſer Behandlung iſt nun die Duͤngung fuͤr den Hafer ſelbſt faſt ganz unwirkſam. Aber wahr- ſcheinlich wollen die Belgen grade dies, damit der Hafer ſich nicht lagere und den Klee erſticke, und damit dem Klee die ganze Duͤngung, ohne Abzug, zu Nutzen komme. Daß der Klee in Belgien von demſelben Reichthum faſt den doppelten Ertrag gibt, liegt theils im belgiſchen Klima, welches dem Kleewuchs viel guͤnſtiger iſt, haupt- ſaͤchlich aber darin, daß wir ihn in Mecklenburg abweiden und zertreten laſſen, waͤhrend derſelbe in Belgien vom Viehtritt nicht geſtoͤrt, ſondern regelmaͤßig abgemaͤhet wird. 7. Wenn man von dem Ertrage des Getreides und der Kartoffeln die Ausſaat abzieht, und den hieraus hervor- gehenden Ueberſchuß mit der Summe der auf die Pro- duktion derſelben verwandten Arbeitskoſten vergleicht: ſo ergibt ſich hieraus, wie viel ein Scheffel von jedem dieſer Gewaͤchſe an Arbeitskoſten (alſo mit Ausſchluß der allge- meinen Kulturkoſten) erfordert hat. Meine Berechnungen geben hieruͤber folgende Re- ſultate:

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/121>, abgerufen am 28.03.2024.