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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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und das Nutzvieh nun im Winter mit bloßem Stroh un-
terhalten wird: so magert das Vieh im Winter so weit
ab, daß es den größten Theil des auf der Weide verzehr-
ten Grases zu seiner Erholung und zur Herstellung der
Beleibtheit anwenden muß, und nur einen geringen Theil
desselben auf die Erzeugung von Milch oder Wolle ver-
wenden kann. Unter diesen Umständen ist aber der Roh-
ertrag des Viehes so geringe, daß dadurch die Kosten der
Viehhaltung kaum gedeckt werden, daß folglich nicht bloß
das verfutterte Stroh, sondern auch die Weide selbst gar
keine Nutzung abwirft.

In einem solchen Verhältniß wird es nothwendig dem
Vieh im Winter durch Körnerfutter zu Hülfe zu kommen --
sey es nun, daß man das Korn rein gibt, oder daß man
das Stroh nicht rein ausdreschen läßt -- um dasselbe in
einem solchen Zustand zu erhalten, daß wenigstens die
Nutzung der Weide nicht ganz verloren gehe.

Das Zugvieh muß, wie es jedem einleuchtet, immer
in dem Stande erhalten werden, daß es die geforderte Ar-
beit vollbringen kann. Fehlt nun das Heu, so muß dies
augenscheinlich durch Körnerfütterung ersetzt werden.

Vergleichen wir aber die Produktionskosten des Klee-
heues und der Kartoffeln mit denen des Getreides, so
finden wir daß dieses ein weit theureres Futter ist als
Kleeheu und Kartoffeln.

Bei den Berechnungen über die belgische Wirthschaft
fanden wir, daß die Hervorbringung

von 1 Schfl. Hafer an Arbeitskosten erforderte 13,4 ß.
1 " Kartoffeln     3,3 ß.
1 Ctnr. Kleeheu     4,3 ß.

Nach andern Beobachtungen und Berechnungen --
die hier aber nicht mitgetheilt werden können -- nehme
ich ferner an, daß ein Schfl. Hafer inclusive des mit
demselben geernteten Strohes für das Nutzvieh, und zum

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und das Nutzvieh nun im Winter mit bloßem Stroh un-
terhalten wird: ſo magert das Vieh im Winter ſo weit
ab, daß es den groͤßten Theil des auf der Weide verzehr-
ten Graſes zu ſeiner Erholung und zur Herſtellung der
Beleibtheit anwenden muß, und nur einen geringen Theil
deſſelben auf die Erzeugung von Milch oder Wolle ver-
wenden kann. Unter dieſen Umſtaͤnden iſt aber der Roh-
ertrag des Viehes ſo geringe, daß dadurch die Koſten der
Viehhaltung kaum gedeckt werden, daß folglich nicht bloß
das verfutterte Stroh, ſondern auch die Weide ſelbſt gar
keine Nutzung abwirft.

In einem ſolchen Verhaͤltniß wird es nothwendig dem
Vieh im Winter durch Koͤrnerfutter zu Huͤlfe zu kommen —
ſey es nun, daß man das Korn rein gibt, oder daß man
das Stroh nicht rein ausdreſchen laͤßt — um daſſelbe in
einem ſolchen Zuſtand zu erhalten, daß wenigſtens die
Nutzung der Weide nicht ganz verloren gehe.

Das Zugvieh muß, wie es jedem einleuchtet, immer
in dem Stande erhalten werden, daß es die geforderte Ar-
beit vollbringen kann. Fehlt nun das Heu, ſo muß dies
augenſcheinlich durch Koͤrnerfuͤtterung erſetzt werden.

Vergleichen wir aber die Produktionskoſten des Klee-
heues und der Kartoffeln mit denen des Getreides, ſo
finden wir daß dieſes ein weit theureres Futter iſt als
Kleeheu und Kartoffeln.

Bei den Berechnungen uͤber die belgiſche Wirthſchaft
fanden wir, daß die Hervorbringung

von 1 Schfl. Hafer an Arbeitskoſten erforderte 13,4 ß.
1 » Kartoffeln     3,3 ß.
1 Ctnr. Kleeheu     4,3 ß.

Nach andern Beobachtungen und Berechnungen —
die hier aber nicht mitgetheilt werden koͤnnen — nehme
ich ferner an, daß ein Schfl. Hafer incluſive des mit
demſelben geernteten Strohes fuͤr das Nutzvieh, und zum

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[115/0129] und das Nutzvieh nun im Winter mit bloßem Stroh un- terhalten wird: ſo magert das Vieh im Winter ſo weit ab, daß es den groͤßten Theil des auf der Weide verzehr- ten Graſes zu ſeiner Erholung und zur Herſtellung der Beleibtheit anwenden muß, und nur einen geringen Theil deſſelben auf die Erzeugung von Milch oder Wolle ver- wenden kann. Unter dieſen Umſtaͤnden iſt aber der Roh- ertrag des Viehes ſo geringe, daß dadurch die Koſten der Viehhaltung kaum gedeckt werden, daß folglich nicht bloß das verfutterte Stroh, ſondern auch die Weide ſelbſt gar keine Nutzung abwirft. In einem ſolchen Verhaͤltniß wird es nothwendig dem Vieh im Winter durch Koͤrnerfutter zu Huͤlfe zu kommen — ſey es nun, daß man das Korn rein gibt, oder daß man das Stroh nicht rein ausdreſchen laͤßt — um daſſelbe in einem ſolchen Zuſtand zu erhalten, daß wenigſtens die Nutzung der Weide nicht ganz verloren gehe. Das Zugvieh muß, wie es jedem einleuchtet, immer in dem Stande erhalten werden, daß es die geforderte Ar- beit vollbringen kann. Fehlt nun das Heu, ſo muß dies augenſcheinlich durch Koͤrnerfuͤtterung erſetzt werden. Vergleichen wir aber die Produktionskoſten des Klee- heues und der Kartoffeln mit denen des Getreides, ſo finden wir daß dieſes ein weit theureres Futter iſt als Kleeheu und Kartoffeln. Bei den Berechnungen uͤber die belgiſche Wirthſchaft fanden wir, daß die Hervorbringung von 1 Schfl. Hafer an Arbeitskoſten erforderte 13,4 ß. 1 » Kartoffeln 3,3 ß. 1 Ctnr. Kleeheu 4,3 ß. Nach andern Beobachtungen und Berechnungen — die hier aber nicht mitgetheilt werden koͤnnen — nehme ich ferner an, daß ein Schfl. Hafer incluſive des mit demſelben geernteten Strohes fuͤr das Nutzvieh, und zum 8*

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/129>, abgerufen am 25.04.2024.