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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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nur in kleinen Quantitäten und ganz frisch abzusetzen
sind, können nur in der Nähe der Stadt gebauet werden.

Die Gärten werden also die nächsten Umgebungen
der Stadt einnehmen.

Außer den feinern Gartengewächsen ist die frische
Milch eines der nothwendigen Bedürfnisse der Stadt, de-
ren Erzielung in diesem ersten Kreise geschehen muß:
denn die Milch ist nicht bloß sehr schwierig und kostbar
zu transportiren, sondern sie wird auch, besonders bei
großer Hitze, nach wenigen Stunden ungenießbar, und
kann deshalb aus größern Entfernungen nicht zur Stadt
gebracht werden.

Der Preis der Milch muß so hoch steigen, daß das
Land, was zum Zweck der Milcherzeugung verwandt wird,
durch kein andres Produkt so hoch genutzt werden kann.
Da die Ackerpacht in diesem Kreise sehr hoch ist, so kommt
vermehrte Arbeit hier wenig in Betracht. Von der klein-
sten Fläche die größte Menge Viehfutter zu gewinnen, ist
hier die Aufgabe. Man wird also möglichst vielen Klee
bauen und Stallfütterung treiben: denn es ist entschie-
den, daß man bei der Stallfütterung, wo der Klee zur
rechten Zeit gemäht werden kann, von derselben Fläche
weit mehr Vieh unterhalten kann, als bei der Beweidung,
wo die jungen Pflanzen durch das Zertreten und Ab-
beißen stets in ihrem Wachsthum gestört werden. Oder,
wenn man der größern Reinlichkeit wegen die Weide den-
noch vorziehen sollte, so können die Weideplätze nur klein
seyn, und das Vieh wird doch größtentheils mit abge-
mähtem grünen Klee und mit dem Abfall von Kartoffeln,
Kohl, Rüben u. s. w. unterhalten werden.

Der unterscheidende Charakter dieses Kreises ist, daß
hier der Dung aus der Stadt angekauft, und nicht wie
in den entferntern Gegenden, auf den Gütern selbst erzeugt
wird.


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nur in kleinen Quantitaͤten und ganz friſch abzuſetzen
ſind, koͤnnen nur in der Naͤhe der Stadt gebauet werden.

Die Gaͤrten werden alſo die naͤchſten Umgebungen
der Stadt einnehmen.

Außer den feinern Gartengewaͤchſen iſt die friſche
Milch eines der nothwendigen Beduͤrfniſſe der Stadt, de-
ren Erzielung in dieſem erſten Kreiſe geſchehen muß:
denn die Milch iſt nicht bloß ſehr ſchwierig und koſtbar
zu transportiren, ſondern ſie wird auch, beſonders bei
großer Hitze, nach wenigen Stunden ungenießbar, und
kann deshalb aus groͤßern Entfernungen nicht zur Stadt
gebracht werden.

Der Preis der Milch muß ſo hoch ſteigen, daß das
Land, was zum Zweck der Milcherzeugung verwandt wird,
durch kein andres Produkt ſo hoch genutzt werden kann.
Da die Ackerpacht in dieſem Kreiſe ſehr hoch iſt, ſo kommt
vermehrte Arbeit hier wenig in Betracht. Von der klein-
ſten Flaͤche die groͤßte Menge Viehfutter zu gewinnen, iſt
hier die Aufgabe. Man wird alſo moͤglichſt vielen Klee
bauen und Stallfuͤtterung treiben: denn es iſt entſchie-
den, daß man bei der Stallfuͤtterung, wo der Klee zur
rechten Zeit gemaͤht werden kann, von derſelben Flaͤche
weit mehr Vieh unterhalten kann, als bei der Beweidung,
wo die jungen Pflanzen durch das Zertreten und Ab-
beißen ſtets in ihrem Wachsthum geſtoͤrt werden. Oder,
wenn man der groͤßern Reinlichkeit wegen die Weide den-
noch vorziehen ſollte, ſo koͤnnen die Weideplaͤtze nur klein
ſeyn, und das Vieh wird doch groͤßtentheils mit abge-
maͤhtem gruͤnen Klee und mit dem Abfall von Kartoffeln,
Kohl, Ruͤben u. ſ. w. unterhalten werden.

Der unterſcheidende Charakter dieſes Kreiſes iſt, daß
hier der Dung aus der Stadt angekauft, und nicht wie
in den entferntern Gegenden, auf den Guͤtern ſelbſt erzeugt
wird.


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[3/0017] nur in kleinen Quantitaͤten und ganz friſch abzuſetzen ſind, koͤnnen nur in der Naͤhe der Stadt gebauet werden. Die Gaͤrten werden alſo die naͤchſten Umgebungen der Stadt einnehmen. Außer den feinern Gartengewaͤchſen iſt die friſche Milch eines der nothwendigen Beduͤrfniſſe der Stadt, de- ren Erzielung in dieſem erſten Kreiſe geſchehen muß: denn die Milch iſt nicht bloß ſehr ſchwierig und koſtbar zu transportiren, ſondern ſie wird auch, beſonders bei großer Hitze, nach wenigen Stunden ungenießbar, und kann deshalb aus groͤßern Entfernungen nicht zur Stadt gebracht werden. Der Preis der Milch muß ſo hoch ſteigen, daß das Land, was zum Zweck der Milcherzeugung verwandt wird, durch kein andres Produkt ſo hoch genutzt werden kann. Da die Ackerpacht in dieſem Kreiſe ſehr hoch iſt, ſo kommt vermehrte Arbeit hier wenig in Betracht. Von der klein- ſten Flaͤche die groͤßte Menge Viehfutter zu gewinnen, iſt hier die Aufgabe. Man wird alſo moͤglichſt vielen Klee bauen und Stallfuͤtterung treiben: denn es iſt entſchie- den, daß man bei der Stallfuͤtterung, wo der Klee zur rechten Zeit gemaͤht werden kann, von derſelben Flaͤche weit mehr Vieh unterhalten kann, als bei der Beweidung, wo die jungen Pflanzen durch das Zertreten und Ab- beißen ſtets in ihrem Wachsthum geſtoͤrt werden. Oder, wenn man der groͤßern Reinlichkeit wegen die Weide den- noch vorziehen ſollte, ſo koͤnnen die Weideplaͤtze nur klein ſeyn, und das Vieh wird doch groͤßtentheils mit abge- maͤhtem gruͤnen Klee und mit dem Abfall von Kartoffeln, Kohl, Ruͤben u. ſ. w. unterhalten werden. Der unterſcheidende Charakter dieſes Kreiſes iſt, daß hier der Dung aus der Stadt angekauft, und nicht wie in den entferntern Gegenden, auf den Guͤtern ſelbſt erzeugt wird. 1*

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/17>, abgerufen am 29.03.2024.