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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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viel kosten muß, als wofür diese Gegend den Brannt-
wein liefern kann.

Wenn durch den Gewerbszwang die Branntwein-
brennerei nur in den Städten betrieben werden darf, so
bewirkt dies eine Verminderung des Nationaleinkommens,
indem eine große Menge Kräfte zum Transport des Korns
und des Brennmaterials ohne allen Nutzen verschwendet
werden. Da nun aber die größte Wohlfeilheit des Brannt-
weins aus andern Rücksichten nicht wünschenswerth ist,
so kann der Staat die Fabrikation desselben mit einer
starken Abgabe belegen, wodurch derselbe den Preis wieder
erhält, wofür der Städter ihn sonst geliefert hat; und
diese Vertheurung des Branntweins wird für den Staat
wohlthätiger wirken, als jene durch unnütze Verwendung
von Kräften -- die nun auf andre nützliche Beschäftigun-
gen gerichtet, produktiv verwandt werden können -- her-
vorgebrachte Theurung.

Die Abtheilung des Kreises der Viehzucht, in welcher
die Branntweinfabrikation statt findet, wird Dreifelder-
wirthschaft treiben, weil durch diese das zum Branntwein-
brennen erforderliche Korn am wohlfeilsten erzeugt wird.

Die Wirthschaft, in welcher Branntweinbrennerei mit
Viehmastung verbunden ist, gibt einen viel größern Dung-
gewinn, als die auf Kornverkauf gerichtete Dreifelder-
wirthschaft; erstere kann also auch einen größern Theil des
Ackers mit Getreide bestellen, ohne denselben zu erschöpfen.

Sehen wir nun bloß auf die Feldeintheilung der
Wirthschaften, so werden wir die die Branntweinbrenne-
rei betreibende Abtheilung und im Grunde auch den gan-
zen Viehzucht treibenden Kreis -- wo aber der Ackerbau
nur einen kleinen Theil des Feldes einnimmt -- zum
Kreise der Dreifelderwirthschaft rechnen müssen. Sehen
wir dagegen auf die Hauptprodukte, die die Wirthschaft
liefert -- und ich ziehe diesen Theilungsgrund aus meh-

viel koſten muß, als wofuͤr dieſe Gegend den Brannt-
wein liefern kann.

Wenn durch den Gewerbszwang die Branntwein-
brennerei nur in den Staͤdten betrieben werden darf, ſo
bewirkt dies eine Verminderung des Nationaleinkommens,
indem eine große Menge Kraͤfte zum Transport des Korns
und des Brennmaterials ohne allen Nutzen verſchwendet
werden. Da nun aber die groͤßte Wohlfeilheit des Brannt-
weins aus andern Ruͤckſichten nicht wuͤnſchenswerth iſt,
ſo kann der Staat die Fabrikation deſſelben mit einer
ſtarken Abgabe belegen, wodurch derſelbe den Preis wieder
erhaͤlt, wofuͤr der Staͤdter ihn ſonſt geliefert hat; und
dieſe Vertheurung des Branntweins wird fuͤr den Staat
wohlthaͤtiger wirken, als jene durch unnuͤtze Verwendung
von Kraͤften — die nun auf andre nuͤtzliche Beſchaͤftigun-
gen gerichtet, produktiv verwandt werden koͤnnen — her-
vorgebrachte Theurung.

Die Abtheilung des Kreiſes der Viehzucht, in welcher
die Branntweinfabrikation ſtatt findet, wird Dreifelder-
wirthſchaft treiben, weil durch dieſe das zum Branntwein-
brennen erforderliche Korn am wohlfeilſten erzeugt wird.

Die Wirthſchaft, in welcher Branntweinbrennerei mit
Viehmaſtung verbunden iſt, gibt einen viel groͤßern Dung-
gewinn, als die auf Kornverkauf gerichtete Dreifelder-
wirthſchaft; erſtere kann alſo auch einen groͤßern Theil des
Ackers mit Getreide beſtellen, ohne denſelben zu erſchoͤpfen.

Sehen wir nun bloß auf die Feldeintheilung der
Wirthſchaften, ſo werden wir die die Branntweinbrenne-
rei betreibende Abtheilung und im Grunde auch den gan-
zen Viehzucht treibenden Kreis — wo aber der Ackerbau
nur einen kleinen Theil des Feldes einnimmt — zum
Kreiſe der Dreifelderwirthſchaft rechnen muͤſſen. Sehen
wir dagegen auf die Hauptprodukte, die die Wirthſchaft
liefert — und ich ziehe dieſen Theilungsgrund aus meh-

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[217/0231] viel koſten muß, als wofuͤr dieſe Gegend den Brannt- wein liefern kann. Wenn durch den Gewerbszwang die Branntwein- brennerei nur in den Staͤdten betrieben werden darf, ſo bewirkt dies eine Verminderung des Nationaleinkommens, indem eine große Menge Kraͤfte zum Transport des Korns und des Brennmaterials ohne allen Nutzen verſchwendet werden. Da nun aber die groͤßte Wohlfeilheit des Brannt- weins aus andern Ruͤckſichten nicht wuͤnſchenswerth iſt, ſo kann der Staat die Fabrikation deſſelben mit einer ſtarken Abgabe belegen, wodurch derſelbe den Preis wieder erhaͤlt, wofuͤr der Staͤdter ihn ſonſt geliefert hat; und dieſe Vertheurung des Branntweins wird fuͤr den Staat wohlthaͤtiger wirken, als jene durch unnuͤtze Verwendung von Kraͤften — die nun auf andre nuͤtzliche Beſchaͤftigun- gen gerichtet, produktiv verwandt werden koͤnnen — her- vorgebrachte Theurung. Die Abtheilung des Kreiſes der Viehzucht, in welcher die Branntweinfabrikation ſtatt findet, wird Dreifelder- wirthſchaft treiben, weil durch dieſe das zum Branntwein- brennen erforderliche Korn am wohlfeilſten erzeugt wird. Die Wirthſchaft, in welcher Branntweinbrennerei mit Viehmaſtung verbunden iſt, gibt einen viel groͤßern Dung- gewinn, als die auf Kornverkauf gerichtete Dreifelder- wirthſchaft; erſtere kann alſo auch einen groͤßern Theil des Ackers mit Getreide beſtellen, ohne denſelben zu erſchoͤpfen. Sehen wir nun bloß auf die Feldeintheilung der Wirthſchaften, ſo werden wir die die Branntweinbrenne- rei betreibende Abtheilung und im Grunde auch den gan- zen Viehzucht treibenden Kreis — wo aber der Ackerbau nur einen kleinen Theil des Feldes einnimmt — zum Kreiſe der Dreifelderwirthſchaft rechnen muͤſſen. Sehen wir dagegen auf die Hauptprodukte, die die Wirthſchaft liefert — und ich ziehe dieſen Theilungsgrund aus meh-

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/231>, abgerufen am 25.04.2024.