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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Gewerbesteuer von 10 Thlr. bezahlen muß, so legt er
diese 10 Thlr. zwar aus, aber um bestehen zu können,
muß er den Preis seiner Waaren so weit erhöhen, daß
er die gemachte Auslage wieder ersetzt erhält. Diesen An-
sichten zu Folge wäre es also viel zweckmäßiger die Ab-
gabe direkt auf den Landbau zu legen, als sie durch
einen weiten Umweg von demselben zu erheben.

Wir haben nun aber gesehen, daß die auf den
Landwirth gelegte Abgabe nicht von ihm selbst, sondern
von dem Konsumenten des Korns bezahlt wird -- wenn
die Konsumtion dieselbe bleibt.

Während nun diese beiden Klassen von Staatsbür-
gern die ihnen aufgelegte Abgabe von sich auf andere
wälzen, können dagegen die von Besoldungen lebenden
Staatsdiener den Preis ihrer Arbeit nicht eigenmächtig
erhöhen, und diese müssen nun nicht bloß die ihnen
selbst aufgelegte Abgabe, sondern auch den erhöhten Preis
aller Lebensbedürfnisse bezahlen. Unter diesen Umständen
werden sich aber keine Konkurrenten zu den Staatsäm-
tern mehr finden, und der Staat wird gezwungen wer-
den, die Besoldungen seiner Beamten so weit zu erhö-
hen, daß die Abgabe selbst und die erhöhten Preise aller
Bedürfnisse dadurch vergütigt werden.

Es scheint demnach, daß, mit Ausnahme der von
ihren Zinsen lebenden Kapitalisten, jeder andere Stand
für die Abgabe entschädigt wird, und daß der Staat
die Abgaben bis aufs äußerste erhöhen könne, ohne daß
dadurch das Wohl des Ganzen gefährdet würde, indem
von allen seinen thätigen Bürgern kein einziger da-
durch bedrückt wird, weil jeder die Abgabe nur vor-
schießt, nicht selbst bezahlt.



Gewerbeſteuer von 10 Thlr. bezahlen muß, ſo legt er
dieſe 10 Thlr. zwar aus, aber um beſtehen zu koͤnnen,
muß er den Preis ſeiner Waaren ſo weit erhoͤhen, daß
er die gemachte Auslage wieder erſetzt erhaͤlt. Dieſen An-
ſichten zu Folge waͤre es alſo viel zweckmaͤßiger die Ab-
gabe direkt auf den Landbau zu legen, als ſie durch
einen weiten Umweg von demſelben zu erheben.

Wir haben nun aber geſehen, daß die auf den
Landwirth gelegte Abgabe nicht von ihm ſelbſt, ſondern
von dem Konſumenten des Korns bezahlt wird — wenn
die Konſumtion dieſelbe bleibt.

Waͤhrend nun dieſe beiden Klaſſen von Staatsbuͤr-
gern die ihnen aufgelegte Abgabe von ſich auf andere
waͤlzen, koͤnnen dagegen die von Beſoldungen lebenden
Staatsdiener den Preis ihrer Arbeit nicht eigenmaͤchtig
erhoͤhen, und dieſe muͤſſen nun nicht bloß die ihnen
ſelbſt aufgelegte Abgabe, ſondern auch den erhoͤhten Preis
aller Lebensbeduͤrfniſſe bezahlen. Unter dieſen Umſtaͤnden
werden ſich aber keine Konkurrenten zu den Staatsaͤm-
tern mehr finden, und der Staat wird gezwungen wer-
den, die Beſoldungen ſeiner Beamten ſo weit zu erhoͤ-
hen, daß die Abgabe ſelbſt und die erhoͤhten Preiſe aller
Beduͤrfniſſe dadurch verguͤtigt werden.

Es ſcheint demnach, daß, mit Ausnahme der von
ihren Zinſen lebenden Kapitaliſten, jeder andere Stand
fuͤr die Abgabe entſchaͤdigt wird, und daß der Staat
die Abgaben bis aufs aͤußerſte erhoͤhen koͤnne, ohne daß
dadurch das Wohl des Ganzen gefaͤhrdet wuͤrde, indem
von allen ſeinen thaͤtigen Buͤrgern kein einziger da-
durch bedruͤckt wird, weil jeder die Abgabe nur vor-
ſchießt, nicht ſelbſt bezahlt.



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[264/0278] Gewerbeſteuer von 10 Thlr. bezahlen muß, ſo legt er dieſe 10 Thlr. zwar aus, aber um beſtehen zu koͤnnen, muß er den Preis ſeiner Waaren ſo weit erhoͤhen, daß er die gemachte Auslage wieder erſetzt erhaͤlt. Dieſen An- ſichten zu Folge waͤre es alſo viel zweckmaͤßiger die Ab- gabe direkt auf den Landbau zu legen, als ſie durch einen weiten Umweg von demſelben zu erheben. Wir haben nun aber geſehen, daß die auf den Landwirth gelegte Abgabe nicht von ihm ſelbſt, ſondern von dem Konſumenten des Korns bezahlt wird — wenn die Konſumtion dieſelbe bleibt. Waͤhrend nun dieſe beiden Klaſſen von Staatsbuͤr- gern die ihnen aufgelegte Abgabe von ſich auf andere waͤlzen, koͤnnen dagegen die von Beſoldungen lebenden Staatsdiener den Preis ihrer Arbeit nicht eigenmaͤchtig erhoͤhen, und dieſe muͤſſen nun nicht bloß die ihnen ſelbſt aufgelegte Abgabe, ſondern auch den erhoͤhten Preis aller Lebensbeduͤrfniſſe bezahlen. Unter dieſen Umſtaͤnden werden ſich aber keine Konkurrenten zu den Staatsaͤm- tern mehr finden, und der Staat wird gezwungen wer- den, die Beſoldungen ſeiner Beamten ſo weit zu erhoͤ- hen, daß die Abgabe ſelbſt und die erhoͤhten Preiſe aller Beduͤrfniſſe dadurch verguͤtigt werden. Es ſcheint demnach, daß, mit Ausnahme der von ihren Zinſen lebenden Kapitaliſten, jeder andere Stand fuͤr die Abgabe entſchaͤdigt wird, und daß der Staat die Abgaben bis aufs aͤußerſte erhoͤhen koͤnne, ohne daß dadurch das Wohl des Ganzen gefaͤhrdet wuͤrde, indem von allen ſeinen thaͤtigen Buͤrgern kein einziger da- durch bedruͤckt wird, weil jeder die Abgabe nur vor- ſchießt, nicht ſelbſt bezahlt.

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/278>, abgerufen am 28.03.2024.