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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Vierte Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
Wind der Sommer an Anmuth; die Hitze wird aber
auch dadurch erträglicher, als sie sonst seyn würde. Ehe
der Süd-Ost-Wind sich erhebt, pflegt man den Nebel
oben auf den Bergen sich setzen zu sehen, und besonders
sieht alsdann der mit einer Menge heller Wolken be-
deckte Tafelberg aus, als wenn er in eine Perücke ge-
hüllt wäre. Wenn der Wind zunimmt, so stürzen diese
Nebelwolken vor dem Berge nieder, ohne jedoch Regen
zu geben. Inzwischen wehet der Wind auch bisweilen,
wiewohl selten, ohne daß dergleichen Wolken auf dem
Berge liegen; und eben so hält der Wind, auch wenn
alle Wolken vor dem Berge zerstreuet sind, manchmahl
bey klarem und schönem Wetter noch wohl an. Er hält
sich gemeiniglich unten an der Erde, und ist ein niedri-
ger Wind. Zu Zeiten sieht man den Nord-West-
Wind die höheren Wolken denjenigen, welche der Süd-
Ost-Wind treibt, entgegenjagen, und die Vögel kön-
nen zwischen den Wolken, die von diesen beyden Win-
den eine Strecke fortgetrieben werden, ganz ruhig flie-
gen. Im Winter herrschen der Nord-West-Wind
und der Süd-West-Wind. Beyde werden von Re-
gen begleitet, und sind den auf der Rhede liegenden
Schiffen gefährlich. Im April ändern die Winde sich;
der Süd-Ost-Wind hört nach und nach auf, und der
Nord-West-Wind tritt ein. Der April und May,
so wie auch der August und September sind daher gleich-
sam die Stillstands-Monathe, die schönsten im ganzen
Jahre, und die, da es nicht regnet.

Je weiter man vom Cap über die Gebirge ins Land
hinein reiset, und je höher das Land wird, desto kälter
findet man das Klima. Im Winter fällt da Schnee,
noch öfter aber Hagel, einer Viertelelle hoch und noch
höher; er bleibt manchmahl mehrere Tage, und oben

Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
Wind der Sommer an Anmuth; die Hitze wird aber
auch dadurch ertraͤglicher, als ſie ſonſt ſeyn wuͤrde. Ehe
der Suͤd-Oſt-Wind ſich erhebt, pflegt man den Nebel
oben auf den Bergen ſich ſetzen zu ſehen, und beſonders
ſieht alsdann der mit einer Menge heller Wolken be-
deckte Tafelberg aus, als wenn er in eine Peruͤcke ge-
huͤllt waͤre. Wenn der Wind zunimmt, ſo ſtuͤrzen dieſe
Nebelwolken vor dem Berge nieder, ohne jedoch Regen
zu geben. Inzwiſchen wehet der Wind auch bisweilen,
wiewohl ſelten, ohne daß dergleichen Wolken auf dem
Berge liegen; und eben ſo haͤlt der Wind, auch wenn
alle Wolken vor dem Berge zerſtreuet ſind, manchmahl
bey klarem und ſchoͤnem Wetter noch wohl an. Er haͤlt
ſich gemeiniglich unten an der Erde, und iſt ein niedri-
ger Wind. Zu Zeiten ſieht man den Nord-Weſt-
Wind die hoͤheren Wolken denjenigen, welche der Suͤd-
Oſt-Wind treibt, entgegenjagen, und die Voͤgel koͤn-
nen zwiſchen den Wolken, die von dieſen beyden Win-
den eine Strecke fortgetrieben werden, ganz ruhig flie-
gen. Im Winter herrſchen der Nord-Weſt-Wind
und der Suͤd-Weſt-Wind. Beyde werden von Re-
gen begleitet, und ſind den auf der Rhede liegenden
Schiffen gefaͤhrlich. Im April aͤndern die Winde ſich;
der Suͤd-Oſt-Wind hoͤrt nach und nach auf, und der
Nord-Weſt-Wind tritt ein. Der April und May,
ſo wie auch der Auguſt und September ſind daher gleich-
ſam die Stillſtands-Monathe, die ſchoͤnſten im ganzen
Jahre, und die, da es nicht regnet.

Je weiter man vom Cap uͤber die Gebirge ins Land
hinein reiſet, und je hoͤher das Land wird, deſto kaͤlter
findet man das Klima. Im Winter faͤllt da Schnee,
noch oͤfter aber Hagel, einer Viertelelle hoch und noch
hoͤher; er bleibt manchmahl mehrere Tage, und oben

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[218/0246] Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Wind der Sommer an Anmuth; die Hitze wird aber auch dadurch ertraͤglicher, als ſie ſonſt ſeyn wuͤrde. Ehe der Suͤd-Oſt-Wind ſich erhebt, pflegt man den Nebel oben auf den Bergen ſich ſetzen zu ſehen, und beſonders ſieht alsdann der mit einer Menge heller Wolken be- deckte Tafelberg aus, als wenn er in eine Peruͤcke ge- huͤllt waͤre. Wenn der Wind zunimmt, ſo ſtuͤrzen dieſe Nebelwolken vor dem Berge nieder, ohne jedoch Regen zu geben. Inzwiſchen wehet der Wind auch bisweilen, wiewohl ſelten, ohne daß dergleichen Wolken auf dem Berge liegen; und eben ſo haͤlt der Wind, auch wenn alle Wolken vor dem Berge zerſtreuet ſind, manchmahl bey klarem und ſchoͤnem Wetter noch wohl an. Er haͤlt ſich gemeiniglich unten an der Erde, und iſt ein niedri- ger Wind. Zu Zeiten ſieht man den Nord-Weſt- Wind die hoͤheren Wolken denjenigen, welche der Suͤd- Oſt-Wind treibt, entgegenjagen, und die Voͤgel koͤn- nen zwiſchen den Wolken, die von dieſen beyden Win- den eine Strecke fortgetrieben werden, ganz ruhig flie- gen. Im Winter herrſchen der Nord-Weſt-Wind und der Suͤd-Weſt-Wind. Beyde werden von Re- gen begleitet, und ſind den auf der Rhede liegenden Schiffen gefaͤhrlich. Im April aͤndern die Winde ſich; der Suͤd-Oſt-Wind hoͤrt nach und nach auf, und der Nord-Weſt-Wind tritt ein. Der April und May, ſo wie auch der Auguſt und September ſind daher gleich- ſam die Stillſtands-Monathe, die ſchoͤnſten im ganzen Jahre, und die, da es nicht regnet. Je weiter man vom Cap uͤber die Gebirge ins Land hinein reiſet, und je hoͤher das Land wird, deſto kaͤlter findet man das Klima. Im Winter faͤllt da Schnee, noch oͤfter aber Hagel, einer Viertelelle hoch und noch hoͤher; er bleibt manchmahl mehrere Tage, und oben

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/246>, abgerufen am 25.04.2024.