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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Erste Abtheilung. Sechster Abschnitt.
hatte er ihnen den Nutzen vorgestellt, den ich, als ein
Liebhaber ausländischer und seltner Bäume und Sträuche
ihnen würde leisten können, wenn ich auf ihre Kosten
Gelegenheit haben könnte, nach einem oder andern
Theile des nördlichen Asiens zu reisen. Besonders hatte
er Japan dazu in Vorschlag gebracht, weil man aus die-
sem Lande noch gar keine Gewächse in Europa habe, un-
geachtet es wahrscheinlich sey, daß sie auf offnen und
freyen Plätzen eben so gut müßten fortkommen können,
als die, welche man in spätern Zeiten in großer Anzahl
aus dem nördlichen Amerika herübergebracht habe. Diese
Herren, welche, sobald es auf ihre Obst- oder Lustgär-
ten ankam, schlechterdings keine Kosten sparten, ließen
sich hiedurch reitzen, und beschlossen, mich auf einer
Reise nach Japan, mit dem nöthigen Gelde sowohl, als
mit Empfehlungen zu unterstützen. Und da keine andre
Nation, als die Holländer, nach Japan kommen darf,
war es nothwendig, daß ich die Holländische Sprache
nicht nur mußte gut verstehen, sondern auch sprechen
können. Zur Erreichung dieser Absicht drang ich dar-
auf, daß ich mich vorher ein Paar Jahre auf dem
Vorgebirge der guten Hoffnung aufhalten, und im
Dienste der Holländischen Compagnie angestellet werden
möchte.

Die Compagnie rüstet ihre vielen Schiffe nach Ost-
indien jährlich zu drey verschiednen Zeiten aus. Die
erste Flotte ist im September fertig, und heißt die Kir-
meß-Flotte (Kermis-Schepen); die zweyte, welche
nicht so zahlreich ist, liegt um Weihnachten zum Abse-
geln bereit, und heißt die Weihnachts-Flotte (Kers-
Schepen
); die dritte nennen sie die Oster-Flotte
(Paasche-Schepen), und diese wird gegen Ostern in
Stand gesetzt, und ist die kleinste. Die erste Flotte

Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
hatte er ihnen den Nutzen vorgeſtellt, den ich, als ein
Liebhaber auslaͤndiſcher und ſeltner Baͤume und Straͤuche
ihnen wuͤrde leiſten koͤnnen, wenn ich auf ihre Koſten
Gelegenheit haben koͤnnte, nach einem oder andern
Theile des noͤrdlichen Aſiens zu reiſen. Beſonders hatte
er Japan dazu in Vorſchlag gebracht, weil man aus die-
ſem Lande noch gar keine Gewaͤchſe in Europa habe, un-
geachtet es wahrſcheinlich ſey, daß ſie auf offnen und
freyen Plaͤtzen eben ſo gut muͤßten fortkommen koͤnnen,
als die, welche man in ſpaͤtern Zeiten in großer Anzahl
aus dem noͤrdlichen Amerika heruͤbergebracht habe. Dieſe
Herren, welche, ſobald es auf ihre Obſt- oder Luſtgaͤr-
ten ankam, ſchlechterdings keine Koſten ſparten, ließen
ſich hiedurch reitzen, und beſchloſſen, mich auf einer
Reiſe nach Japan, mit dem noͤthigen Gelde ſowohl, als
mit Empfehlungen zu unterſtuͤtzen. Und da keine andre
Nation, als die Hollaͤnder, nach Japan kommen darf,
war es nothwendig, daß ich die Hollaͤndiſche Sprache
nicht nur mußte gut verſtehen, ſondern auch ſprechen
koͤnnen. Zur Erreichung dieſer Abſicht drang ich dar-
auf, daß ich mich vorher ein Paar Jahre auf dem
Vorgebirge der guten Hoffnung aufhalten, und im
Dienſte der Hollaͤndiſchen Compagnie angeſtellet werden
moͤchte.

Die Compagnie ruͤſtet ihre vielen Schiffe nach Oſt-
indien jaͤhrlich zu drey verſchiednen Zeiten aus. Die
erſte Flotte iſt im September fertig, und heißt die Kir-
meß-Flotte (Kermis-Schepen); die zweyte, welche
nicht ſo zahlreich iſt, liegt um Weihnachten zum Abſe-
geln bereit, und heißt die Weihnachts-Flotte (Kers-
Schepen
); die dritte nennen ſie die Oſter-Flotte
(Paaſche-Schepen), und dieſe wird gegen Oſtern in
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[66/0094] Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. hatte er ihnen den Nutzen vorgeſtellt, den ich, als ein Liebhaber auslaͤndiſcher und ſeltner Baͤume und Straͤuche ihnen wuͤrde leiſten koͤnnen, wenn ich auf ihre Koſten Gelegenheit haben koͤnnte, nach einem oder andern Theile des noͤrdlichen Aſiens zu reiſen. Beſonders hatte er Japan dazu in Vorſchlag gebracht, weil man aus die- ſem Lande noch gar keine Gewaͤchſe in Europa habe, un- geachtet es wahrſcheinlich ſey, daß ſie auf offnen und freyen Plaͤtzen eben ſo gut muͤßten fortkommen koͤnnen, als die, welche man in ſpaͤtern Zeiten in großer Anzahl aus dem noͤrdlichen Amerika heruͤbergebracht habe. Dieſe Herren, welche, ſobald es auf ihre Obſt- oder Luſtgaͤr- ten ankam, ſchlechterdings keine Koſten ſparten, ließen ſich hiedurch reitzen, und beſchloſſen, mich auf einer Reiſe nach Japan, mit dem noͤthigen Gelde ſowohl, als mit Empfehlungen zu unterſtuͤtzen. Und da keine andre Nation, als die Hollaͤnder, nach Japan kommen darf, war es nothwendig, daß ich die Hollaͤndiſche Sprache nicht nur mußte gut verſtehen, ſondern auch ſprechen koͤnnen. Zur Erreichung dieſer Abſicht drang ich dar- auf, daß ich mich vorher ein Paar Jahre auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung aufhalten, und im Dienſte der Hollaͤndiſchen Compagnie angeſtellet werden moͤchte. Die Compagnie ruͤſtet ihre vielen Schiffe nach Oſt- indien jaͤhrlich zu drey verſchiednen Zeiten aus. Die erſte Flotte iſt im September fertig, und heißt die Kir- meß-Flotte (Kermis-Schepen); die zweyte, welche nicht ſo zahlreich iſt, liegt um Weihnachten zum Abſe- geln bereit, und heißt die Weihnachts-Flotte (Kers- Schepen); die dritte nennen ſie die Oſter-Flotte (Paaſche-Schepen), und dieſe wird gegen Oſtern in Stand geſetzt, und iſt die kleinſte. Die erſte Flotte

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/94>, abgerufen am 29.03.2024.