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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sehr vornehmer Mann sein konnte, einen hohen Preis für das Bildchen bot; er wollte bei der Rückkehr wieder zusprechen und bat sich vom Kunsthändler aus, daß dieser das Gemälde wenigstens vier Wochen nicht aus den Händen geben sollte. -- Und wer war dieser vornehme Herr? der weggejagte Kammerdiener des Grafen Alten aus Wien. So ist es klar, daß das Spiel, von wem es auch herrühre, auf Sie, Herr Walther, und Ihren Freund Erich abgekartet war.

Eduard hatte indessen mit zitternden Händen sein Bild schon wieder eingewickelt: er knirschte mit den Zähnen, stampfte mit dem Fuße und schrie: der Teufel soll mir diesen Streich bezahlen! So stürzte er zur Thüre hinaus und bemerkte nicht, daß das Mädchen wieder von oben in den Saal herabschaute, die durch das Geschrei der Streiter herbeigezogen worden war.

Mein werther Herr, so wandte sich jetzt der Alte zu dem Unbekannten, Sie haben mir weh gethan; Sie sind zu rasch mit dem jungen Manne verfahren; er ist leichtsinnig und ausschweifend, aber ich habe bis jetzt noch keinen schlechten Streich von ihm gehört.

Einer muß immer der erste sein, sagte der Fremde mit kalter Bitterkeit; er hat wenigstens heute Lehrgeld gegeben und kehrt entweder um, oder lernt so viel, daß man seine Sachen klüger anfangen und auf keinen Fall die Fassung verlieren muß.

Er ist gewiß selbst hintergangen, sagte der alte Walther, oder er hat wirklich das Bild, wie er sagt,

sehr vornehmer Mann sein konnte, einen hohen Preis für das Bildchen bot; er wollte bei der Rückkehr wieder zusprechen und bat sich vom Kunsthändler aus, daß dieser das Gemälde wenigstens vier Wochen nicht aus den Händen geben sollte. — Und wer war dieser vornehme Herr? der weggejagte Kammerdiener des Grafen Alten aus Wien. So ist es klar, daß das Spiel, von wem es auch herrühre, auf Sie, Herr Walther, und Ihren Freund Erich abgekartet war.

Eduard hatte indessen mit zitternden Händen sein Bild schon wieder eingewickelt: er knirschte mit den Zähnen, stampfte mit dem Fuße und schrie: der Teufel soll mir diesen Streich bezahlen! So stürzte er zur Thüre hinaus und bemerkte nicht, daß das Mädchen wieder von oben in den Saal herabschaute, die durch das Geschrei der Streiter herbeigezogen worden war.

Mein werther Herr, so wandte sich jetzt der Alte zu dem Unbekannten, Sie haben mir weh gethan; Sie sind zu rasch mit dem jungen Manne verfahren; er ist leichtsinnig und ausschweifend, aber ich habe bis jetzt noch keinen schlechten Streich von ihm gehört.

Einer muß immer der erste sein, sagte der Fremde mit kalter Bitterkeit; er hat wenigstens heute Lehrgeld gegeben und kehrt entweder um, oder lernt so viel, daß man seine Sachen klüger anfangen und auf keinen Fall die Fassung verlieren muß.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/20>, abgerufen am 19.04.2024.