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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ich das erlebe. Ich habe ja immer an dir ermahnt und dir vorgepredigt; ich habe dich auch an Beschäftigung zu gewöhnen gesucht, ich habe dir das Restauriren lehren wollen, Firnisse bereiten, Farben reiben, in Summa, ich habe es an Nichts bei dir fehlen lassen.

Hund von Kerl! rief Eduard, dein Junge, dein Farbenreiber sollt' ich werden? Aber freilich, ich bin ja heute noch tiefer gesunken, da ich mich zum Spitzbuben eines Spitzbuben habe gebrauchen lassen.

Was das Kind für ehrenrührige Ausdrücke braucht sagte der Maler und schmunzelte in sein Glas hinein; wenn ich mir so was zu Herzen nähme, so hätten wir die Schlägerei oder bittre Feindschaft hier zur Stelle. Er meint es aber gut in seinem Eifer; der Junge hat was Nobles in seinem ganzen Wesen, allein zum Bilderhändler taugt er freilich nicht.

Eduard legte sich mit dem Kopf auf den Tisch, und der Maler wischte schnell einen Weinfleck ab, damit der Jüngling nicht mit dem Aermel hineinfahre. Der gute liebe Salvator, sagte er dann bedächtig, soll auch nicht das beste Leben geführt haben; sie geben ihm gar Schuld, er sei Bandit gewesen. Als Rembrandt sich bei lebendigem Leibe für todt ausgab, um den Preis seiner Werke zu erhöhen, war er auch nicht ganz der Wahrheit treu geblieben, ob er gleich wirklich einige Jahre später starb und sich also nur in der Jahreszahl etwas verrechnet hatte. So, wenn ich nun solch Bildchen in aller Liebe und Demuth male, mich in den alten

ich das erlebe. Ich habe ja immer an dir ermahnt und dir vorgepredigt; ich habe dich auch an Beschäftigung zu gewöhnen gesucht, ich habe dir das Restauriren lehren wollen, Firnisse bereiten, Farben reiben, in Summa, ich habe es an Nichts bei dir fehlen lassen.

Hund von Kerl! rief Eduard, dein Junge, dein Farbenreiber sollt' ich werden? Aber freilich, ich bin ja heute noch tiefer gesunken, da ich mich zum Spitzbuben eines Spitzbuben habe gebrauchen lassen.

Was das Kind für ehrenrührige Ausdrücke braucht sagte der Maler und schmunzelte in sein Glas hinein; wenn ich mir so was zu Herzen nähme, so hätten wir die Schlägerei oder bittre Feindschaft hier zur Stelle. Er meint es aber gut in seinem Eifer; der Junge hat was Nobles in seinem ganzen Wesen, allein zum Bilderhändler taugt er freilich nicht.

Eduard legte sich mit dem Kopf auf den Tisch, und der Maler wischte schnell einen Weinfleck ab, damit der Jüngling nicht mit dem Aermel hineinfahre. Der gute liebe Salvator, sagte er dann bedächtig, soll auch nicht das beste Leben geführt haben; sie geben ihm gar Schuld, er sei Bandit gewesen. Als Rembrandt sich bei lebendigem Leibe für todt ausgab, um den Preis seiner Werke zu erhöhen, war er auch nicht ganz der Wahrheit treu geblieben, ob er gleich wirklich einige Jahre später starb und sich also nur in der Jahreszahl etwas verrechnet hatte. So, wenn ich nun solch Bildchen in aller Liebe und Demuth male, mich in den alten

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/24>, abgerufen am 23.04.2024.