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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Herzens ein geschniegelter Van der Werst mehr Freude machen würde. Meinen großen Julio Romano muß ich nun wohl in eigner Person verkaufen, da du zu dergleichen weder Gaben noch Glück hast.

Diese armseligen Sophistereien, sagte Eduard, können auf mich nicht mehr wirken; diese Zeit ist vorüber, und du magst dich nur in Acht nehmen, daß sie dich nicht ertappen; denn mit Laien mag es dir wohl gelingen, aber nicht mit Kennern, wie der alte Walther einer ist.

Laß gut sein, mein Kindchen, sagte der alte Maler, die Kenner sind gerade am besten zu betrügen, und mit einem Unerfahrnen möcht' ich gar nicht einmal anfangen. O dieser gute, alte, liebe Walther, dies feine Männchen! Hast du nicht den schönen Höllenbreughel gesehen, der am dritten Pfeiler zwischen der Skizze von Rubens und dem Portrait von Van Dyk hängt? Der ist von mir. Ich kam zu dem Männchen mit dem Gemälde: Wollen Sie nicht etwas Schönes kaufen? "Was! rief er; solche Fratzen, Tollheiten? Das ist nicht meine Sache; zeigen Sie doch. Nun, ich nehme sonst dergleichen Unsinn bei mir nicht auf, indessen weil in diesem Bilde doch etwas mehr Anmuth und Zeichnung ist, als man sonst bei diesen Phantasieen trifft, so will ich mit ihm einmal eine Ausnahme machen." In. Summa, er hat's behalten, und zeigt's den Leuten, um seinen vielseitigen Geschmack zu beurkunden.

Eduard sagte: aber willst du denn nicht auch

Herzens ein geschniegelter Van der Werst mehr Freude machen würde. Meinen großen Julio Romano muß ich nun wohl in eigner Person verkaufen, da du zu dergleichen weder Gaben noch Glück hast.

Diese armseligen Sophistereien, sagte Eduard, können auf mich nicht mehr wirken; diese Zeit ist vorüber, und du magst dich nur in Acht nehmen, daß sie dich nicht ertappen; denn mit Laien mag es dir wohl gelingen, aber nicht mit Kennern, wie der alte Walther einer ist.

Laß gut sein, mein Kindchen, sagte der alte Maler, die Kenner sind gerade am besten zu betrügen, und mit einem Unerfahrnen möcht' ich gar nicht einmal anfangen. O dieser gute, alte, liebe Walther, dies feine Männchen! Hast du nicht den schönen Höllenbreughel gesehen, der am dritten Pfeiler zwischen der Skizze von Rubens und dem Portrait von Van Dyk hängt? Der ist von mir. Ich kam zu dem Männchen mit dem Gemälde: Wollen Sie nicht etwas Schönes kaufen? „Was! rief er; solche Fratzen, Tollheiten? Das ist nicht meine Sache; zeigen Sie doch. Nun, ich nehme sonst dergleichen Unsinn bei mir nicht auf, indessen weil in diesem Bilde doch etwas mehr Anmuth und Zeichnung ist, als man sonst bei diesen Phantasieen trifft, so will ich mit ihm einmal eine Ausnahme machen.“ In. Summa, er hat's behalten, und zeigt's den Leuten, um seinen vielseitigen Geschmack zu beurkunden.

Eduard sagte: aber willst du denn nicht auch

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[0027] Herzens ein geschniegelter Van der Werst mehr Freude machen würde. Meinen großen Julio Romano muß ich nun wohl in eigner Person verkaufen, da du zu dergleichen weder Gaben noch Glück hast. Diese armseligen Sophistereien, sagte Eduard, können auf mich nicht mehr wirken; diese Zeit ist vorüber, und du magst dich nur in Acht nehmen, daß sie dich nicht ertappen; denn mit Laien mag es dir wohl gelingen, aber nicht mit Kennern, wie der alte Walther einer ist. Laß gut sein, mein Kindchen, sagte der alte Maler, die Kenner sind gerade am besten zu betrügen, und mit einem Unerfahrnen möcht' ich gar nicht einmal anfangen. O dieser gute, alte, liebe Walther, dies feine Männchen! Hast du nicht den schönen Höllenbreughel gesehen, der am dritten Pfeiler zwischen der Skizze von Rubens und dem Portrait von Van Dyk hängt? Der ist von mir. Ich kam zu dem Männchen mit dem Gemälde: Wollen Sie nicht etwas Schönes kaufen? „Was! rief er; solche Fratzen, Tollheiten? Das ist nicht meine Sache; zeigen Sie doch. Nun, ich nehme sonst dergleichen Unsinn bei mir nicht auf, indessen weil in diesem Bilde doch etwas mehr Anmuth und Zeichnung ist, als man sonst bei diesen Phantasieen trifft, so will ich mit ihm einmal eine Ausnahme machen.“ In. Summa, er hat's behalten, und zeigt's den Leuten, um seinen vielseitigen Geschmack zu beurkunden. Eduard sagte: aber willst du denn nicht auch

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/27>, abgerufen am 24.04.2024.