Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
3.
Willy an seinen Bruder Thomas.


Da ich Dir nun einmahl schreibe, so weiß ich
doch wahrhaftig nicht, wo ich anfangen soll, so
voll ist mir der Kopf von merkwürdigen Schrei-
bereien und ich möchte die Feder in beide Hän-
de nehmen, um Dich nur recht viel erfahren zu
lassen, -- aber besonders viel würde es nicht
helfen. -- Daß der Herr William ein guter
Mann ist, das wirst Du Dir wohl schon mit
Deinem bißchen Verstande zusammenreimen kön-
nen, aber daß er so gut mit mir umgeht, wie
ein Vater mit seinem Kinde, das die Pocken
hat, das wirst du vielleicht nimmermehr glauben
wollen; aber da kann ich Dir nun nicht helfen,
denn es ist wahr, und der Wahrheit muß man
die Ehre geben.

Hast Du wohl schon ein ordentliches Pup-
penspiel mit lebendigen Personen gesehn? Sol-
che sind hier viele und man hat besondre Häu-
ser dazu für die Leute gebaut, die es auch mit
ansehn wollen. Man sollte nicht glauben, daß

3.
Willy an ſeinen Bruder Thomas.


Da ich Dir nun einmahl ſchreibe, ſo weiß ich
doch wahrhaftig nicht, wo ich anfangen ſoll, ſo
voll iſt mir der Kopf von merkwuͤrdigen Schrei-
bereien und ich moͤchte die Feder in beide Haͤn-
de nehmen, um Dich nur recht viel erfahren zu
laſſen, — aber beſonders viel wuͤrde es nicht
helfen. — Daß der Herr William ein guter
Mann iſt, das wirſt Du Dir wohl ſchon mit
Deinem bißchen Verſtande zuſammenreimen koͤn-
nen, aber daß er ſo gut mit mir umgeht, wie
ein Vater mit ſeinem Kinde, das die Pocken
hat, das wirſt du vielleicht nimmermehr glauben
wollen; aber da kann ich Dir nun nicht helfen,
denn es iſt wahr, und der Wahrheit muß man
die Ehre geben.

Haſt Du wohl ſchon ein ordentliches Pup-
penſpiel mit lebendigen Perſonen geſehn? Sol-
che ſind hier viele und man hat beſondre Haͤu-
ſer dazu fuͤr die Leute gebaut, die es auch mit
anſehn wollen. Man ſollte nicht glauben, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0100" n="92[90]"/>
        <div n="2">
          <head>3.<lb/>
Willy an &#x017F;einen Bruder Thomas.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Paris.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>a ich Dir nun einmahl &#x017F;chreibe, &#x017F;o weiß ich<lb/>
doch wahrhaftig nicht, wo ich anfangen &#x017F;oll, &#x017F;o<lb/>
voll i&#x017F;t mir der Kopf von merkwu&#x0364;rdigen Schrei-<lb/>
bereien und ich mo&#x0364;chte die Feder in beide Ha&#x0364;n-<lb/>
de nehmen, um Dich nur recht viel erfahren zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, &#x2014; aber be&#x017F;onders viel wu&#x0364;rde es nicht<lb/>
helfen. &#x2014; Daß der Herr <hi rendition="#g">William</hi> ein guter<lb/>
Mann i&#x017F;t, das wir&#x017F;t Du Dir wohl &#x017F;chon mit<lb/>
Deinem bißchen Ver&#x017F;tande zu&#x017F;ammenreimen ko&#x0364;n-<lb/>
nen, aber daß er &#x017F;o gut mit mir umgeht, wie<lb/>
ein Vater mit &#x017F;einem Kinde, das die Pocken<lb/>
hat, das wir&#x017F;t du vielleicht nimmermehr glauben<lb/>
wollen; aber da kann ich Dir nun nicht helfen,<lb/>
denn es i&#x017F;t wahr, und der Wahrheit muß man<lb/>
die Ehre geben.</p><lb/>
          <p>Ha&#x017F;t Du wohl &#x017F;chon ein ordentliches Pup-<lb/>
pen&#x017F;piel mit lebendigen Per&#x017F;onen ge&#x017F;ehn? Sol-<lb/>
che &#x017F;ind hier viele und man hat be&#x017F;ondre Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;er dazu fu&#x0364;r die Leute gebaut, die es auch mit<lb/>
an&#x017F;ehn wollen. Man &#x017F;ollte nicht glauben, daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92[90]/0100] 3. Willy an ſeinen Bruder Thomas. Paris. Da ich Dir nun einmahl ſchreibe, ſo weiß ich doch wahrhaftig nicht, wo ich anfangen ſoll, ſo voll iſt mir der Kopf von merkwuͤrdigen Schrei- bereien und ich moͤchte die Feder in beide Haͤn- de nehmen, um Dich nur recht viel erfahren zu laſſen, — aber beſonders viel wuͤrde es nicht helfen. — Daß der Herr William ein guter Mann iſt, das wirſt Du Dir wohl ſchon mit Deinem bißchen Verſtande zuſammenreimen koͤn- nen, aber daß er ſo gut mit mir umgeht, wie ein Vater mit ſeinem Kinde, das die Pocken hat, das wirſt du vielleicht nimmermehr glauben wollen; aber da kann ich Dir nun nicht helfen, denn es iſt wahr, und der Wahrheit muß man die Ehre geben. Haſt Du wohl ſchon ein ordentliches Pup- penſpiel mit lebendigen Perſonen geſehn? Sol- che ſind hier viele und man hat beſondre Haͤu- ſer dazu fuͤr die Leute gebaut, die es auch mit anſehn wollen. Man ſollte nicht glauben, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/100
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 92[90]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/100>, abgerufen am 28.03.2024.