Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
17.
Francesko an Adriano.

Danken Sie doch Gott, daß Sie durchgefal-
len sind, lieber Freund; Sie wissen Ihr Glück
gar nicht zu schätzen, wenn Sie nur irgend be-
trübt darüber sind. Ich erschrecke immer, wenn
ich nur das Wort, Geschäfte, nennen höre.
Sie sind gewiß noch nie in Geschäften gewesen,
daß Sie eine Sehnsucht darnach fühlen, oder
sie irgend jemand zu Gefallen übernehmen wol-
len. Ich war sonst einmal eingespannt, und da
kann ich aus der Erfahrung sprechen. Lieber
Freund, es giebt gar nichts so Fürchterliches,
als wenn man irgend etwas zu thun bat; da
sitzt man denn in seinem Stuhle, die Geschäfte
vor einem hoch aufgepackt, und je länger man
sich besinnt, je höher werden sie: dann soll man
ausgehn und allerhand besorgen, und man bliebe
lieber zu Hause; ein andermal muß man zu
Hause bleiben, und man ginge bey dem schönen
Wetter lieber spatzieren. -- Nein, lieber Freund,

17.
Francesko an Adriano.

Danken Sie doch Gott, daß Sie durchgefal-
len ſind, lieber Freund; Sie wiſſen Ihr Gluͤck
gar nicht zu ſchaͤtzen, wenn Sie nur irgend be-
truͤbt daruͤber ſind. Ich erſchrecke immer, wenn
ich nur das Wort, Geſchaͤfte, nennen hoͤre.
Sie ſind gewiß noch nie in Geſchaͤften geweſen,
daß Sie eine Sehnſucht darnach fuͤhlen, oder
ſie irgend jemand zu Gefallen uͤbernehmen wol-
len. Ich war ſonſt einmal eingeſpannt, und da
kann ich aus der Erfahrung ſprechen. Lieber
Freund, es giebt gar nichts ſo Fuͤrchterliches,
als wenn man irgend etwas zu thun bat; da
ſitzt man denn in ſeinem Stuhle, die Geſchaͤfte
vor einem hoch aufgepackt, und je laͤnger man
ſich beſinnt, je hoͤher werden ſie: dann ſoll man
ausgehn und allerhand beſorgen, und man bliebe
lieber zu Hauſe; ein andermal muß man zu
Hauſe bleiben, und man ginge bey dem ſchoͤnen
Wetter lieber ſpatzieren. — Nein, lieber Freund,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0220" n="213"/>
        <div n="2">
          <head>17.<lb/><hi rendition="#g">Francesko</hi> an <hi rendition="#g">Adriano</hi>.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Rom</hi>.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>anken Sie doch Gott, daß Sie durchgefal-<lb/>
len &#x017F;ind, lieber Freund; Sie wi&#x017F;&#x017F;en Ihr Glu&#x0364;ck<lb/>
gar nicht zu &#x017F;cha&#x0364;tzen, wenn Sie nur irgend be-<lb/>
tru&#x0364;bt daru&#x0364;ber &#x017F;ind. Ich er&#x017F;chrecke immer, wenn<lb/>
ich nur das Wort, Ge&#x017F;cha&#x0364;fte, nennen ho&#x0364;re.<lb/>
Sie &#x017F;ind gewiß noch nie in Ge&#x017F;cha&#x0364;ften gewe&#x017F;en,<lb/>
daß Sie eine Sehn&#x017F;ucht darnach fu&#x0364;hlen, oder<lb/>
&#x017F;ie irgend jemand zu Gefallen u&#x0364;bernehmen wol-<lb/>
len. Ich war &#x017F;on&#x017F;t einmal einge&#x017F;pannt, und da<lb/>
kann ich aus der Erfahrung &#x017F;prechen. Lieber<lb/>
Freund, es giebt gar nichts &#x017F;o Fu&#x0364;rchterliches,<lb/>
als wenn man irgend etwas zu thun bat; da<lb/>
&#x017F;itzt man denn in &#x017F;einem Stuhle, die Ge&#x017F;cha&#x0364;fte<lb/>
vor einem hoch aufgepackt, und je la&#x0364;nger man<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;innt, je ho&#x0364;her werden &#x017F;ie: dann &#x017F;oll man<lb/>
ausgehn und allerhand be&#x017F;orgen, und man bliebe<lb/>
lieber zu Hau&#x017F;e; ein andermal muß man zu<lb/>
Hau&#x017F;e bleiben, und man ginge bey dem &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Wetter lieber &#x017F;patzieren. &#x2014; Nein, lieber Freund,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0220] 17. Francesko an Adriano. Rom. Danken Sie doch Gott, daß Sie durchgefal- len ſind, lieber Freund; Sie wiſſen Ihr Gluͤck gar nicht zu ſchaͤtzen, wenn Sie nur irgend be- truͤbt daruͤber ſind. Ich erſchrecke immer, wenn ich nur das Wort, Geſchaͤfte, nennen hoͤre. Sie ſind gewiß noch nie in Geſchaͤften geweſen, daß Sie eine Sehnſucht darnach fuͤhlen, oder ſie irgend jemand zu Gefallen uͤbernehmen wol- len. Ich war ſonſt einmal eingeſpannt, und da kann ich aus der Erfahrung ſprechen. Lieber Freund, es giebt gar nichts ſo Fuͤrchterliches, als wenn man irgend etwas zu thun bat; da ſitzt man denn in ſeinem Stuhle, die Geſchaͤfte vor einem hoch aufgepackt, und je laͤnger man ſich beſinnt, je hoͤher werden ſie: dann ſoll man ausgehn und allerhand beſorgen, und man bliebe lieber zu Hauſe; ein andermal muß man zu Hauſe bleiben, und man ginge bey dem ſchoͤnen Wetter lieber ſpatzieren. — Nein, lieber Freund,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/220
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/220>, abgerufen am 29.03.2024.