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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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22.
Rosa an Francesko.

Warum hören wir gar keine Neuigkeiten von
unserm launigen Francesko? Maulen Sie auch
mit mir, so wie Ihr ernsthafter Freund
Adriano? Lassen Sie ihn gehn, denn er weiß
vor lauter Philosophie nicht, was er thut. --
Haben Sie sich vielleicht an Andrea gestoßen,
so bedenken Sie auch, daß jedermann seine
Freunde zu prüfen wünscht, und daß sich Ih-
nen bey Gelegenheit alle Zweifel aufklären
werden. Es ist aber unbillig, um mich keines
härtern Ausdrucks zu bedienen, wenn man
schon im Voraus überzeugt ist; dann helfen
freilich keine Einwendungen. Warum wollen
Sie aber für eine Sache schwören, von der
Sie nicht unterrichtet sind? Sie thun eben da-
durch das Unrecht, das Sie gerne vermeiden
wollten: diese Aengstlichkeit ist bey weitem ge-
fährlicher, als eine dreiste Zuversicht. --


22.
Roſa an Francesko.

Warum hoͤren wir gar keine Neuigkeiten von
unſerm launigen Francesko? Maulen Sie auch
mit mir, ſo wie Ihr ernſthafter Freund
Adriano? Laſſen Sie ihn gehn, denn er weiß
vor lauter Philoſophie nicht, was er thut. —
Haben Sie ſich vielleicht an Andrea geſtoßen,
ſo bedenken Sie auch, daß jedermann ſeine
Freunde zu pruͤfen wuͤnſcht, und daß ſich Ih-
nen bey Gelegenheit alle Zweifel aufklaͤren
werden. Es iſt aber unbillig, um mich keines
haͤrtern Ausdrucks zu bedienen, wenn man
ſchon im Voraus uͤberzeugt iſt; dann helfen
freilich keine Einwendungen. Warum wollen
Sie aber fuͤr eine Sache ſchwoͤren, von der
Sie nicht unterrichtet ſind? Sie thun eben da-
durch das Unrecht, das Sie gerne vermeiden
wollten: dieſe Aengſtlichkeit iſt bey weitem ge-
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[223/0230] 22. Roſa an Francesko. Tivoli. Warum hoͤren wir gar keine Neuigkeiten von unſerm launigen Francesko? Maulen Sie auch mit mir, ſo wie Ihr ernſthafter Freund Adriano? Laſſen Sie ihn gehn, denn er weiß vor lauter Philoſophie nicht, was er thut. — Haben Sie ſich vielleicht an Andrea geſtoßen, ſo bedenken Sie auch, daß jedermann ſeine Freunde zu pruͤfen wuͤnſcht, und daß ſich Ih- nen bey Gelegenheit alle Zweifel aufklaͤren werden. Es iſt aber unbillig, um mich keines haͤrtern Ausdrucks zu bedienen, wenn man ſchon im Voraus uͤberzeugt iſt; dann helfen freilich keine Einwendungen. Warum wollen Sie aber fuͤr eine Sache ſchwoͤren, von der Sie nicht unterrichtet ſind? Sie thun eben da- durch das Unrecht, das Sie gerne vermeiden wollten: dieſe Aengſtlichkeit iſt bey weitem ge- faͤhrlicher, als eine dreiſte Zuverſicht. —

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/230>, abgerufen am 19.04.2024.