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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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18.
William Lovell an Rosa.

So ist es denn nun aus? völlig aus? -- Ich
weiß mich noch immer nicht zu fassen. Ich
möchte laut schreyen und klagen, ich möchte es
in die ganze weite Natur hineinheulen, wie
elend ich bin. -- O wie unbeschreiblich nüch-
tern und armseelig endigt sich nun alles, was
mich einst in so hohe Begeisterung setzte, was
mir eine so seelige Zukunft aufschloß. -- O
eine wilde, blinde Wuth ergreift mich, wenn
ich daran denke, wenn ich mir alles und jeden
Umstand von neuem in die Seele zurückrufe:
eine Raserey erschöpft nicht alles, was ich fühle,
es giebt keine Aeußerung, die menschliche Na-
tur könnte sie nicht aushalten, so wie ich mei-
nen Schmerz und Verlust darstellen müßte.

Und warum das? werden Sie fragen. --
Ach, Rosa, bey Ihnen ist es bloße Neugier,
die so fragt. -- Sie sind ein glücklicher Mensch.
Ich kann mein Unglück an den Gefühlen keines

18.
William Lovell an Roſa.

So iſt es denn nun aus? voͤllig aus? — Ich
weiß mich noch immer nicht zu faſſen. Ich
moͤchte laut ſchreyen und klagen, ich moͤchte es
in die ganze weite Natur hineinheulen, wie
elend ich bin. — O wie unbeſchreiblich nuͤch-
tern und armſeelig endigt ſich nun alles, was
mich einſt in ſo hohe Begeiſterung ſetzte, was
mir eine ſo ſeelige Zukunft aufſchloß. — O
eine wilde, blinde Wuth ergreift mich, wenn
ich daran denke, wenn ich mir alles und jeden
Umſtand von neuem in die Seele zuruͤckrufe:
eine Raſerey erſchoͤpft nicht alles, was ich fuͤhle,
es giebt keine Aeußerung, die menſchliche Na-
tur koͤnnte ſie nicht aushalten, ſo wie ich mei-
nen Schmerz und Verluſt darſtellen muͤßte.

Und warum das? werden Sie fragen. —
Ach, Roſa, bey Ihnen iſt es bloße Neugier,
die ſo fragt. — Sie ſind ein gluͤcklicher Menſch.
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[377/0384] 18. William Lovell an Roſa. Rom. So iſt es denn nun aus? voͤllig aus? — Ich weiß mich noch immer nicht zu faſſen. Ich moͤchte laut ſchreyen und klagen, ich moͤchte es in die ganze weite Natur hineinheulen, wie elend ich bin. — O wie unbeſchreiblich nuͤch- tern und armſeelig endigt ſich nun alles, was mich einſt in ſo hohe Begeiſterung ſetzte, was mir eine ſo ſeelige Zukunft aufſchloß. — O eine wilde, blinde Wuth ergreift mich, wenn ich daran denke, wenn ich mir alles und jeden Umſtand von neuem in die Seele zuruͤckrufe: eine Raſerey erſchoͤpft nicht alles, was ich fuͤhle, es giebt keine Aeußerung, die menſchliche Na- tur koͤnnte ſie nicht aushalten, ſo wie ich mei- nen Schmerz und Verluſt darſtellen muͤßte. Und warum das? werden Sie fragen. — Ach, Roſa, bey Ihnen iſt es bloße Neugier, die ſo fragt. — Sie ſind ein gluͤcklicher Menſch. Ich kann mein Ungluͤck an den Gefuͤhlen keines

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/384>, abgerufen am 25.04.2024.