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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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31.
William Lovell an Rosa.

Ja, Rosa, ich nehme Ihren Vorschlag an,
ich komme zu Ihnen, aber nicht um von
neuem ein wildes und unstetes Leben zu begin-
nen, sondern mich ganz einer dunkeln, träume-
vollen Einsamkeit zu überlassen. -- Wie trö-
stet mich der Gedanke, dort in Tivoli bey
Ihnen zu wohnen! Ich will Ihren Garten
bauen, bald auf der Anhöhe über die Wiesen
und Felder hinsehn, bald mich im tiefen Grunde
verlieren und immer an Vergangenheit und
Zukunft denken. Was ich an den Menschen
verbrochen habe, will ich durch Sorgfalt an
Blumen und Bäumen wieder abbüßen. Wie
ein schwacher Regenbogen in Gewitterwolken,
so steigt die Aussicht meines künftigen Lebens
empor: ich glaube, ich könnte dort manches
vergessen, und in einem tiefen Traume meine
vorigen unruhigen Träume begraben. Es ist

31.
William Lovell an Roſa.

Ja, Roſa, ich nehme Ihren Vorſchlag an,
ich komme zu Ihnen, aber nicht um von
neuem ein wildes und unſtetes Leben zu begin-
nen, ſondern mich ganz einer dunkeln, traͤume-
vollen Einſamkeit zu uͤberlaſſen. — Wie troͤ-
ſtet mich der Gedanke, dort in Tivoli bey
Ihnen zu wohnen! Ich will Ihren Garten
bauen, bald auf der Anhoͤhe uͤber die Wieſen
und Felder hinſehn, bald mich im tiefen Grunde
verlieren und immer an Vergangenheit und
Zukunft denken. Was ich an den Menſchen
verbrochen habe, will ich durch Sorgfalt an
Blumen und Baͤumen wieder abbuͤßen. Wie
ein ſchwacher Regenbogen in Gewitterwolken,
ſo ſteigt die Ausſicht meines kuͤnftigen Lebens
empor: ich glaube, ich koͤnnte dort manches
vergeſſen, und in einem tiefen Traume meine
vorigen unruhigen Traͤume begraben. Es iſt

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[469/0476] 31. William Lovell an Roſa. Rom. Ja, Roſa, ich nehme Ihren Vorſchlag an, ich komme zu Ihnen, aber nicht um von neuem ein wildes und unſtetes Leben zu begin- nen, ſondern mich ganz einer dunkeln, traͤume- vollen Einſamkeit zu uͤberlaſſen. — Wie troͤ- ſtet mich der Gedanke, dort in Tivoli bey Ihnen zu wohnen! Ich will Ihren Garten bauen, bald auf der Anhoͤhe uͤber die Wieſen und Felder hinſehn, bald mich im tiefen Grunde verlieren und immer an Vergangenheit und Zukunft denken. Was ich an den Menſchen verbrochen habe, will ich durch Sorgfalt an Blumen und Baͤumen wieder abbuͤßen. Wie ein ſchwacher Regenbogen in Gewitterwolken, ſo ſteigt die Ausſicht meines kuͤnftigen Lebens empor: ich glaube, ich koͤnnte dort manches vergeſſen, und in einem tiefen Traume meine vorigen unruhigen Traͤume begraben. Es iſt

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/476>, abgerufen am 24.04.2024.