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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Die schöne Magelone.

Alles klang im Herzen wieder,
Meine Blicke sanken nieder,
Und die Lüfte tönten Liebeslieder!

Wie ein Sternenpaar
Glänzten die Augen, die Wangen
Wiegten das goldene Haar,
Blick und Lächeln schwangen
Flügel, und die süßen Worte gar
Weckten das tiefste Verlangen:
O Kuß! wie war dein Mund so brennend roth!
Da starb ich, fand ein Leben erst im schönsten Tod.


9.
Turnier zu Ehren der schönen Magelone.

Der König Magelon von Neapel wünschte jetzt,
daß seine schöne Tochter in kurzer Zeit mit Herrn
Heinrich von Carpone vermählt würde, der sich
in dieser Absicht schon seit lange am Hofe aufhielt.
Es ward daher wieder ein glänzendes Turnier aus-
geschrieben, welches alle vorhergehenden an Pracht
übertreffen sollte, und viele berühmte Ritter aus
Italien und Frankreich versammelten sich. Ein
Oheim Peters kam auch aus der Provence, um
dem Turniere beizuwohnen: es war derselbe, der
den jungen Grafen zum Ritter geschlagen hatte.

Das Kampfspiel nahm seinen Anfang, und
alle die großen Ritter zogen auf den Plan, und

Die ſchoͤne Magelone.

Alles klang im Herzen wieder,
Meine Blicke ſanken nieder,
Und die Luͤfte toͤnten Liebeslieder!

Wie ein Sternenpaar
Glaͤnzten die Augen, die Wangen
Wiegten das goldene Haar,
Blick und Laͤcheln ſchwangen
Fluͤgel, und die ſuͤßen Worte gar
Weckten das tiefſte Verlangen:
O Kuß! wie war dein Mund ſo brennend roth!
Da ſtarb ich, fand ein Leben erſt im ſchoͤnſten Tod.


9.
Turnier zu Ehren der ſchoͤnen Magelone.

Der Koͤnig Magelon von Neapel wuͤnſchte jetzt,
daß ſeine ſchoͤne Tochter in kurzer Zeit mit Herrn
Heinrich von Carpone vermaͤhlt wuͤrde, der ſich
in dieſer Abſicht ſchon ſeit lange am Hofe aufhielt.
Es ward daher wieder ein glaͤnzendes Turnier aus-
geſchrieben, welches alle vorhergehenden an Pracht
uͤbertreffen ſollte, und viele beruͤhmte Ritter aus
Italien und Frankreich verſammelten ſich. Ein
Oheim Peters kam auch aus der Provence, um
dem Turniere beizuwohnen: es war derſelbe, der
den jungen Grafen zum Ritter geſchlagen hatte.

Das Kampfſpiel nahm ſeinen Anfang, und
alle die großen Ritter zogen auf den Plan, und

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[355/0366] Die ſchoͤne Magelone. Alles klang im Herzen wieder, Meine Blicke ſanken nieder, Und die Luͤfte toͤnten Liebeslieder! Wie ein Sternenpaar Glaͤnzten die Augen, die Wangen Wiegten das goldene Haar, Blick und Laͤcheln ſchwangen Fluͤgel, und die ſuͤßen Worte gar Weckten das tiefſte Verlangen: O Kuß! wie war dein Mund ſo brennend roth! Da ſtarb ich, fand ein Leben erſt im ſchoͤnſten Tod. 9. Turnier zu Ehren der ſchoͤnen Magelone. Der Koͤnig Magelon von Neapel wuͤnſchte jetzt, daß ſeine ſchoͤne Tochter in kurzer Zeit mit Herrn Heinrich von Carpone vermaͤhlt wuͤrde, der ſich in dieſer Abſicht ſchon ſeit lange am Hofe aufhielt. Es ward daher wieder ein glaͤnzendes Turnier aus- geſchrieben, welches alle vorhergehenden an Pracht uͤbertreffen ſollte, und viele beruͤhmte Ritter aus Italien und Frankreich verſammelten ſich. Ein Oheim Peters kam auch aus der Provence, um dem Turniere beizuwohnen: es war derſelbe, der den jungen Grafen zum Ritter geſchlagen hatte. Das Kampfſpiel nahm ſeinen Anfang, und alle die großen Ritter zogen auf den Plan, und

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/366>, abgerufen am 19.04.2024.