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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
aber wenn sie auch manchmal über mich lachen, so
kann ich doch nicht ihre rechte Liebe erwecken. Die
Sterne haben wohl bei meiner Geburt etwas in
der Queere gestanden, so deutet auch Hand und
Fuß; ja wahrlich, wenn ich nicht so gar enge
Schue trüge, schauten die Füße aus, wie die einer
Gans; breit! breit!

Leopold kommt.
Leopold. Ihr seid schon da? Ei, wie auf-
geputzt und prächtig! Das neue Wamms und die
Federn habe ich noch nicht an euch gesehn.
Winfred. Nicht wahr, zierlich und anmu-
thig? Und wenn ich so mit den Armen schlenkre,
und den Mantel etwas so von der Schulter werfe,
so macht sichs so ziemlich? Gelt! Seht, ist es
so recht?
Leopold. Vortreflich! Ihr seid schon ein
Meister, da Ihr vor kurzem nur als ein Schüler
angefangen habt.
Winfred. Ach, Lieber, weit, weit ists noch
zum Ziel. Nein, ich will mich nicht selber täu-
schen. -- Aber sagt, wie stehts um unser Aben-
theuer? Wann lichten wir die Anker?
Leopold. Es ist noch zu früh. Ich werde
euch schon Nachricht geben, wenn es an der Zeit ist.
Winfred. O was mich das glücklich machen
wird, so in Eurer Gesellschaft auszuziehn, hier
über die Berge, dort durch die Städte und Luft
und Gefahr mit Euch theilen, und Euch immer
sehn und bewundern, und von Euch lernen! Und
Zweite Abtheilung.
aber wenn ſie auch manchmal uͤber mich lachen, ſo
kann ich doch nicht ihre rechte Liebe erwecken. Die
Sterne haben wohl bei meiner Geburt etwas in
der Queere geſtanden, ſo deutet auch Hand und
Fuß; ja wahrlich, wenn ich nicht ſo gar enge
Schue truͤge, ſchauten die Fuͤße aus, wie die einer
Gans; breit! breit!

Leopold kommt.
Leopold. Ihr ſeid ſchon da? Ei, wie auf-
geputzt und praͤchtig! Das neue Wamms und die
Federn habe ich noch nicht an euch geſehn.
Winfred. Nicht wahr, zierlich und anmu-
thig? Und wenn ich ſo mit den Armen ſchlenkre,
und den Mantel etwas ſo von der Schulter werfe,
ſo macht ſichs ſo ziemlich? Gelt! Seht, iſt es
ſo recht?
Leopold. Vortreflich! Ihr ſeid ſchon ein
Meiſter, da Ihr vor kurzem nur als ein Schuͤler
angefangen habt.
Winfred. Ach, Lieber, weit, weit iſts noch
zum Ziel. Nein, ich will mich nicht ſelber taͤu-
ſchen. — Aber ſagt, wie ſtehts um unſer Aben-
theuer? Wann lichten wir die Anker?
Leopold. Es iſt noch zu fruͤh. Ich werde
euch ſchon Nachricht geben, wenn es an der Zeit iſt.
Winfred. O was mich das gluͤcklich machen
wird, ſo in Eurer Geſellſchaft auszuziehn, hier
uͤber die Berge, dort durch die Staͤdte und Luft
und Gefahr mit Euch theilen, und Euch immer
ſehn und bewundern, und von Euch lernen! Und
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[20/0029] Zweite Abtheilung. aber wenn ſie auch manchmal uͤber mich lachen, ſo kann ich doch nicht ihre rechte Liebe erwecken. Die Sterne haben wohl bei meiner Geburt etwas in der Queere geſtanden, ſo deutet auch Hand und Fuß; ja wahrlich, wenn ich nicht ſo gar enge Schue truͤge, ſchauten die Fuͤße aus, wie die einer Gans; breit! breit! Leopold kommt. Leopold. Ihr ſeid ſchon da? Ei, wie auf- geputzt und praͤchtig! Das neue Wamms und die Federn habe ich noch nicht an euch geſehn. Winfred. Nicht wahr, zierlich und anmu- thig? Und wenn ich ſo mit den Armen ſchlenkre, und den Mantel etwas ſo von der Schulter werfe, ſo macht ſichs ſo ziemlich? Gelt! Seht, iſt es ſo recht? Leopold. Vortreflich! Ihr ſeid ſchon ein Meiſter, da Ihr vor kurzem nur als ein Schuͤler angefangen habt. Winfred. Ach, Lieber, weit, weit iſts noch zum Ziel. Nein, ich will mich nicht ſelber taͤu- ſchen. — Aber ſagt, wie ſtehts um unſer Aben- theuer? Wann lichten wir die Anker? Leopold. Es iſt noch zu fruͤh. Ich werde euch ſchon Nachricht geben, wenn es an der Zeit iſt. Winfred. O was mich das gluͤcklich machen wird, ſo in Eurer Geſellſchaft auszuziehn, hier uͤber die Berge, dort durch die Staͤdte und Luft und Gefahr mit Euch theilen, und Euch immer ſehn und bewundern, und von Euch lernen! Und

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/29>, abgerufen am 28.03.2024.