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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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haben, daß mir noch die Thränen in den
Augen stehen.

Sie schieden hierauf von einander und
ein jeder gieng seine Straße. Indem es ge¬
gen Abend kam, fielen dem jungen Sternbald
viele Gegenstände zu Gemählden ein, die er
in seinen Gedanken ordnete und mit Liebe
bei diesen Vorstellungen verweilte: je röther
der Abend wurde, je schwermüthiger wurden
seine Träumereien, er fühlte sich wieder ein¬
sam in der weiten Welt, ohne Kraft, ohne
Hülfe in sich selber. Die dunkelgewordenen
Bäume, die Schatten die sich auf den Fel¬
dern ausstreckten, die rauchenden Dächer
eines kleinen Dorfs und die Sterne die nach
und nach am Himmel hervortraten, alles
rührte ihn innig, alles bewegte ihn zu einem
wehmühtigen Mitleiden mit sich selber.

Er kehrte in die kleine Schenke des Dorfs
ein, begehrte ein Abendessen und eine Ruhestel¬

haben, daß mir noch die Thränen in den
Augen ſtehen.

Sie ſchieden hierauf von einander und
ein jeder gieng ſeine Straße. Indem es ge¬
gen Abend kam, fielen dem jungen Sternbald
viele Gegenſtände zu Gemählden ein, die er
in ſeinen Gedanken ordnete und mit Liebe
bei dieſen Vorſtellungen verweilte: je röther
der Abend wurde, je ſchwermüthiger wurden
ſeine Träumereien, er fühlte ſich wieder ein¬
ſam in der weiten Welt, ohne Kraft, ohne
Hülfe in ſich ſelber. Die dunkelgewordenen
Bäume, die Schatten die ſich auf den Fel¬
dern ausſtreckten, die rauchenden Dächer
eines kleinen Dorfs und die Sterne die nach
und nach am Himmel hervortraten, alles
rührte ihn innig, alles bewegte ihn zu einem
wehmühtigen Mitleiden mit ſich ſelber.

Er kehrte in die kleine Schenke des Dorfs
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[34/0045] haben, daß mir noch die Thränen in den Augen ſtehen. Sie ſchieden hierauf von einander und ein jeder gieng ſeine Straße. Indem es ge¬ gen Abend kam, fielen dem jungen Sternbald viele Gegenſtände zu Gemählden ein, die er in ſeinen Gedanken ordnete und mit Liebe bei dieſen Vorſtellungen verweilte: je röther der Abend wurde, je ſchwermüthiger wurden ſeine Träumereien, er fühlte ſich wieder ein¬ ſam in der weiten Welt, ohne Kraft, ohne Hülfe in ſich ſelber. Die dunkelgewordenen Bäume, die Schatten die ſich auf den Fel¬ dern ausſtreckten, die rauchenden Dächer eines kleinen Dorfs und die Sterne die nach und nach am Himmel hervortraten, alles rührte ihn innig, alles bewegte ihn zu einem wehmühtigen Mitleiden mit ſich ſelber. Er kehrte in die kleine Schenke des Dorfs ein, begehrte ein Abendeſſen und eine Ruheſtel¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/45>, abgerufen am 29.03.2024.