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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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ihm die Gespräche fortzusetzen, die sie hier
hatte abbrechen müssen. Franz schweifte in¬
deß im Felde umher, und betrachtete die
Bäume die sich in einem benachbarten Tei¬
che spiegelten. Er hatte noch nie eine Land¬
schaft mit diesem Vergnügen beschaut, es
war ihm noch nie vergönnt gewesen, die
mannichfaltigen Farben mit ihren Schatti¬
rungen, das Süße der Ruhe, die Wirkung
des Baumschlages in der Natur zu entdek¬
ken, wie er es jetzt im klaren Wasser ge¬
wahr ward. Über alles ergötzte ihn aber
die wunderbare Perspektive die sich bildete,
und der Himmel dazwischen mit seinen Wol¬
kenbildern, das zarte Blau, das zwischen
den krause Figuren und dem zitternden
Laube schwamm. Franz zog seine Schreib¬
tafel hervor, und wollte die Landschaft an¬
fangen zu zeichnen; aber schon die wirkliche
Natur erschien ihm trocken gegen die Abbil¬

ihm die Geſpräche fortzuſetzen, die ſie hier
hatte abbrechen müſſen. Franz ſchweifte in¬
deß im Felde umher, und betrachtete die
Bäume die ſich in einem benachbarten Tei¬
che ſpiegelten. Er hatte noch nie eine Land¬
ſchaft mit dieſem Vergnügen beſchaut, es
war ihm noch nie vergönnt geweſen, die
mannichfaltigen Farben mit ihren Schatti¬
rungen, das Süße der Ruhe, die Wirkung
des Baumſchlages in der Natur zu entdek¬
ken, wie er es jetzt im klaren Waſſer ge¬
wahr ward. Über alles ergötzte ihn aber
die wunderbare Perſpektive die ſich bildete,
und der Himmel dazwiſchen mit ſeinen Wol¬
kenbildern, das zarte Blau, das zwiſchen
den krauſe Figuren und dem zitternden
Laube ſchwamm. Franz zog ſeine Schreib¬
tafel hervor, und wollte die Landſchaft an¬
fangen zu zeichnen; aber ſchon die wirkliche
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[88/0099] ihm die Geſpräche fortzuſetzen, die ſie hier hatte abbrechen müſſen. Franz ſchweifte in¬ deß im Felde umher, und betrachtete die Bäume die ſich in einem benachbarten Tei¬ che ſpiegelten. Er hatte noch nie eine Land¬ ſchaft mit dieſem Vergnügen beſchaut, es war ihm noch nie vergönnt geweſen, die mannichfaltigen Farben mit ihren Schatti¬ rungen, das Süße der Ruhe, die Wirkung des Baumſchlages in der Natur zu entdek¬ ken, wie er es jetzt im klaren Waſſer ge¬ wahr ward. Über alles ergötzte ihn aber die wunderbare Perſpektive die ſich bildete, und der Himmel dazwiſchen mit ſeinen Wol¬ kenbildern, das zarte Blau, das zwiſchen den krauſe Figuren und dem zitternden Laube ſchwamm. Franz zog ſeine Schreib¬ tafel hervor, und wollte die Landſchaft an¬ fangen zu zeichnen; aber ſchon die wirkliche Natur erſchien ihm trocken gegen die Abbil¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/99>, abgerufen am 29.03.2024.