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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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tragen wird, so ist auf der anderen Seite die Bestrebung
natürlich, das Element der Unsicherheit auszustossen und
den Gewinn zu einem sicheren und regelmässigen zu machen.
Von den manchen Methoden, welche das Leihkapital in
dieser Hinsicht anwenden kann, ist die Aufnahme von
Pfändern am wichtigsten. Von den Methoden des Handels
geht uns nur diejenige an, durch welche er sich der Pro-
duction bemächtigt und seinen wesentlichen Gewinn dem
Productionsprocess selber inhaerent macht. Der Absatz
fabricirter Waaren kann ebenso ungewiss sein und fehl-
schlagen, als der Absatz eingekaufter Waaren. Allerdings.
Aber dies ist ein provisorischer Zustand. Er entspringt
aus der mühevollen Ablösung aus einem System von
Gemeinschaften, welche Sachen gleichsam für sich selber
machen und unter sich vertheilen. In der vollendeten Ge-
sellschaft würde wiederum jede Waare durch eine einzige
vereinigte kapitalistische Person mit vollkommener Kennt-
niss des vorhandenen, normalen Bedarfes, in gehöriger
Menge hergestellt und zu ihrem Werthe verkauft werden.
Dieser Begriff kann als unerfüllbar gelten. Und doch sind
es die Approximationen dahin, durch welche die Solidität
der kapitalistischen Production von derjenigen des
gemeinen Handels sich abhebt. --

§ 33.

Dieser Betrachtung gehen wir auf folgendem Wege
nach. Alle Gegenstände des Verkaufes und Kaufes heissen
als solche Waaren. Dieselben werden entweder als fertige
vorausgesetzt; und in diesem Sinne kann Alles, was in der
Willkürsphäre des Einen sich befindet und folglich in die-
jenige eines Anderen übertragbar ist, die Form der Waare
annehmen, z. E. begrenzte Stücke des Grund und Bodens,
seltene Bücher und Gemälde und solche nicht-fungible
Sachen; so nimmt auch die eigene Thätigkeit: Arbeit oder
Dienstleistung, die Form der Waare an. Für den Kaufmann
als solchen, der eingekaufte Waaren zu verkaufen sich
bemüht, insofern er also auf die Production der Waaren
keinen Druck ausübt, sind alle Waaren von dieser Art;

Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft. 6

tragen wird, so ist auf der anderen Seite die Bestrebung
natürlich, das Element der Unsicherheit auszustossen und
den Gewinn zu einem sicheren und regelmässigen zu machen.
Von den manchen Methoden, welche das Leihkapital in
dieser Hinsicht anwenden kann, ist die Aufnahme von
Pfändern am wichtigsten. Von den Methoden des Handels
geht uns nur diejenige an, durch welche er sich der Pro-
duction bemächtigt und seinen wesentlichen Gewinn dem
Productionsprocess selber inhaerent macht. Der Absatz
fabricirter Waaren kann ebenso ungewiss sein und fehl-
schlagen, als der Absatz eingekaufter Waaren. Allerdings.
Aber dies ist ein provisorischer Zustand. Er entspringt
aus der mühevollen Ablösung aus einem System von
Gemeinschaften, welche Sachen gleichsam für sich selber
machen und unter sich vertheilen. In der vollendeten Ge-
sellschaft würde wiederum jede Waare durch eine einzige
vereinigte kapitalistische Person mit vollkommener Kennt-
niss des vorhandenen, normalen Bedarfes, in gehöriger
Menge hergestellt und zu ihrem Werthe verkauft werden.
Dieser Begriff kann als unerfüllbar gelten. Und doch sind
es die Approximationen dahin, durch welche die Solidität
der kapitalistischen Production von derjenigen des
gemeinen Handels sich abhebt. —

§ 33.

Dieser Betrachtung gehen wir auf folgendem Wege
nach. Alle Gegenstände des Verkaufes und Kaufes heissen
als solche Waaren. Dieselben werden entweder als fertige
vorausgesetzt; und in diesem Sinne kann Alles, was in der
Willkürsphäre des Einen sich befindet und folglich in die-
jenige eines Anderen übertragbar ist, die Form der Waare
annehmen, z. E. begrenzte Stücke des Grund und Bodens,
seltene Bücher und Gemälde und solche nicht-fungible
Sachen; so nimmt auch die eigene Thätigkeit: Arbeit oder
Dienstleistung, die Form der Waare an. Für den Kaufmann
als solchen, der eingekaufte Waaren zu verkaufen sich
bemüht, insofern er also auf die Production der Waaren
keinen Druck ausübt, sind alle Waaren von dieser Art;

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[81/0117] tragen wird, so ist auf der anderen Seite die Bestrebung natürlich, das Element der Unsicherheit auszustossen und den Gewinn zu einem sicheren und regelmässigen zu machen. Von den manchen Methoden, welche das Leihkapital in dieser Hinsicht anwenden kann, ist die Aufnahme von Pfändern am wichtigsten. Von den Methoden des Handels geht uns nur diejenige an, durch welche er sich der Pro- duction bemächtigt und seinen wesentlichen Gewinn dem Productionsprocess selber inhaerent macht. Der Absatz fabricirter Waaren kann ebenso ungewiss sein und fehl- schlagen, als der Absatz eingekaufter Waaren. Allerdings. Aber dies ist ein provisorischer Zustand. Er entspringt aus der mühevollen Ablösung aus einem System von Gemeinschaften, welche Sachen gleichsam für sich selber machen und unter sich vertheilen. In der vollendeten Ge- sellschaft würde wiederum jede Waare durch eine einzige vereinigte kapitalistische Person mit vollkommener Kennt- niss des vorhandenen, normalen Bedarfes, in gehöriger Menge hergestellt und zu ihrem Werthe verkauft werden. Dieser Begriff kann als unerfüllbar gelten. Und doch sind es die Approximationen dahin, durch welche die Solidität der kapitalistischen Production von derjenigen des gemeinen Handels sich abhebt. — § 33. Dieser Betrachtung gehen wir auf folgendem Wege nach. Alle Gegenstände des Verkaufes und Kaufes heissen als solche Waaren. Dieselben werden entweder als fertige vorausgesetzt; und in diesem Sinne kann Alles, was in der Willkürsphäre des Einen sich befindet und folglich in die- jenige eines Anderen übertragbar ist, die Form der Waare annehmen, z. E. begrenzte Stücke des Grund und Bodens, seltene Bücher und Gemälde und solche nicht-fungible Sachen; so nimmt auch die eigene Thätigkeit: Arbeit oder Dienstleistung, die Form der Waare an. Für den Kaufmann als solchen, der eingekaufte Waaren zu verkaufen sich bemüht, insofern er also auf die Production der Waaren keinen Druck ausübt, sind alle Waaren von dieser Art; Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft. 6

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/117>, abgerufen am 28.03.2024.