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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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DRITTER ABSCHNITT.
EMPIRISCHE BEDEUTUNG.

§ 33.

Wenn wir nun versuchen, durch diese Kategorieen
die erkennbaren Eigenthümlichkeiten der Menschen zu be-
greifen, so ergeben sich, wie durch den ersten Anblick,
etwan folgende Bemerkungen. Zuerst gewahren wir in
grossen Zügen den psychologischen Gegensatz der Ge-
schlechter. Es ist eine verbrauchte Wahrheit, um so mehr
aber wichtig, als der Niederschlag einer allgemeinen Er-
fahrung: dass die Weiber durch ihr Gefühl zumeist sich
leiten lassen, die Männer ihrem Verstande folgen. Die
Männer sind klüger. Sie allein sind des Rechnens, des
ruhigen (abstracten) Denkens, Ueberlegens, Combinirens,
der Logik fähig; die Weiber bewegen sich in der Regel
nur auf sehr mangelhafte Weise in diesen Bahnen. Also
fehlt ihnen die wesentliche Voraussetzung der Willkür. Es
ist nicht richtig, dass erst durch (abstractes) Denken und
durch Willkür die Menschen zu eigentlicher Activität,
zur Unabhängigkeit von der Natur und zu irgend welcher
Herrschaft über dieselbe gelangen; richtig ist, dass die
Activität Willkür nothwendig macht und entwickelt und
dass sie mit Hülfe derselben ins Grenzenlose sich steigert.

DRITTER ABSCHNITT.
EMPIRISCHE BEDEUTUNG.

§ 33.

Wenn wir nun versuchen, durch diese Kategorieen
die erkennbaren Eigenthümlichkeiten der Menschen zu be-
greifen, so ergeben sich, wie durch den ersten Anblick,
etwan folgende Bemerkungen. Zuerst gewahren wir in
grossen Zügen den psychologischen Gegensatz der Ge-
schlechter. Es ist eine verbrauchte Wahrheit, um so mehr
aber wichtig, als der Niederschlag einer allgemeinen Er-
fahrung: dass die Weiber durch ihr Gefühl zumeist sich
leiten lassen, die Männer ihrem Verstande folgen. Die
Männer sind klüger. Sie allein sind des Rechnens, des
ruhigen (abstracten) Denkens, Ueberlegens, Combinirens,
der Logik fähig; die Weiber bewegen sich in der Regel
nur auf sehr mangelhafte Weise in diesen Bahnen. Also
fehlt ihnen die wesentliche Voraussetzung der Willkür. Es
ist nicht richtig, dass erst durch (abstractes) Denken und
durch Willkür die Menschen zu eigentlicher Activität,
zur Unabhängigkeit von der Natur und zu irgend welcher
Herrschaft über dieselbe gelangen; richtig ist, dass die
Activität Willkür nothwendig macht und entwickelt und
dass sie mit Hülfe derselben ins Grenzenlose sich steigert.

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[[167]/0203] DRITTER ABSCHNITT. EMPIRISCHE BEDEUTUNG. § 33. Wenn wir nun versuchen, durch diese Kategorieen die erkennbaren Eigenthümlichkeiten der Menschen zu be- greifen, so ergeben sich, wie durch den ersten Anblick, etwan folgende Bemerkungen. Zuerst gewahren wir in grossen Zügen den psychologischen Gegensatz der Ge- schlechter. Es ist eine verbrauchte Wahrheit, um so mehr aber wichtig, als der Niederschlag einer allgemeinen Er- fahrung: dass die Weiber durch ihr Gefühl zumeist sich leiten lassen, die Männer ihrem Verstande folgen. Die Männer sind klüger. Sie allein sind des Rechnens, des ruhigen (abstracten) Denkens, Ueberlegens, Combinirens, der Logik fähig; die Weiber bewegen sich in der Regel nur auf sehr mangelhafte Weise in diesen Bahnen. Also fehlt ihnen die wesentliche Voraussetzung der Willkür. Es ist nicht richtig, dass erst durch (abstractes) Denken und durch Willkür die Menschen zu eigentlicher Activität, zur Unabhängigkeit von der Natur und zu irgend welcher Herrschaft über dieselbe gelangen; richtig ist, dass die Activität Willkür nothwendig macht und entwickelt und dass sie mit Hülfe derselben ins Grenzenlose sich steigert.

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. [167]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/203>, abgerufen am 28.03.2024.