Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

Gleichheit der Productions-Bedingungen für alle Waaren-
Gattungen (so verschieden sie auch für die Arten und
Exemplare der Gattungen sein und bleiben mögen), mithin
eine gleiche Wirksamkeit der möglichst günstigen (leich-
testen) Bedingungen, eine gleiche Proportion derselben zu
den Gesammtbedingungen; denn gleiche Proportion ist der
allgemeine Begriff der Gleichheit, und eigentliche Gleichheit
nur ihr besonderster Fall. Die günstigsten Bedingungen
aber bestehen: 1) in der Tauschwerthlosigkeit der Natur-
kräfte, als ihrem natürlichen Preis, 2) in der grössten Wirk-
samkeit von Menschen mit einander, 3) in der grössten
Wirksamkeit der Cooperation von Menschen mit den ge-
eignetsten Instrumenten (Werkzeugen, Maschinen). Wenn
diese Umstände erfüllt sind und ausserdem alle Verschieden-
heiten menschlicher Arbeit auf ihr einzig mögliches Maas:
Arbeits-Zeit reducirt werden (was in Wirklichkeit weniger
oder mehr durch ihre actuellen Verhältnisse zu einander
erleichtert wird), so gilt das Gesetz der Constitution des
Werthes jeder Waaren-Gattung und folglich jeder beliebigen
Quantität derselben, durch die zur Production derselben im
Durchschnitt gesellschaftlich-nothwendige Arbeitszeit. Die
Entwicklung der Gesellschaft und ihres Centrums: des
Weltmarktes, bewegt sich in fortwährender Approximation
diesem ihrem relativen Ruhepunkte zu. Jenes Gesetz hat
zunächst eine pure begriffliche Bedeutung, ist daher auf die
Regeln der calculatorischen Synthese oder auf identische
Sätze zurückführbar. Es heisst nämlich nur: was zu den
als vorhanden vorausgesetzten Naturkräften und Dingen
hinzugekommen ist und die gegenwärtigen Formen von
Sachen hervorgebracht hat, das ist eine gewisse Menge
menschlicher Arbeit. Naturkräfte haben -- der Voraus-
setzung nach -- keinen Tauschwerth; der Tauschwerth
anderer Dinge, welche zur Production nothwendig sind
(Stoffe und Instrumente), ist selber in lauter Arbeitsmengen
auflösbar; folglich der neue Tauschwerth in Stücke ihres
Tauschwerthes und hinzugefügte Arbeit, mithin in lauter
Arbeit. Arbeit hat sich in den Gegenständen verkörpert,
ist gleichsam geronnen in dem gebundenen Ueberschuss,
welchen sie darstellen über die freien Naturkräfte. Die

Gleichheit der Productions-Bedingungen für alle Waaren-
Gattungen (so verschieden sie auch für die Arten und
Exemplare der Gattungen sein und bleiben mögen), mithin
eine gleiche Wirksamkeit der möglichst günstigen (leich-
testen) Bedingungen, eine gleiche Proportion derselben zu
den Gesammtbedingungen; denn gleiche Proportion ist der
allgemeine Begriff der Gleichheit, und eigentliche Gleichheit
nur ihr besonderster Fall. Die günstigsten Bedingungen
aber bestehen: 1) in der Tauschwerthlosigkeit der Natur-
kräfte, als ihrem natürlichen Preis, 2) in der grössten Wirk-
samkeit von Menschen mit einander, 3) in der grössten
Wirksamkeit der Cooperation von Menschen mit den ge-
eignetsten Instrumenten (Werkzeugen, Maschinen). Wenn
diese Umstände erfüllt sind und ausserdem alle Verschieden-
heiten menschlicher Arbeit auf ihr einzig mögliches Maas:
Arbeits-Zeit reducirt werden (was in Wirklichkeit weniger
oder mehr durch ihre actuellen Verhältnisse zu einander
erleichtert wird), so gilt das Gesetz der Constitution des
Werthes jeder Waaren-Gattung und folglich jeder beliebigen
Quantität derselben, durch die zur Production derselben im
Durchschnitt gesellschaftlich-nothwendige Arbeitszeit. Die
Entwicklung der Gesellschaft und ihres Centrums: des
Weltmarktes, bewegt sich in fortwährender Approximation
diesem ihrem relativen Ruhepunkte zu. Jenes Gesetz hat
zunächst eine pure begriffliche Bedeutung, ist daher auf die
Regeln der calculatorischen Synthese oder auf identische
Sätze zurückführbar. Es heisst nämlich nur: was zu den
als vorhanden vorausgesetzten Naturkräften und Dingen
hinzugekommen ist und die gegenwärtigen Formen von
Sachen hervorgebracht hat, das ist eine gewisse Menge
menschlicher Arbeit. Naturkräfte haben — der Voraus-
setzung nach — keinen Tauschwerth; der Tauschwerth
anderer Dinge, welche zur Production nothwendig sind
(Stoffe und Instrumente), ist selber in lauter Arbeitsmengen
auflösbar; folglich der neue Tauschwerth in Stücke ihres
Tauschwerthes und hinzugefügte Arbeit, mithin in lauter
Arbeit. Arbeit hat sich in den Gegenständen verkörpert,
ist gleichsam geronnen in dem gebundenen Ueberschuss,
welchen sie darstellen über die freien Naturkräfte. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0125" n="89"/>
Gleichheit der Productions-Bedingungen für alle Waaren-<lb/><hi rendition="#g">Gattungen</hi> (so verschieden sie auch für die Arten und<lb/>
Exemplare der Gattungen sein und bleiben mögen), mithin<lb/>
eine gleiche Wirksamkeit der möglichst günstigen (leich-<lb/>
testen) Bedingungen, eine gleiche Proportion derselben zu<lb/>
den Gesammtbedingungen; denn gleiche Proportion ist der<lb/>
allgemeine Begriff der Gleichheit, und eigentliche Gleichheit<lb/>
nur ihr besonderster Fall. Die günstigsten Bedingungen<lb/>
aber bestehen: 1) in der Tauschwerthlosigkeit der Natur-<lb/>
kräfte, als ihrem natürlichen Preis, 2) in der grössten Wirk-<lb/>
samkeit von Menschen mit einander, 3) in der grössten<lb/>
Wirksamkeit der Cooperation von Menschen mit den ge-<lb/>
eignetsten Instrumenten (Werkzeugen, Maschinen). Wenn<lb/>
diese Umstände erfüllt sind und ausserdem alle Verschieden-<lb/>
heiten menschlicher Arbeit auf ihr einzig mögliches Maas:<lb/>
Arbeits-<hi rendition="#g">Zeit</hi> reducirt werden (was in Wirklichkeit weniger<lb/>
oder mehr durch ihre actuellen Verhältnisse zu einander<lb/>
erleichtert wird), so gilt das Gesetz der Constitution des<lb/>
Werthes jeder Waaren-Gattung und folglich jeder beliebigen<lb/>
Quantität derselben, durch die zur Production derselben im<lb/>
Durchschnitt gesellschaftlich-nothwendige Arbeitszeit. Die<lb/>
Entwicklung der Gesellschaft und ihres Centrums: des<lb/>
Weltmarktes, bewegt sich in fortwährender Approximation<lb/>
diesem ihrem relativen Ruhepunkte zu. Jenes Gesetz hat<lb/>
zunächst eine pure begriffliche Bedeutung, ist daher auf die<lb/>
Regeln der calculatorischen Synthese oder auf identische<lb/>
Sätze zurückführbar. Es heisst nämlich nur: was zu den<lb/>
als vorhanden vorausgesetzten Naturkräften und Dingen<lb/><hi rendition="#g">hinzugekommen</hi> ist und die gegenwärtigen Formen von<lb/>
Sachen hervorgebracht hat, das ist eine gewisse Menge<lb/>
menschlicher Arbeit. Naturkräfte haben &#x2014; der Voraus-<lb/>
setzung nach &#x2014; <hi rendition="#g">keinen</hi> Tauschwerth; der Tauschwerth<lb/>
anderer Dinge, welche zur Production nothwendig sind<lb/>
(Stoffe und Instrumente), ist selber in lauter Arbeitsmengen<lb/>
auflösbar; folglich der neue Tauschwerth in Stücke <hi rendition="#g">ihres</hi><lb/>
Tauschwerthes und hinzugefügte Arbeit, mithin in lauter<lb/>
Arbeit. Arbeit hat sich in den Gegenständen verkörpert,<lb/>
ist gleichsam <hi rendition="#g">geronnen</hi> in dem gebundenen Ueberschuss,<lb/>
welchen sie darstellen über die freien Naturkräfte. Die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0125] Gleichheit der Productions-Bedingungen für alle Waaren- Gattungen (so verschieden sie auch für die Arten und Exemplare der Gattungen sein und bleiben mögen), mithin eine gleiche Wirksamkeit der möglichst günstigen (leich- testen) Bedingungen, eine gleiche Proportion derselben zu den Gesammtbedingungen; denn gleiche Proportion ist der allgemeine Begriff der Gleichheit, und eigentliche Gleichheit nur ihr besonderster Fall. Die günstigsten Bedingungen aber bestehen: 1) in der Tauschwerthlosigkeit der Natur- kräfte, als ihrem natürlichen Preis, 2) in der grössten Wirk- samkeit von Menschen mit einander, 3) in der grössten Wirksamkeit der Cooperation von Menschen mit den ge- eignetsten Instrumenten (Werkzeugen, Maschinen). Wenn diese Umstände erfüllt sind und ausserdem alle Verschieden- heiten menschlicher Arbeit auf ihr einzig mögliches Maas: Arbeits-Zeit reducirt werden (was in Wirklichkeit weniger oder mehr durch ihre actuellen Verhältnisse zu einander erleichtert wird), so gilt das Gesetz der Constitution des Werthes jeder Waaren-Gattung und folglich jeder beliebigen Quantität derselben, durch die zur Production derselben im Durchschnitt gesellschaftlich-nothwendige Arbeitszeit. Die Entwicklung der Gesellschaft und ihres Centrums: des Weltmarktes, bewegt sich in fortwährender Approximation diesem ihrem relativen Ruhepunkte zu. Jenes Gesetz hat zunächst eine pure begriffliche Bedeutung, ist daher auf die Regeln der calculatorischen Synthese oder auf identische Sätze zurückführbar. Es heisst nämlich nur: was zu den als vorhanden vorausgesetzten Naturkräften und Dingen hinzugekommen ist und die gegenwärtigen Formen von Sachen hervorgebracht hat, das ist eine gewisse Menge menschlicher Arbeit. Naturkräfte haben — der Voraus- setzung nach — keinen Tauschwerth; der Tauschwerth anderer Dinge, welche zur Production nothwendig sind (Stoffe und Instrumente), ist selber in lauter Arbeitsmengen auflösbar; folglich der neue Tauschwerth in Stücke ihres Tauschwerthes und hinzugefügte Arbeit, mithin in lauter Arbeit. Arbeit hat sich in den Gegenständen verkörpert, ist gleichsam geronnen in dem gebundenen Ueberschuss, welchen sie darstellen über die freien Naturkräfte. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/125
Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/125>, abgerufen am 23.04.2024.