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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885.

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Motz an Kurfürst Wilhelm I.
betreffend, unterm 14. d. M. zu bescheiden, daß dieser Forderung desselben: 1. alle
Rechtsgründe und 2. alle Billigkeitsgründe entgegenstehen und solche daher nicht gewährt
werden könne.

Was die in Höchstdero gnädigstem Schreiben angeführten Rechtsgründe betrifft,
so halte ich es, der Ew. Königl. Hoheit schuldigen Devotion entgegen, meiner-
seits die Gerechtigkeit der fraglichen Forderung hier wiederholt auszuführen, bin viel-
mehr der gewissen Ueberzeugung, daß es, bei dieser sehr verschiedenen Ansicht von den
obwaltenden Rechtsverhältnissen, Höchstdero Gerechtigkeitsliebe am meisten entsprechen
würde, wenn diese Angelegenheit dem Beschlusse der, von den Allerhöchsten und
Höchsten Souverainen niedergesetzten Commission oder der Entscheidung des
Bundestages nunmehr überlassen bleibt
.

Ew. K. H. werden es mir nicht verdenken, wenn mich Verwandtenliebe zu einem
sehr würdigen Oheim bestimmt, bei Ueberzeugung von der Gerechtigkeit dieser Forderung,
dessen Auftrage hierunter bereitwillig zu genügen. Was aber:

die dieserhalb obwaltenden Billigkeitsgründe betrifft, so haben Ew. K. H. in Höchst-
dero gnädigsten Zuschrift meinem gedachten Oheim folgendes zur Last gelegt:

a. daß das Benehmen desselben während seiner Militärdienstzeit im Bienenwald
nicht tadelfrei gewesen,
b. daß derselbe sich seiner Schuldigkeit gemäß nicht an Ew. K. Hoheit angeschlossen
habe, als Höchstdieselben Kassel verlassen müssen.

Mein Oheim behauptet dagegen, daß sein Benehmen im Bienenwalde, sowie im
ganzen damaligen franz. Kriege nicht nur tadelfrei, sondern zu noch ganz besonderen
Ehre Höchstdero Waffen gewesen sei und kann solches, wenn es nöthig wäre, hinlänglich
erweisen; er findet zugleich Beweis für diese seine Ueberzeugung darin, daß er für sein
Benehmen in diesem Kriege, sowohl von Sr. Majestät dem Höchstseligen Könige von
Preußen, als von Ew. Königl. Hoheit mit dem Militärverdienstorden belohnt und nach-
dem er nach beendigtem Kriege es wider die Wünsche Ew. K. H. der Convenienz an-
gemessen gefunden, seinen Abschied zu nehmen, auch während dieser Zeit, die ihm
angebotenen Preußischen Dienste abgelehnt hatte, nur auf den dringendsten Wunsch
Ew. K. H. wieder in Allerhöchstdero Militärdienste zurückgetreten ist.

Was aber den ad b unterthänigst hier angeführten Umstand betrifft, so ist der-
selbe, auf Ew. K. H. eigenen höchsten Befehl dei dem Einrücken des Feindes, mit Rettung
der Gelder der Kriegskasse beschäftigt gewesen, hat von Höchstdenselben keinen Befehl
erhalten zu folgen
, ja er ist ohne alle weitere und nähere Ordre und Nachricht
von Ew. K. H. geblieben, von Seiten Höchstdero Minister ist ihm aufgetragen worden,
in seiner Stellung bei Ew. K. H. Kriegskollegio die Verpflegung der feindlichen Truppen
zum Vortheil des Landes zu leiten, wie ich dieses schon in meinem unterthänigsten
Schreiben vom .... näher angeführt habe; er hat erst dann Dienste in dem erloschenen
Königreich Westphalen genommen, nachdem dasselbe von allen Europäischen Mächten
anerkannt worden und seine persönliche Sicherheit dies nach seinen besondern Verhält-
nissen und nach seiner Ueberzeugung für den Augenblick nöthig machte.

Ew. K. H. geruhen in Ihrem gnädigsten Schreiben zu erwähnen, daß von
Höchstdenselben alles nicht anerkannt werde, was während der westphälischen Herrschaft
in Höchst Ihren Staaten in der Zeit von 7 Jahren geschehen ist und daß dieser
Grundsatz auch auf Höchstdero Diener Anwendung fände. Ew. K. H. bitte
ich unterthänigst mir die freimüthige Bemerkung zu erlauben, daß Höchstdero sämmt-
liche Unterthanen sehr glücklich zu preisen wären, wenn sie dasselbe von sich sagen könnten,
daß dieses besonders bei Höchstdero getreuen Dienern der Fall sein würde, wenn sie mit
Frau und Kindern in einen siebenjährigen Schlaf verfallen und auf diese Weise nur zu
neuen Dienstleistungen für Ew. K. H. erstarkt, unter den veränderten Verhältnissen
hätten wieder erwachen können.

49*

Motz an Kurfürſt Wilhelm I.
betreffend, unterm 14. d. M. zu beſcheiden, daß dieſer Forderung deſſelben: 1. alle
Rechtsgründe und 2. alle Billigkeitsgründe entgegenſtehen und ſolche daher nicht gewährt
werden könne.

Was die in Höchſtdero gnädigſtem Schreiben angeführten Rechtsgründe betrifft,
ſo halte ich es, der Ew. Königl. Hoheit ſchuldigen Devotion entgegen, meiner-
ſeits die Gerechtigkeit der fraglichen Forderung hier wiederholt auszuführen, bin viel-
mehr der gewiſſen Ueberzeugung, daß es, bei dieſer ſehr verſchiedenen Anſicht von den
obwaltenden Rechtsverhältniſſen, Höchſtdero Gerechtigkeitsliebe am meiſten entſprechen
würde, wenn dieſe Angelegenheit dem Beſchluſſe der, von den Allerhöchſten und
Höchſten Souverainen niedergeſetzten Commiſſion oder der Entſcheidung des
Bundestages nunmehr überlaſſen bleibt
.

Ew. K. H. werden es mir nicht verdenken, wenn mich Verwandtenliebe zu einem
ſehr würdigen Oheim beſtimmt, bei Ueberzeugung von der Gerechtigkeit dieſer Forderung,
deſſen Auftrage hierunter bereitwillig zu genügen. Was aber:

die dieſerhalb obwaltenden Billigkeitsgründe betrifft, ſo haben Ew. K. H. in Höchſt-
dero gnädigſten Zuſchrift meinem gedachten Oheim folgendes zur Laſt gelegt:

a. daß das Benehmen deſſelben während ſeiner Militärdienſtzeit im Bienenwald
nicht tadelfrei geweſen,
b. daß derſelbe ſich ſeiner Schuldigkeit gemäß nicht an Ew. K. Hoheit angeſchloſſen
habe, als Höchſtdieſelben Kaſſel verlaſſen müſſen.

Mein Oheim behauptet dagegen, daß ſein Benehmen im Bienenwalde, ſowie im
ganzen damaligen franz. Kriege nicht nur tadelfrei, ſondern zu noch ganz beſonderen
Ehre Höchſtdero Waffen geweſen ſei und kann ſolches, wenn es nöthig wäre, hinlänglich
erweiſen; er findet zugleich Beweis für dieſe ſeine Ueberzeugung darin, daß er für ſein
Benehmen in dieſem Kriege, ſowohl von Sr. Majeſtät dem Höchſtſeligen Könige von
Preußen, als von Ew. Königl. Hoheit mit dem Militärverdienſtorden belohnt und nach-
dem er nach beendigtem Kriege es wider die Wünſche Ew. K. H. der Convenienz an-
gemeſſen gefunden, ſeinen Abſchied zu nehmen, auch während dieſer Zeit, die ihm
angebotenen Preußiſchen Dienſte abgelehnt hatte, nur auf den dringendſten Wunſch
Ew. K. H. wieder in Allerhöchſtdero Militärdienſte zurückgetreten iſt.

Was aber den ad b unterthänigſt hier angeführten Umſtand betrifft, ſo iſt der-
ſelbe, auf Ew. K. H. eigenen höchſten Befehl dei dem Einrücken des Feindes, mit Rettung
der Gelder der Kriegskaſſe beſchäftigt geweſen, hat von Höchſtdenſelben keinen Befehl
erhalten zu folgen
, ja er iſt ohne alle weitere und nähere Ordre und Nachricht
von Ew. K. H. geblieben, von Seiten Höchſtdero Miniſter iſt ihm aufgetragen worden,
in ſeiner Stellung bei Ew. K. H. Kriegskollegio die Verpflegung der feindlichen Truppen
zum Vortheil des Landes zu leiten, wie ich dieſes ſchon in meinem unterthänigſten
Schreiben vom .... näher angeführt habe; er hat erſt dann Dienſte in dem erloſchenen
Königreich Weſtphalen genommen, nachdem daſſelbe von allen Europäiſchen Mächten
anerkannt worden und ſeine perſönliche Sicherheit dies nach ſeinen beſondern Verhält-
niſſen und nach ſeiner Ueberzeugung für den Augenblick nöthig machte.

Ew. K. H. geruhen in Ihrem gnädigſten Schreiben zu erwähnen, daß von
Höchſtdenſelben alles nicht anerkannt werde, was während der weſtphäliſchen Herrſchaft
in Höchſt Ihren Staaten in der Zeit von 7 Jahren geſchehen iſt und daß dieſer
Grundſatz auch auf Höchſtdero Diener Anwendung fände. Ew. K. H. bitte
ich unterthänigſt mir die freimüthige Bemerkung zu erlauben, daß Höchſtdero ſämmt-
liche Unterthanen ſehr glücklich zu preiſen wären, wenn ſie daſſelbe von ſich ſagen könnten,
daß dieſes beſonders bei Höchſtdero getreuen Dienern der Fall ſein würde, wenn ſie mit
Frau und Kindern in einen ſiebenjährigen Schlaf verfallen und auf dieſe Weiſe nur zu
neuen Dienſtleiſtungen für Ew. K. H. erſtarkt, unter den veränderten Verhältniſſen
hätten wieder erwachen können.

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[771/0787] Motz an Kurfürſt Wilhelm I. betreffend, unterm 14. d. M. zu beſcheiden, daß dieſer Forderung deſſelben: 1. alle Rechtsgründe und 2. alle Billigkeitsgründe entgegenſtehen und ſolche daher nicht gewährt werden könne. Was die in Höchſtdero gnädigſtem Schreiben angeführten Rechtsgründe betrifft, ſo halte ich es, der Ew. Königl. Hoheit ſchuldigen Devotion entgegen, meiner- ſeits die Gerechtigkeit der fraglichen Forderung hier wiederholt auszuführen, bin viel- mehr der gewiſſen Ueberzeugung, daß es, bei dieſer ſehr verſchiedenen Anſicht von den obwaltenden Rechtsverhältniſſen, Höchſtdero Gerechtigkeitsliebe am meiſten entſprechen würde, wenn dieſe Angelegenheit dem Beſchluſſe der, von den Allerhöchſten und Höchſten Souverainen niedergeſetzten Commiſſion oder der Entſcheidung des Bundestages nunmehr überlaſſen bleibt. Ew. K. H. werden es mir nicht verdenken, wenn mich Verwandtenliebe zu einem ſehr würdigen Oheim beſtimmt, bei Ueberzeugung von der Gerechtigkeit dieſer Forderung, deſſen Auftrage hierunter bereitwillig zu genügen. Was aber: die dieſerhalb obwaltenden Billigkeitsgründe betrifft, ſo haben Ew. K. H. in Höchſt- dero gnädigſten Zuſchrift meinem gedachten Oheim folgendes zur Laſt gelegt: a. daß das Benehmen deſſelben während ſeiner Militärdienſtzeit im Bienenwald nicht tadelfrei geweſen, b. daß derſelbe ſich ſeiner Schuldigkeit gemäß nicht an Ew. K. Hoheit angeſchloſſen habe, als Höchſtdieſelben Kaſſel verlaſſen müſſen. Mein Oheim behauptet dagegen, daß ſein Benehmen im Bienenwalde, ſowie im ganzen damaligen franz. Kriege nicht nur tadelfrei, ſondern zu noch ganz beſonderen Ehre Höchſtdero Waffen geweſen ſei und kann ſolches, wenn es nöthig wäre, hinlänglich erweiſen; er findet zugleich Beweis für dieſe ſeine Ueberzeugung darin, daß er für ſein Benehmen in dieſem Kriege, ſowohl von Sr. Majeſtät dem Höchſtſeligen Könige von Preußen, als von Ew. Königl. Hoheit mit dem Militärverdienſtorden belohnt und nach- dem er nach beendigtem Kriege es wider die Wünſche Ew. K. H. der Convenienz an- gemeſſen gefunden, ſeinen Abſchied zu nehmen, auch während dieſer Zeit, die ihm angebotenen Preußiſchen Dienſte abgelehnt hatte, nur auf den dringendſten Wunſch Ew. K. H. wieder in Allerhöchſtdero Militärdienſte zurückgetreten iſt. Was aber den ad b unterthänigſt hier angeführten Umſtand betrifft, ſo iſt der- ſelbe, auf Ew. K. H. eigenen höchſten Befehl dei dem Einrücken des Feindes, mit Rettung der Gelder der Kriegskaſſe beſchäftigt geweſen, hat von Höchſtdenſelben keinen Befehl erhalten zu folgen, ja er iſt ohne alle weitere und nähere Ordre und Nachricht von Ew. K. H. geblieben, von Seiten Höchſtdero Miniſter iſt ihm aufgetragen worden, in ſeiner Stellung bei Ew. K. H. Kriegskollegio die Verpflegung der feindlichen Truppen zum Vortheil des Landes zu leiten, wie ich dieſes ſchon in meinem unterthänigſten Schreiben vom .... näher angeführt habe; er hat erſt dann Dienſte in dem erloſchenen Königreich Weſtphalen genommen, nachdem daſſelbe von allen Europäiſchen Mächten anerkannt worden und ſeine perſönliche Sicherheit dies nach ſeinen beſondern Verhält- niſſen und nach ſeiner Ueberzeugung für den Augenblick nöthig machte. Ew. K. H. geruhen in Ihrem gnädigſten Schreiben zu erwähnen, daß von Höchſtdenſelben alles nicht anerkannt werde, was während der weſtphäliſchen Herrſchaft in Höchſt Ihren Staaten in der Zeit von 7 Jahren geſchehen iſt und daß dieſer Grundſatz auch auf Höchſtdero Diener Anwendung fände. Ew. K. H. bitte ich unterthänigſt mir die freimüthige Bemerkung zu erlauben, daß Höchſtdero ſämmt- liche Unterthanen ſehr glücklich zu preiſen wären, wenn ſie daſſelbe von ſich ſagen könnten, daß dieſes beſonders bei Höchſtdero getreuen Dienern der Fall ſein würde, wenn ſie mit Frau und Kindern in einen ſiebenjährigen Schlaf verfallen und auf dieſe Weiſe nur zu neuen Dienſtleiſtungen für Ew. K. H. erſtarkt, unter den veränderten Verhältniſſen hätten wieder erwachen können. 49*

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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/787>, abgerufen am 23.04.2024.