Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

Vermächtniß.

Ein Sänger in den frommen Rittertagen,
Ein kühner Streiter in dem heil'gen Lande,
Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande,
Doch konnt' er dies noch seinem Diener sagen:
"Verschleuß mein Herz, wann es nun ausgeschlagen,
In jener Urne, die vom Heimathstrande
Ich hergebracht mit manchem Liebespfande!
Drin sollt du es zu meiner Herrin tragen!" --
So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert,
Verblute, fern von dir, in Liebesschmerzen,
Schon decket meine Wangen Todesblässe.
Wann deinen Sänger Grabesnacht umschleiert,
Empfange du das treuste aller Herzen
In des Sonettes goldenem Gefässe!


Uhlands Gedichte. 7

Vermächtniß.

Ein Sänger in den frommen Rittertagen,
Ein kühner Streiter in dem heil’gen Lande,
Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande,
Doch konnt’ er dies noch ſeinem Diener ſagen:
„Verſchleuß mein Herz, wann es nun ausgeſchlagen,
In jener Urne, die vom Heimathſtrande
Ich hergebracht mit manchem Liebespfande!
Drin ſollt du es zu meiner Herrin tragen!“ —
So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert,
Verblute, fern von dir, in Liebesſchmerzen,
Schon decket meine Wangen Todesbläſſe.
Wann deinen Sänger Grabesnacht umſchleiert,
Empfange du das treuſte aller Herzen
In des Sonettes goldenem Gefäſſe!


Uhlands Gedichte. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0103" n="[97]"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Vermächtniß</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein Sänger in den frommen Rittertagen,</l><lb/>
              <l>Ein kühner Streiter in dem heil&#x2019;gen Lande,</l><lb/>
              <l>Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande,</l><lb/>
              <l>Doch konnt&#x2019; er dies noch &#x017F;einem Diener &#x017F;agen:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>&#x201E;Ver&#x017F;chleuß mein Herz, wann es nun ausge&#x017F;chlagen,</l><lb/>
              <l>In jener Urne, die vom Heimath&#x017F;trande</l><lb/>
              <l>Ich hergebracht mit manchem Liebespfande!</l><lb/>
              <l>Drin &#x017F;ollt du es zu meiner Herrin tragen!&#x201C; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert,</l><lb/>
              <l>Verblute, fern von dir, in Liebes&#x017F;chmerzen,</l><lb/>
              <l>Schon decket meine Wangen Todesblä&#x017F;&#x017F;e.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wann deinen Sänger Grabesnacht um&#x017F;chleiert,</l><lb/>
              <l>Empfange du das treu&#x017F;te aller Herzen</l><lb/>
              <l>In des Sonettes goldenem Gefä&#x017F;&#x017F;e!</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">Uhlands Gedichte. 7</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[97]/0103] Vermächtniß. Ein Sänger in den frommen Rittertagen, Ein kühner Streiter in dem heil’gen Lande, Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande, Doch konnt’ er dies noch ſeinem Diener ſagen: „Verſchleuß mein Herz, wann es nun ausgeſchlagen, In jener Urne, die vom Heimathſtrande Ich hergebracht mit manchem Liebespfande! Drin ſollt du es zu meiner Herrin tragen!“ — So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert, Verblute, fern von dir, in Liebesſchmerzen, Schon decket meine Wangen Todesbläſſe. Wann deinen Sänger Grabesnacht umſchleiert, Empfange du das treuſte aller Herzen In des Sonettes goldenem Gefäſſe! Uhlands Gedichte. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/103
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. [97]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/103>, abgerufen am 19.04.2024.