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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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Die Bekehrung zum Sonett.

Der du noch jüngst von deinem krit'schen Stuhle
Uns arme Sonettisten abgehudelt,
Der du von Gift und Galle recht gesprudelt
Und uns verflucht zum tiefsten Höllenpfuhle:
Du reines Hermelin der alten Schule,
Wie hast du nun dein weisses Fell besudelt!
Ja! ein Sonettlein hast du selbst gedudelt,
Ein schnalzend Seufzerlein an deine Buhle.
Hast du die selbstgesteckten Warnungszeichen,
Hast du, was halb mit Spott und halb mit Knirschen
Altmeister Voß gepredigt, all vergessen?
Fürwahr! du bist dem Lehrer zu vergleichen,
Der seinen Zögling ob gestohlnen Kirschen
Ausschalt und scheltend selber sie gefressen.

Die Bekehrung zum Sonett.

Der du noch jüngſt von deinem krit’ſchen Stuhle
Uns arme Sonettiſten abgehudelt,
Der du von Gift und Galle recht geſprudelt
Und uns verflucht zum tiefſten Höllenpfuhle:
Du reines Hermelin der alten Schule,
Wie haſt du nun dein weiſſes Fell beſudelt!
Ja! ein Sonettlein haſt du ſelbſt gedudelt,
Ein ſchnalzend Seufzerlein an deine Buhle.
Haſt du die ſelbſtgeſteckten Warnungszeichen,
Haſt du, was halb mit Spott und halb mit Knirſchen
Altmeiſter Voß gepredigt, all vergeſſen?
Fürwahr! du biſt dem Lehrer zu vergleichen,
Der ſeinen Zögling ob geſtohlnen Kirſchen
Ausſchalt und ſcheltend ſelber ſie gefreſſen.

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[115/0121] Die Bekehrung zum Sonett. Der du noch jüngſt von deinem krit’ſchen Stuhle Uns arme Sonettiſten abgehudelt, Der du von Gift und Galle recht geſprudelt Und uns verflucht zum tiefſten Höllenpfuhle: Du reines Hermelin der alten Schule, Wie haſt du nun dein weiſſes Fell beſudelt! Ja! ein Sonettlein haſt du ſelbſt gedudelt, Ein ſchnalzend Seufzerlein an deine Buhle. Haſt du die ſelbſtgeſteckten Warnungszeichen, Haſt du, was halb mit Spott und halb mit Knirſchen Altmeiſter Voß gepredigt, all vergeſſen? Fürwahr! du biſt dem Lehrer zu vergleichen, Der ſeinen Zögling ob geſtohlnen Kirſchen Ausſchalt und ſcheltend ſelber ſie gefreſſen.

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/121>, abgerufen am 25.04.2024.