Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Rosenkranz.

In des Maies holden Tagen,
In der Aue Blumenglanz,
Edle Knappen fechten, jagen
Um den werthen Rosenkranz.
Wollen nicht mit leichtem Finger
Blumen pflücken auf dem Plan,
Wollen sie, als wackre Ringer,
Aus der Jungfrau Hand empfahn.
In der Laube sitzt die Stille,
Die mit Staunen Jeder sieht,
Die in solcher Jugendfülle
Heut zum ersten Male blüht.
Volle Rosenzweig' umwanken,
Als ein Schattenhut, ihr Haupt;
Reben mit den Blüthenranken
Halten ihren Leib umlaubt.
Sieh! im Eisenkleid ein Reiter
Zieht auf krankem Roß daher,
Senkt die Lanz', als müder Streiter,
Neigt das Haupt, wie schlummerschwer.
Dürre Wangen, graue Locken;
Seiner Hand entfiel der Zaum.
Plötzlich fährt er auf, erschrocken,
Wie erwacht aus bangem Traum.
Der Roſenkranz.

In des Maies holden Tagen,
In der Aue Blumenglanz,
Edle Knappen fechten, jagen
Um den werthen Roſenkranz.
Wollen nicht mit leichtem Finger
Blumen pflücken auf dem Plan,
Wollen ſie, als wackre Ringer,
Aus der Jungfrau Hand empfahn.
In der Laube ſitzt die Stille,
Die mit Staunen Jeder ſieht,
Die in ſolcher Jugendfülle
Heut zum erſten Male blüht.
Volle Roſenzweig’ umwanken,
Als ein Schattenhut, ihr Haupt;
Reben mit den Blüthenranken
Halten ihren Leib umlaubt.
Sieh! im Eiſenkleid ein Reiter
Zieht auf krankem Roß daher,
Senkt die Lanz’, als müder Streiter,
Neigt das Haupt, wie ſchlummerſchwer.
Dürre Wangen, graue Locken;
Seiner Hand entfiel der Zaum.
Plötzlich fährt er auf, erſchrocken,
Wie erwacht aus bangem Traum.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0226" n="220"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Der Ro&#x017F;enkranz</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>In des Maies holden Tagen,</l><lb/>
              <l>In der Aue Blumenglanz,</l><lb/>
              <l>Edle Knappen fechten, jagen</l><lb/>
              <l>Um den werthen Ro&#x017F;enkranz.</l><lb/>
              <l>Wollen nicht mit leichtem Finger</l><lb/>
              <l>Blumen pflücken auf dem Plan,</l><lb/>
              <l>Wollen &#x017F;ie, als wackre Ringer,</l><lb/>
              <l>Aus der Jungfrau Hand empfahn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>In der Laube &#x017F;itzt die Stille,</l><lb/>
              <l>Die mit Staunen Jeder &#x017F;ieht,</l><lb/>
              <l>Die in &#x017F;olcher Jugendfülle</l><lb/>
              <l>Heut zum er&#x017F;ten Male blüht.</l><lb/>
              <l>Volle Ro&#x017F;enzweig&#x2019; umwanken,</l><lb/>
              <l>Als ein Schattenhut, ihr Haupt;</l><lb/>
              <l>Reben mit den Blüthenranken</l><lb/>
              <l>Halten ihren Leib umlaubt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sieh! im Ei&#x017F;enkleid ein Reiter</l><lb/>
              <l>Zieht auf krankem Roß daher,</l><lb/>
              <l>Senkt die Lanz&#x2019;, als müder Streiter,</l><lb/>
              <l>Neigt das Haupt, wie &#x017F;chlummer&#x017F;chwer.</l><lb/>
              <l>Dürre Wangen, graue Locken;</l><lb/>
              <l>Seiner Hand entfiel der Zaum.</l><lb/>
              <l>Plötzlich fährt er auf, er&#x017F;chrocken,</l><lb/>
              <l>Wie erwacht aus bangem Traum.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0226] Der Roſenkranz. In des Maies holden Tagen, In der Aue Blumenglanz, Edle Knappen fechten, jagen Um den werthen Roſenkranz. Wollen nicht mit leichtem Finger Blumen pflücken auf dem Plan, Wollen ſie, als wackre Ringer, Aus der Jungfrau Hand empfahn. In der Laube ſitzt die Stille, Die mit Staunen Jeder ſieht, Die in ſolcher Jugendfülle Heut zum erſten Male blüht. Volle Roſenzweig’ umwanken, Als ein Schattenhut, ihr Haupt; Reben mit den Blüthenranken Halten ihren Leib umlaubt. Sieh! im Eiſenkleid ein Reiter Zieht auf krankem Roß daher, Senkt die Lanz’, als müder Streiter, Neigt das Haupt, wie ſchlummerſchwer. Dürre Wangen, graue Locken; Seiner Hand entfiel der Zaum. Plötzlich fährt er auf, erſchrocken, Wie erwacht aus bangem Traum.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/226
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/226>, abgerufen am 29.03.2024.