Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Unstern.
Unstern, diesem guten Jungen,
Hat es seltsam sich geschickt,
Manches wär' ihm fast gelungen,
Manches wär' ihm schier geglückt.
Alle Glückesstern' im Bunde
Hätten weihend ihm gelacht,
Wenn die Mutter eine Stunde
Früher ihn zur Welt gebracht.
Waffenruhm und Heldenehre
Hätten zeitig ihm geblüht,
War doch in dem ganzen Heere
Keiner so von Muth erglüht:
Nur als schon in wilden Wogen
Seine Schaar zum Sturme drang,
Kam ein Bote hergeflogen,
Der die Friedensfahne schwang.
Nah ist Unsterns Hochzeitfeier,
Hold und sittig glüht die Braut;
Sieh! da kömmt ein reichrer Freier,
Der die Eltern baß erbaut.
Dennoch hätte die Geraubte
Ihn als Wittwe noch beglückt,
Wäre nicht der Todtgeglaubte
Plötzlich wieder angerückt.
Unſtern.
Unſtern, dieſem guten Jungen,
Hat es ſeltſam ſich geſchickt,
Manches wär’ ihm faſt gelungen,
Manches wär’ ihm ſchier geglückt.
Alle Glückesſtern’ im Bunde
Hätten weihend ihm gelacht,
Wenn die Mutter eine Stunde
Früher ihn zur Welt gebracht.
Waffenruhm und Heldenehre
Hätten zeitig ihm geblüht,
War doch in dem ganzen Heere
Keiner ſo von Muth erglüht:
Nur als ſchon in wilden Wogen
Seine Schaar zum Sturme drang,
Kam ein Bote hergeflogen,
Der die Friedensfahne ſchwang.
Nah iſt Unſterns Hochzeitfeier,
Hold und ſittig glüht die Braut;
Sieh! da kömmt ein reichrer Freier,
Der die Eltern baß erbaut.
Dennoch hätte die Geraubte
Ihn als Wittwe noch beglückt,
Wäre nicht der Todtgeglaubte
Plötzlich wieder angerückt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0262" n="256"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Un&#x017F;tern</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Un&#x017F;tern, die&#x017F;em guten Jungen,</l><lb/>
              <l>Hat es &#x017F;elt&#x017F;am &#x017F;ich ge&#x017F;chickt,</l><lb/>
              <l>Manches wär&#x2019; ihm fa&#x017F;t gelungen,</l><lb/>
              <l>Manches wär&#x2019; ihm &#x017F;chier geglückt.</l><lb/>
              <l>Alle Glückes&#x017F;tern&#x2019; im Bunde</l><lb/>
              <l>Hätten weihend ihm gelacht,</l><lb/>
              <l>Wenn die Mutter eine Stunde</l><lb/>
              <l>Früher ihn zur Welt gebracht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Waffenruhm und Heldenehre</l><lb/>
              <l>Hätten zeitig ihm geblüht,</l><lb/>
              <l>War doch in dem ganzen Heere</l><lb/>
              <l>Keiner &#x017F;o von Muth erglüht:</l><lb/>
              <l>Nur als &#x017F;chon in wilden Wogen</l><lb/>
              <l>Seine Schaar zum Sturme drang,</l><lb/>
              <l>Kam ein Bote hergeflogen,</l><lb/>
              <l>Der die Friedensfahne &#x017F;chwang.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Nah i&#x017F;t Un&#x017F;terns Hochzeitfeier,</l><lb/>
              <l>Hold und &#x017F;ittig glüht die Braut;</l><lb/>
              <l>Sieh! da kömmt ein reichrer Freier,</l><lb/>
              <l>Der die Eltern baß erbaut.</l><lb/>
              <l>Dennoch hätte die Geraubte</l><lb/>
              <l>Ihn als Wittwe noch beglückt,</l><lb/>
              <l>Wäre nicht der Todtgeglaubte</l><lb/>
              <l>Plötzlich wieder angerückt.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0262] Unſtern. Unſtern, dieſem guten Jungen, Hat es ſeltſam ſich geſchickt, Manches wär’ ihm faſt gelungen, Manches wär’ ihm ſchier geglückt. Alle Glückesſtern’ im Bunde Hätten weihend ihm gelacht, Wenn die Mutter eine Stunde Früher ihn zur Welt gebracht. Waffenruhm und Heldenehre Hätten zeitig ihm geblüht, War doch in dem ganzen Heere Keiner ſo von Muth erglüht: Nur als ſchon in wilden Wogen Seine Schaar zum Sturme drang, Kam ein Bote hergeflogen, Der die Friedensfahne ſchwang. Nah iſt Unſterns Hochzeitfeier, Hold und ſittig glüht die Braut; Sieh! da kömmt ein reichrer Freier, Der die Eltern baß erbaut. Dennoch hätte die Geraubte Ihn als Wittwe noch beglückt, Wäre nicht der Todtgeglaubte Plötzlich wieder angerückt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/262
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/262>, abgerufen am 19.04.2024.