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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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Gesang der Nonnen.

Erhebet euch mit heil'gem Triebe,
Ihr frommen Schwestern, himmelan,
Und schwebt auf blüh'nder Wolkenbahn!
Da leuchtet uns die reinste Sonne,
Da singen wir in Frühlingswonne
Ein Lied von dir, du ew'ge Liebe!
Ob welken alle zarte Blüthen
Von dem Genuß der ird'schen Glut:
Du bist ein ewig Jugendblut
Und unsrer Busen stäte Fülle,
Die ew'ge Flamme, die wir stille
Am Altar und im Herzen hüten.
Du stiegest nieder, ew'ge Güte,
Du lagst, ein lächelnd Himmelskind,
Im Arm der Jungfrau, süß und lind;
Sie durft' aus deinen hellen Augen
Den Glanz der Himmel in sich saugen,
Bis sie die Glorie umglühte.
Du hast mit göttlichem Erbarmen
Am Kreuz die Arme ausgespannt.
Da ruft der Sturm, da dröhnt das Land:
Kommt her, kommt her von allen Orten!
Ihr Todte, sprengt des Grabes Pforten!
Er nimmt euch auf mit offnen Armen.
Geſang der Nonnen.

Erhebet euch mit heil’gem Triebe,
Ihr frommen Schweſtern, himmelan,
Und ſchwebt auf blüh’nder Wolkenbahn!
Da leuchtet uns die reinſte Sonne,
Da ſingen wir in Frühlingswonne
Ein Lied von dir, du ew’ge Liebe!
Ob welken alle zarte Blüthen
Von dem Genuß der ird’ſchen Glut:
Du biſt ein ewig Jugendblut
Und unſrer Buſen ſtäte Fülle,
Die ew’ge Flamme, die wir ſtille
Am Altar und im Herzen hüten.
Du ſtiegeſt nieder, ew’ge Güte,
Du lagſt, ein lächelnd Himmelskind,
Im Arm der Jungfrau, ſüß und lind;
Sie durft’ aus deinen hellen Augen
Den Glanz der Himmel in ſich ſaugen,
Bis ſie die Glorie umglühte.
Du haſt mit göttlichem Erbarmen
Am Kreuz die Arme ausgeſpannt.
Da ruft der Sturm, da dröhnt das Land:
Kommt her, kommt her von allen Orten!
Ihr Todte, ſprengt des Grabes Pforten!
Er nimmt euch auf mit offnen Armen.
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[31/0037] Geſang der Nonnen. Erhebet euch mit heil’gem Triebe, Ihr frommen Schweſtern, himmelan, Und ſchwebt auf blüh’nder Wolkenbahn! Da leuchtet uns die reinſte Sonne, Da ſingen wir in Frühlingswonne Ein Lied von dir, du ew’ge Liebe! Ob welken alle zarte Blüthen Von dem Genuß der ird’ſchen Glut: Du biſt ein ewig Jugendblut Und unſrer Buſen ſtäte Fülle, Die ew’ge Flamme, die wir ſtille Am Altar und im Herzen hüten. Du ſtiegeſt nieder, ew’ge Güte, Du lagſt, ein lächelnd Himmelskind, Im Arm der Jungfrau, ſüß und lind; Sie durft’ aus deinen hellen Augen Den Glanz der Himmel in ſich ſaugen, Bis ſie die Glorie umglühte. Du haſt mit göttlichem Erbarmen Am Kreuz die Arme ausgeſpannt. Da ruft der Sturm, da dröhnt das Land: Kommt her, kommt her von allen Orten! Ihr Todte, ſprengt des Grabes Pforten! Er nimmt euch auf mit offnen Armen.

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/37>, abgerufen am 25.04.2024.