Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite
Das II. Capitul

Dieses ist falsch:

Einschencke mir das Glaß,
Mein Halß ist nicht mehr naß.
II. Jn den Pronominibus Possessivis: Mein, Dein,
Sein, Unser, Euer. Denn diese werden nicht al-
lemahl an den rechten Ort gesetzet, sondern stehen
bisweilen hinter dem Substantivo, da sie doth vor
demselben stehen solten. z. e.

Dieses ist recht:

So lang' ich dieses weiß; GOtt will mein Vater seyn,
So stellet sich bey mir nichts als Vergnügung ein.

Dieses ist falsch:

Ey! was solt ich traurig seyn?
Jst doch GOtt der Vater mein.
III. Jn den Particulis Connectendi: Eine andere Ord-
nung verursachet das Wörtgen denn, eine andere
das Wort weil etc. Dannenhero muß leiner diese
Wörtgen wohl zu vertauschen wissen. z. E.

Dieses ist recht:

Der Zorn erwecket Schmertzen,
Denn er verletzt die Hertzen.

Dieses ist falsch:

Weil er verletzt die Hertzen.

Mit einem Worte: Wer eine gute Construction
in seinen Versen beobachten will, der muß wohl va-
rii
ren können, nach der Grammatic, Rhetoric und Lo-
gic
(wovon in der Oratorie gehandelt wird) vornehm-
lich aber nach der Rhetoric, da er durch eine kleine Fi-
gur alle unteutsche Construction wird vermeiden kön-
nen. z. e.

Die-
Das II. Capitul

Dieſes iſt falſch:

Einſchencke mir das Glaß,
Mein Halß iſt nicht mehr naß.
II. Jn den Pronominibus Poſſeſſivis: Mein, Dein,
Sein, Unſer, Euer. Denn dieſe werden nicht al-
lemahl an den rechten Ort geſetzet, ſondern ſtehen
bisweilen hinter dem Subſtantivo, da ſie doth vor
demſelben ſtehen ſolten. z. e.

Dieſes iſt recht:

So lang’ ich dieſes weiß; GOtt will mein Vater ſeyn,
So ſtellet ſich bey mir nichts als Vergnuͤgung ein.

Dieſes iſt falſch:

Ey! was ſolt ich traurig ſeyn?
Jſt doch GOtt der Vater mein.
III. Jn den Particulis Connectendi: Eine andere Ord-
nung verurſachet das Woͤrtgen denn, eine andere
das Wort weil ꝛc. Dannenhero muß leiner dieſe
Woͤrtgen wohl zu vertauſchen wiſſen. z. E.

Dieſes iſt recht:

Der Zorn erwecket Schmertzen,
Denn er verletzt die Hertzen.

Dieſes iſt falſch:

Weil er verletzt die Hertzen.

Mit einem Worte: Wer eine gute Conſtruction
in ſeinen Verſen beobachten will, der muß wohl va-
rii
ren koͤnnen, nach der Grammatic, Rhetoric und Lo-
gic
(wovon in der Oratorie gehandelt wird) vornehm-
lich aber nach der Rhetoric, da er durch eine kleine Fi-
gur alle unteutſche Conſtruction wird vermeiden koͤn-
nen. z. e.

Die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0034" n="30"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">II.</hi> Capitul</hi> </fw><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t fal&#x017F;ch:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#fr">Ein&#x017F;chencke</hi> mir das Glaß,</l><lb/>
            <l>Mein Halß i&#x017F;t nicht mehr naß.</l>
          </lg><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">II.</hi> Jn den <hi rendition="#aq">Pronominibus Po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ivis:</hi> Mein, Dein,<lb/>
Sein, Un&#x017F;er, Euer. Denn die&#x017F;e werden nicht al-<lb/>
lemahl an den rechten Ort ge&#x017F;etzet, &#x017F;ondern &#x017F;tehen<lb/>
bisweilen hinter dem <hi rendition="#aq">Sub&#x017F;tantivo,</hi> da &#x017F;ie doth vor<lb/>
dem&#x017F;elben &#x017F;tehen &#x017F;olten. z. e.</item>
          </list><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t recht:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>So lang&#x2019; ich die&#x017F;es weiß; GOtt will <hi rendition="#fr">mein Vater &#x017F;eyn,</hi></l><lb/>
            <l>So &#x017F;tellet &#x017F;ich bey mir nichts als Vergnu&#x0364;gung ein.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t fal&#x017F;ch:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Ey! was &#x017F;olt ich traurig &#x017F;eyn?</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t doch GOtt der <hi rendition="#fr">Vater mein.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">III.</hi> Jn den <hi rendition="#aq">Particulis Connectendi:</hi> Eine andere Ord-<lb/>
nung verur&#x017F;achet das Wo&#x0364;rtgen <hi rendition="#fr">denn,</hi> eine andere<lb/>
das Wort <hi rendition="#fr">weil</hi> &#xA75B;c. Dannenhero muß leiner die&#x017F;e<lb/>
Wo&#x0364;rtgen wohl zu vertau&#x017F;chen wi&#x017F;&#x017F;en. z. E.</item>
          </list><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t recht:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der Zorn erwecket Schmertzen,</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Denn er verletzt</hi> die Hertzen.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t fal&#x017F;ch:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Weil er <hi rendition="#fr">verletzt</hi> die Hertzen.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Mit einem Worte: Wer eine gute <hi rendition="#aq">Con&#x017F;truction</hi><lb/>
in &#x017F;einen Ver&#x017F;en beobachten will, der muß wohl <hi rendition="#aq">va-<lb/>
rii</hi>ren ko&#x0364;nnen, nach der <hi rendition="#aq">Grammatic, Rhetoric</hi> und <hi rendition="#aq">Lo-<lb/>
gic</hi> (wovon in der <hi rendition="#aq">Oratorie</hi> gehandelt wird) vornehm-<lb/>
lich aber nach der <hi rendition="#aq">Rhetoric,</hi> da er durch eine kleine Fi-<lb/>
gur alle unteut&#x017F;che <hi rendition="#aq">Con&#x017F;truction</hi> wird vermeiden ko&#x0364;n-<lb/>
nen. z. e.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0034] Das II. Capitul Dieſes iſt falſch: Einſchencke mir das Glaß, Mein Halß iſt nicht mehr naß. II. Jn den Pronominibus Poſſeſſivis: Mein, Dein, Sein, Unſer, Euer. Denn dieſe werden nicht al- lemahl an den rechten Ort geſetzet, ſondern ſtehen bisweilen hinter dem Subſtantivo, da ſie doth vor demſelben ſtehen ſolten. z. e. Dieſes iſt recht: So lang’ ich dieſes weiß; GOtt will mein Vater ſeyn, So ſtellet ſich bey mir nichts als Vergnuͤgung ein. Dieſes iſt falſch: Ey! was ſolt ich traurig ſeyn? Jſt doch GOtt der Vater mein. III. Jn den Particulis Connectendi: Eine andere Ord- nung verurſachet das Woͤrtgen denn, eine andere das Wort weil ꝛc. Dannenhero muß leiner dieſe Woͤrtgen wohl zu vertauſchen wiſſen. z. E. Dieſes iſt recht: Der Zorn erwecket Schmertzen, Denn er verletzt die Hertzen. Dieſes iſt falſch: Weil er verletzt die Hertzen. Mit einem Worte: Wer eine gute Conſtruction in ſeinen Verſen beobachten will, der muß wohl va- riiren koͤnnen, nach der Grammatic, Rhetoric und Lo- gic (wovon in der Oratorie gehandelt wird) vornehm- lich aber nach der Rhetoric, da er durch eine kleine Fi- gur alle unteutſche Conſtruction wird vermeiden koͤn- nen. z. e. Die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/34
Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/34>, abgerufen am 28.03.2024.