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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
auch nicht-natürlich seyn/ als wann wir
Begierde und Verlangen zu Ehr und zu
Reichthum haben.

Von der Gerechtigkeit.

DJe Gerechtigkeit kan man die Köni-
gin der Tugenden nennen/ weil sie
warhafftig die andern alle in sich begreifft/
und weil noch darzu die meisten von den
Tugenden unnöthig seyn würden/ wann
jederman sich beflisse/ all sein Thun nach
dieser genau anzustellen. Gewiß/ wie sie
einem jedweden geben läst was ihm zu-
kommt/ würden wir nicht warhafftig die
rechte Gottes furcht haben/ wann wir Gott
geben/ was wir ihm zugeben schuldig seyn?
würden wir nicht auch treue Unterthanen
seyn/ wann wir dem Käyser/ ich meine/ un-
serm Obern/ geben was ihm zukommt?
wir würden weder Krieg noch Processe
zufürchten haben/ wann wir andern Leuten
nicht thäten/ als was wir wolten daß sie
uns wieder thäten. Und weil das Paradiß
das Reich der Gerechten genennet wird/
was würde es vor eine Lust in dieser Welt
seyn/ wann die Gerechtigkeit als eine un-

umb-
B 2

Welt-Mann.
auch nicht-natuͤrlich ſeyn/ als wann wir
Begierde und Verlangen zu Ehr und zu
Reichthum haben.

Von der Gerechtigkeit.

DJe Gerechtigkeit kan man die Koͤni-
gin der Tugenden nennen/ weil ſie
warhafftig die andern alle in ſich begreifft/
und weil noch darzu die meiſten von den
Tugenden unnoͤthig ſeyn wuͤrden/ wann
jederman ſich befliſſe/ all ſein Thun nach
dieſer genau anzuſtellen. Gewiß/ wie ſie
einem jedweden geben laͤſt was ihm zu-
kommt/ wuͤrden wir nicht warhafftig die
rechte Gottes furcht haben/ wann wir Gott
geben/ was wir ihm zugeben ſchuldig ſeyn?
wuͤrden wir nicht auch treue Unterthanen
ſeyn/ wann wir dem Kaͤyſer/ ich meine/ un-
ſerm Obern/ geben was ihm zukommt?
wir wuͤrden weder Krieg noch Proceſſe
zufuͤrchten haben/ wann wir andern Leuten
nicht thaͤten/ als was wir wolten daß ſie
uns wieder thaͤten. Und weil das Paradiß
das Reich der Gerechten genennet wird/
was wuͤrde es vor eine Luſt in dieſer Welt
ſeyn/ wann die Gerechtigkeit als eine un-

umb-
B 2
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[27/0043] Welt-Mann. auch nicht-natuͤrlich ſeyn/ als wann wir Begierde und Verlangen zu Ehr und zu Reichthum haben. Von der Gerechtigkeit. DJe Gerechtigkeit kan man die Koͤni- gin der Tugenden nennen/ weil ſie warhafftig die andern alle in ſich begreifft/ und weil noch darzu die meiſten von den Tugenden unnoͤthig ſeyn wuͤrden/ wann jederman ſich befliſſe/ all ſein Thun nach dieſer genau anzuſtellen. Gewiß/ wie ſie einem jedweden geben laͤſt was ihm zu- kommt/ wuͤrden wir nicht warhafftig die rechte Gottes furcht haben/ wann wir Gott geben/ was wir ihm zugeben ſchuldig ſeyn? wuͤrden wir nicht auch treue Unterthanen ſeyn/ wann wir dem Kaͤyſer/ ich meine/ un- ſerm Obern/ geben was ihm zukommt? wir wuͤrden weder Krieg noch Proceſſe zufuͤrchten haben/ wann wir andern Leuten nicht thaͤten/ als was wir wolten daß ſie uns wieder thaͤten. Und weil das Paradiß das Reich der Gerechten genennet wird/ was wuͤrde es vor eine Luſt in dieſer Welt ſeyn/ wann die Gerechtigkeit als eine un- umb- B 2

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/43>, abgerufen am 28.03.2024.