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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Der vollkommene
Verdruß/ so wir bey uns empfinden wer-
den/ wornach wir werden gehandelt haben/
wird uns anspornen/ es den andern Tag
besser zumachen/ und also werden wir end-
lich einen Feind/ der umb soviel desto gefähr-
licher ist/ weil wir ihn selbsten in unserm
Eingeweyde mit uns herumb tragen/ glück-
lich überwinden. Allein last sehen/ ob wir
nicht sonderbare Mittel vor die sonderba-
ren Bewegungen/ davon wir handeln
wollen/ außspüren können.

Von der Liebe.

ES zweiffelt niemand/ wie bereits ge-
dacht/ daß die Liebe nicht solte die aller-
natürlichste und die allergewöhnlichste Ge-
müths-Bewegung seyn. Etliche Philosophi
gehen wohl noch weiter/ und versichern/
daß sonst keine Gemüths-Bewegung mehr
sey als sie allein. Sie sagen/ daß sie bald die-
sen/ bald jenen Namen annehme/ wornach
die Dinge sind/ die sie erregen; daß wir nichts
verlangen/ als was wir lieben. Daß der Ehr-
geitz nichts anders als eine Hoheiten- und Eh-
ren-Liebe sey/ wie der Geld-Geitz eine Geld-
Liebe ist. Ja daß wir auch das/ so uns scha-
den kan/ auß keiner andern Ursache hassen/

als

Der vollkommene
Verdruß/ ſo wir bey uns empfinden wer-
den/ wornach wir werden gehandelt haben/
wird uns anſpornen/ es den andern Tag
beſſer zumachen/ und alſo werden wir end-
lich einẽ Feind/ der umb ſoviel deſto gefaͤhr-
licher iſt/ weil wir ihn ſelbſten in unſerm
Eingeweyde mit uns herumb tragen/ gluͤck-
lich uͤberwinden. Allein laſt ſehen/ ob wir
nicht ſonderbare Mittel vor die ſonderba-
ren Bewegungen/ davon wir handeln
wollen/ außſpuͤren koͤnnen.

Von der Liebe.

ES zweiffelt niemand/ wie bereits ge-
dacht/ daß die Liebe nicht ſolte die aller-
natuͤrlichſte und die allergewoͤhnlichſte Ge-
muͤths-Bewegung ſeyn. Etliche Philoſophi
gehen wohl noch weiter/ und verſichern/
daß ſonſt keine Gemuͤths-Bewegung mehr
ſey als ſie allein. Sie ſagen/ daß ſie bald die-
ſen/ bald jenen Namen annehme/ wornach
die Dinge ſind/ die ſie erregẽ; daß wir nichts
verlangẽ/ als was wir lieben. Daß der Ehr-
geitz nichts andeꝛs als eine Hoheitẽ- und Eh-
ren-Liebe ſey/ wie der Geld-Geitz eine Geld-
Liebe iſt. Ja daß wir auch das/ ſo uns ſcha-
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[44/0060] Der vollkommene Verdruß/ ſo wir bey uns empfinden wer- den/ wornach wir werden gehandelt haben/ wird uns anſpornen/ es den andern Tag beſſer zumachen/ und alſo werden wir end- lich einẽ Feind/ der umb ſoviel deſto gefaͤhr- licher iſt/ weil wir ihn ſelbſten in unſerm Eingeweyde mit uns herumb tragen/ gluͤck- lich uͤberwinden. Allein laſt ſehen/ ob wir nicht ſonderbare Mittel vor die ſonderba- ren Bewegungen/ davon wir handeln wollen/ außſpuͤren koͤnnen. Von der Liebe. ES zweiffelt niemand/ wie bereits ge- dacht/ daß die Liebe nicht ſolte die aller- natuͤrlichſte und die allergewoͤhnlichſte Ge- muͤths-Bewegung ſeyn. Etliche Philoſophi gehen wohl noch weiter/ und verſichern/ daß ſonſt keine Gemuͤths-Bewegung mehr ſey als ſie allein. Sie ſagen/ daß ſie bald die- ſen/ bald jenen Namen annehme/ wornach die Dinge ſind/ die ſie erregẽ; daß wir nichts verlangẽ/ als was wir lieben. Daß der Ehr- geitz nichts andeꝛs als eine Hoheitẽ- und Eh- ren-Liebe ſey/ wie der Geld-Geitz eine Geld- Liebe iſt. Ja daß wir auch das/ ſo uns ſcha- den kan/ auß keiner andern Urſache haſſen/ als

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/60>, abgerufen am 28.03.2024.