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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Der vollkommene
so daß wir zu beyden Enden niemals nach-
lassen.

Von der Freude.

DJese Passion wird von der Geniessung
deß Guten herfürgebracht/ sie ist
gleichsam der Zweck/ wornach die andern
alle zielen/ und wo sie gantz anmuthig auß-
ruhen. Gleichwohl müssen wir sagen/ daß
sie uns offt schädlich ist/ ja noch schädlicher
als die Traurigkeit. Jch führe dem Leibe
sein Wort nicht/ wegen der Außdehnung
deß Hertzens/ und der Zerstreuung der
Geister/ welches beydes gemeiniglich von
der Freude verursachet wird: sondern ich
sage kühnlich/ daß das Wohlergehen uns
ein grösserer Anstoß ist zu Leitung unsers Le-
bens als die Widerwärtigkeit. Jch wil mein
Gutdüncken mit einer weit und breit ange-
nommenen Meinung nicht unterbauen/ als
welche saget/ daß die Widerwärtigkeit uns
den Weg bahne/ solche Mittel zusuchen/
womit wir uns von allem Ubel erlösen kön-
nen. Jch wil auch nicht sagen/ daß die
Traurigkeit/ die das Gehirn außtrocknet/
in dem sie die Geister nach dem Hertzen zu-

zie-

Der vollkommene
ſo daß wir zu beyden Enden niemals nach-
laſſen.

Von der Freude.

DJeſe Paſſion wird von der Genieſſung
deß Guten herfuͤrgebracht/ ſie iſt
gleichſam der Zweck/ wornach die andern
alle zielen/ und wo ſie gantz anmuthig auß-
ruhen. Gleichwohl muͤſſen wir ſagen/ daß
ſie uns offt ſchaͤdlich iſt/ ja noch ſchaͤdlicher
als die Traurigkeit. Jch fuͤhre dem Leibe
ſein Wort nicht/ wegen der Außdehnung
deß Hertzens/ und der Zerſtreuung der
Geiſter/ welches beydes gemeiniglich von
der Freude verurſachet wird: ſondern ich
ſage kuͤhnlich/ daß das Wohlergehen uns
ein groͤſſerer Anſtoß iſt zu Leitung unſers Le-
bens als die Widerwaͤrtigkeit. Jch wil mein
Gutduͤncken mit einer weit und breit ange-
nommenen Meinung nicht unterbauen/ als
welche ſaget/ daß die Widerwaͤrtigkeit uns
den Weg bahne/ ſolche Mittel zuſuchen/
womit wir uns von allem Ubel erloͤſen koͤn-
nen. Jch wil auch nicht ſagen/ daß die
Traurigkeit/ die das Gehirn außtrocknet/
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[60/0076] Der vollkommene ſo daß wir zu beyden Enden niemals nach- laſſen. Von der Freude. DJeſe Paſſion wird von der Genieſſung deß Guten herfuͤrgebracht/ ſie iſt gleichſam der Zweck/ wornach die andern alle zielen/ und wo ſie gantz anmuthig auß- ruhen. Gleichwohl muͤſſen wir ſagen/ daß ſie uns offt ſchaͤdlich iſt/ ja noch ſchaͤdlicher als die Traurigkeit. Jch fuͤhre dem Leibe ſein Wort nicht/ wegen der Außdehnung deß Hertzens/ und der Zerſtreuung der Geiſter/ welches beydes gemeiniglich von der Freude verurſachet wird: ſondern ich ſage kuͤhnlich/ daß das Wohlergehen uns ein groͤſſerer Anſtoß iſt zu Leitung unſers Le- bens als die Widerwaͤrtigkeit. Jch wil mein Gutduͤncken mit einer weit und breit ange- nommenen Meinung nicht unterbauen/ als welche ſaget/ daß die Widerwaͤrtigkeit uns den Weg bahne/ ſolche Mittel zuſuchen/ womit wir uns von allem Ubel erloͤſen koͤn- nen. Jch wil auch nicht ſagen/ daß die Traurigkeit/ die das Gehirn außtrocknet/ in dem ſie die Geiſter nach dem Hertzen zu- zie-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/76>, abgerufen am 28.03.2024.