Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Der vollkommene
nehmste Grund aller Conversationen seyn
soll.

Von der Warheit.

WJr haben nicht eben nöthig uns in gros-
se Disputen, so von der Warheit kön-
nen gemacht werden/ einzulassen/ wir wol-
len uns vergnügen zusagen/ daß sie eine
Ubereinstimmung unserer Gedancken ist;
wir wollen nicht einmal darzu setzen/ daß
zwischen unsern Gedancken/ und dem Din-
ge so wir im Sinne haben/ eben eine genaue
Beziehung seyn müsse. So ist dann ge-
nug zusagen/ daß die Tugend/ davon wir
reden/ so groß ist/ und daß sie einen so allge-
meinen Nutzen bringen könte/ daß aller
Handel und Wandel unsers Lebens/
wann er auff ihr bestünde/ im besten
Schwang gehen solte/ wann die Leute sie
so sehr liebten/ als sie sie hassen. Die aller-
glucklichsten Nationes haben die Warheit
allezeit in sonderbahrer Acht gehabt. Die
Persianer/ als Herodotus meldet/ unterwie-
sen absonderlich ihre Kinder/ sie sehr genau
zusagen; und die Leute von grossen Schul-
den waren bey ihnen umb keiner andern

Ur-

Der vollkommene
nehmſte Grund aller Converſationen ſeyn
ſoll.

Von der Warheit.

WJr habẽ nicht eben noͤthig uns in groſ-
ſe Diſputen, ſo von der Warheit koͤn-
nen gemacht werden/ einzulaſſen/ wir wol-
len uns vergnuͤgen zuſagen/ daß ſie eine
Ubereinſtimmung unſerer Gedancken iſt;
wir wollen nicht einmal darzu ſetzen/ daß
zwiſchen unſern Gedancken/ und dem Din-
ge ſo wir im Sinne haben/ eben eine genaue
Beziehung ſeyn muͤſſe. So iſt dann ge-
nug zuſagen/ daß die Tugend/ davon wir
reden/ ſo groß iſt/ und daß ſie einen ſo allge-
meinen Nutzen bringen koͤnte/ daß aller
Handel und Wandel unſers Lebens/
wann er auff ihr beſtuͤnde/ im beſten
Schwang gehen ſolte/ wann die Leute ſie
ſo ſehr liebten/ als ſie ſie haſſen. Die aller-
glucklichſten Nationes haben die Warheit
allezeit in ſonderbahrer Acht gehabt. Die
Perſianer/ als Herodotus meldet/ unterwie-
ſen abſonderlich ihre Kinder/ ſie ſehr genau
zuſagen; und die Leute von groſſen Schul-
den waren bey ihnen umb keiner andern

Ur-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0144" n="128"/><fw place="top" type="header">Der vollkommene</fw><lb/>
nehm&#x017F;te Grund aller <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Conver&#x017F;ationen</hi></hi> &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;oll.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Von der Warheit.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>Jr habe&#x0303; nicht eben no&#x0364;thig uns in gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Di&#x017F;puten</hi>,</hi> &#x017F;o von der Warheit ko&#x0364;n-<lb/>
nen gemacht werden/ einzula&#x017F;&#x017F;en/ wir wol-<lb/>
len uns vergnu&#x0364;gen zu&#x017F;agen/ daß &#x017F;ie eine<lb/>
Uberein&#x017F;timmung un&#x017F;erer Gedancken i&#x017F;t;<lb/>
wir wollen nicht einmal darzu &#x017F;etzen/ daß<lb/>
zwi&#x017F;chen un&#x017F;ern Gedancken/ und dem Din-<lb/>
ge &#x017F;o wir im Sinne haben/ eben eine genaue<lb/>
Beziehung &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. So i&#x017F;t dann ge-<lb/>
nug zu&#x017F;agen/ daß die Tugend/ davon wir<lb/>
reden/ &#x017F;o groß i&#x017F;t/ und daß &#x017F;ie einen &#x017F;o allge-<lb/>
meinen Nutzen bringen ko&#x0364;nte/ daß aller<lb/>
Handel und Wandel un&#x017F;ers Lebens/<lb/>
wann er auff ihr be&#x017F;tu&#x0364;nde/ im be&#x017F;ten<lb/>
Schwang gehen &#x017F;olte/ wann die Leute &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr liebten/ als &#x017F;ie &#x017F;ie ha&#x017F;&#x017F;en. Die aller-<lb/>
glucklich&#x017F;ten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nationes</hi></hi> haben die Warheit<lb/>
allezeit in &#x017F;onderbahrer Acht gehabt. Die<lb/>
Per&#x017F;ianer/ als <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Herodotus</hi></hi> meldet/ unterwie-<lb/>
&#x017F;en ab&#x017F;onderlich ihre Kinder/ &#x017F;ie &#x017F;ehr genau<lb/>
zu&#x017F;agen; und die Leute von gro&#x017F;&#x017F;en Schul-<lb/>
den waren bey ihnen umb keiner andern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ur-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0144] Der vollkommene nehmſte Grund aller Converſationen ſeyn ſoll. Von der Warheit. WJr habẽ nicht eben noͤthig uns in groſ- ſe Diſputen, ſo von der Warheit koͤn- nen gemacht werden/ einzulaſſen/ wir wol- len uns vergnuͤgen zuſagen/ daß ſie eine Ubereinſtimmung unſerer Gedancken iſt; wir wollen nicht einmal darzu ſetzen/ daß zwiſchen unſern Gedancken/ und dem Din- ge ſo wir im Sinne haben/ eben eine genaue Beziehung ſeyn muͤſſe. So iſt dann ge- nug zuſagen/ daß die Tugend/ davon wir reden/ ſo groß iſt/ und daß ſie einen ſo allge- meinen Nutzen bringen koͤnte/ daß aller Handel und Wandel unſers Lebens/ wann er auff ihr beſtuͤnde/ im beſten Schwang gehen ſolte/ wann die Leute ſie ſo ſehr liebten/ als ſie ſie haſſen. Die aller- glucklichſten Nationes haben die Warheit allezeit in ſonderbahrer Acht gehabt. Die Perſianer/ als Herodotus meldet/ unterwie- ſen abſonderlich ihre Kinder/ ſie ſehr genau zuſagen; und die Leute von groſſen Schul- den waren bey ihnen umb keiner andern Ur-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/144
Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/144>, abgerufen am 19.04.2024.