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Civilprozeßordnung. Berlin, 1877.

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II. 1. Absch. 10. Tit. §. 425--434.
§. 429.

Die Erlassung des Eides von Seiten des Gegners hat die-
selbe Wirkung, wie die Leistung des Eides.

Die Verweigerung der Eidesleistung hat zur Folge, daß das
Gegentheil der zu beschwörenden Thatsache als voll bewiesen gilt.

§. 430.

Erscheint der Schwurpflichtige in dem zur Eidesleistung be-
stimmten Termine nicht, so ist auf Antrag ein Versäumnißurtheil
dahin zu erlassen, daß der Eid als verweigert anzusehen sei.

§. 431.

Der Schwurpflichtige, welcher frühere Behauptungen zurück-
nimmt oder früher bestrittene Thatsachen zugesteht, kann sich zur
Leistung eines beschränkteren Eides erbieten, selbst wenn der Eid
bereits durch bedingtes Urtheil auferlegt ist. Auch können uner-
hebliche Umstände, welche in die Eidesform aufgenommen sind,
berichtigt werden.

§. 432.

Ist der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, so kann, auch
nach Eintritt der Rechtskraft, die Zuschiebung sowie die Zurück-
schiebung des Eides widerrufen werden, wenn der Schwurpflichtige
wegen wissentlicher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig verur-
theilt oder wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Gegner erst
nach erfolgter Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides von
einer solchen Verurtheilung Kenntniß erlangt habe.

§. 433.

Wenn der Schwurpflichtige stirbt, wenn er zur Leistung des
Eides unfähig wird oder wenn er aufhört gesetzlicher Vertreter
zu sein, so können beide Parteien in Ansehung der betreffenden
Beweisführung alle Rechte ausüben, welche ihnen vor der Zu-
schiebung des Eides zustanden.

Dasselbe gilt, wenn in Folge der Verurtheilung des Schwur-
pflichtigen wegen wissentlicher Verletzung der Eidespflicht die Zu-
schiebung oder Zurückschiebung des Eides widerrufen wird.

Ist der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, so wird unter
Aufhebung des Urtheils in der Sache anderweit erkannt.

§. 434.

Der Eid über eine Thatsache, welche für ein allen Streit-
genossen gegenüber nur einheitlich festzustellendes Rechtsverhältniß

II. 1. Abſch. 10. Tit. §. 425—434.
§. 429.

Die Erlaſſung des Eides von Seiten des Gegners hat die-
ſelbe Wirkung, wie die Leiſtung des Eides.

Die Verweigerung der Eidesleiſtung hat zur Folge, daß das
Gegentheil der zu beſchwörenden Thatſache als voll bewieſen gilt.

§. 430.

Erſcheint der Schwurpflichtige in dem zur Eidesleiſtung be-
ſtimmten Termine nicht, ſo iſt auf Antrag ein Verſäumnißurtheil
dahin zu erlaſſen, daß der Eid als verweigert anzuſehen ſei.

§. 431.

Der Schwurpflichtige, welcher frühere Behauptungen zurück-
nimmt oder früher beſtrittene Thatſachen zugeſteht, kann ſich zur
Leiſtung eines beſchränkteren Eides erbieten, ſelbſt wenn der Eid
bereits durch bedingtes Urtheil auferlegt iſt. Auch können uner-
hebliche Umſtände, welche in die Eidesform aufgenommen ſind,
berichtigt werden.

§. 432.

Iſt der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, ſo kann, auch
nach Eintritt der Rechtskraft, die Zuſchiebung ſowie die Zurück-
ſchiebung des Eides widerrufen werden, wenn der Schwurpflichtige
wegen wiſſentlicher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig verur-
theilt oder wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Gegner erſt
nach erfolgter Zuſchiebung oder Zurückſchiebung des Eides von
einer ſolchen Verurtheilung Kenntniß erlangt habe.

§. 433.

Wenn der Schwurpflichtige ſtirbt, wenn er zur Leiſtung des
Eides unfähig wird oder wenn er aufhört geſetzlicher Vertreter
zu ſein, ſo können beide Parteien in Anſehung der betreffenden
Beweisführung alle Rechte ausüben, welche ihnen vor der Zu-
ſchiebung des Eides zuſtanden.

Daſſelbe gilt, wenn in Folge der Verurtheilung des Schwur-
pflichtigen wegen wiſſentlicher Verletzung der Eidespflicht die Zu-
ſchiebung oder Zurückſchiebung des Eides widerrufen wird.

Iſt der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, ſo wird unter
Aufhebung des Urtheils in der Sache anderweit erkannt.

§. 434.

Der Eid über eine Thatſache, welche für ein allen Streit-
genoſſen gegenüber nur einheitlich feſtzuſtellendes Rechtsverhältniß

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[111/0117] II. 1. Abſch. 10. Tit. §. 425—434. §. 429. Die Erlaſſung des Eides von Seiten des Gegners hat die- ſelbe Wirkung, wie die Leiſtung des Eides. Die Verweigerung der Eidesleiſtung hat zur Folge, daß das Gegentheil der zu beſchwörenden Thatſache als voll bewieſen gilt. §. 430. Erſcheint der Schwurpflichtige in dem zur Eidesleiſtung be- ſtimmten Termine nicht, ſo iſt auf Antrag ein Verſäumnißurtheil dahin zu erlaſſen, daß der Eid als verweigert anzuſehen ſei. §. 431. Der Schwurpflichtige, welcher frühere Behauptungen zurück- nimmt oder früher beſtrittene Thatſachen zugeſteht, kann ſich zur Leiſtung eines beſchränkteren Eides erbieten, ſelbſt wenn der Eid bereits durch bedingtes Urtheil auferlegt iſt. Auch können uner- hebliche Umſtände, welche in die Eidesform aufgenommen ſind, berichtigt werden. §. 432. Iſt der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, ſo kann, auch nach Eintritt der Rechtskraft, die Zuſchiebung ſowie die Zurück- ſchiebung des Eides widerrufen werden, wenn der Schwurpflichtige wegen wiſſentlicher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig verur- theilt oder wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Gegner erſt nach erfolgter Zuſchiebung oder Zurückſchiebung des Eides von einer ſolchen Verurtheilung Kenntniß erlangt habe. §. 433. Wenn der Schwurpflichtige ſtirbt, wenn er zur Leiſtung des Eides unfähig wird oder wenn er aufhört geſetzlicher Vertreter zu ſein, ſo können beide Parteien in Anſehung der betreffenden Beweisführung alle Rechte ausüben, welche ihnen vor der Zu- ſchiebung des Eides zuſtanden. Daſſelbe gilt, wenn in Folge der Verurtheilung des Schwur- pflichtigen wegen wiſſentlicher Verletzung der Eidespflicht die Zu- ſchiebung oder Zurückſchiebung des Eides widerrufen wird. Iſt der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, ſo wird unter Aufhebung des Urtheils in der Sache anderweit erkannt. §. 434. Der Eid über eine Thatſache, welche für ein allen Streit- genoſſen gegenüber nur einheitlich feſtzuſtellendes Rechtsverhältniß

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Zitationshilfe: Civilprozeßordnung. Berlin, 1877, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unknown_civilprozessordnung_1877/117>, abgerufen am 18.04.2024.