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Civilprozeßordnung. Berlin, 1877.

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Civilprozeßordnung.
so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des
Gläubigers von dem Prozeßgericht erster Instanz zu einer Geld-
strafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder zur Strafe der Haft bis
zu sechs Monaten zu verurtheilen. Das Maß der Gesammtstrafe
darf zwei Jahre Haft nicht übersteigen.

Der Verurtheilung muß eine Strafandrohung vorausgehen,
welche, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urtheile
nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozeßgericht erster In-
stanz erlassen wird.

Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur
Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlung
entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurtheilt werden.

§. 776.

Die in Gemäßheit der §§. 773--775 zu erlassenden Ent-
scheidungen können ohne vorgängige mündliche Verhandlung er-
folgen. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören.

§. 777.

Leistet der Schuldner Widerstand gegen die Vornahme einer
Handlung, welche er nach den Bestimmungen der §§. 773, 775
zu dulden hat, so kann der Gläubiger zur Beseitigung des Wider-
standes einen Gerichtsvollzieher zuziehen, welcher nach den Be-
stimmungen des §. 678 Abs. 3 zu verfahren hat.

§. 778.

Durch die Bestimmungen dieses Abschnitts wird das Recht
des Gläubigers nicht berührt, die Leistung des Interesse zu ver-
langen.

Den Anspruch auf Leistung des Interesse hat der Gläubiger
im Wege der Klage bei dem Prozeßgericht erster Instanz geltend
zu machen.

§. 779.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung ver-
urtheilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urtheil
die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer
Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, so-
bald nach den Bestimmungen der §§. 664, 666 eine vollstreckbare
Ausfertigung des rechtskräftigen Urtheils ertheilt ist.

Die Vorschrift des ersten Absatzes kommt im Falle der Ver-
urtheilung zur Eingehung einer Ehe nicht zur Anwendung.

Civilprozeßordnung.
ſo iſt er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des
Gläubigers von dem Prozeßgericht erſter Inſtanz zu einer Geld-
ſtrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder zur Strafe der Haft bis
zu ſechs Monaten zu verurtheilen. Das Maß der Geſammtſtrafe
darf zwei Jahre Haft nicht überſteigen.

Der Verurtheilung muß eine Strafandrohung vorausgehen,
welche, wenn ſie in dem die Verpflichtung ausſprechenden Urtheile
nicht enthalten iſt, auf Antrag von dem Prozeßgericht erſter In-
ſtanz erlaſſen wird.

Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur
Beſtellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlung
entſtehenden Schaden auf beſtimmte Zeit verurtheilt werden.

§. 776.

Die in Gemäßheit der §§. 773—775 zu erlaſſenden Ent-
ſcheidungen können ohne vorgängige mündliche Verhandlung er-
folgen. Vor der Entſcheidung iſt der Schuldner zu hören.

§. 777.

Leiſtet der Schuldner Widerſtand gegen die Vornahme einer
Handlung, welche er nach den Beſtimmungen der §§. 773, 775
zu dulden hat, ſo kann der Gläubiger zur Beſeitigung des Wider-
ſtandes einen Gerichtsvollzieher zuziehen, welcher nach den Be-
ſtimmungen des §. 678 Abſ. 3 zu verfahren hat.

§. 778.

Durch die Beſtimmungen dieſes Abſchnitts wird das Recht
des Gläubigers nicht berührt, die Leiſtung des Intereſſe zu ver-
langen.

Den Anſpruch auf Leiſtung des Intereſſe hat der Gläubiger
im Wege der Klage bei dem Prozeßgericht erſter Inſtanz geltend
zu machen.

§. 779.

Iſt der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung ver-
urtheilt, ſo gilt die Erklärung als abgegeben, ſobald das Urtheil
die Rechtskraft erlangt hat. Iſt die Willenserklärung von einer
Gegenleiſtung abhängig gemacht, ſo tritt dieſe Wirkung ein, ſo-
bald nach den Beſtimmungen der §§. 664, 666 eine vollſtreckbare
Ausfertigung des rechtskräftigen Urtheils ertheilt iſt.

Die Vorſchrift des erſten Abſatzes kommt im Falle der Ver-
urtheilung zur Eingehung einer Ehe nicht zur Anwendung.

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[192/0198] Civilprozeßordnung. ſo iſt er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozeßgericht erſter Inſtanz zu einer Geld- ſtrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder zur Strafe der Haft bis zu ſechs Monaten zu verurtheilen. Das Maß der Geſammtſtrafe darf zwei Jahre Haft nicht überſteigen. Der Verurtheilung muß eine Strafandrohung vorausgehen, welche, wenn ſie in dem die Verpflichtung ausſprechenden Urtheile nicht enthalten iſt, auf Antrag von dem Prozeßgericht erſter In- ſtanz erlaſſen wird. Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Beſtellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlung entſtehenden Schaden auf beſtimmte Zeit verurtheilt werden. §. 776. Die in Gemäßheit der §§. 773—775 zu erlaſſenden Ent- ſcheidungen können ohne vorgängige mündliche Verhandlung er- folgen. Vor der Entſcheidung iſt der Schuldner zu hören. §. 777. Leiſtet der Schuldner Widerſtand gegen die Vornahme einer Handlung, welche er nach den Beſtimmungen der §§. 773, 775 zu dulden hat, ſo kann der Gläubiger zur Beſeitigung des Wider- ſtandes einen Gerichtsvollzieher zuziehen, welcher nach den Be- ſtimmungen des §. 678 Abſ. 3 zu verfahren hat. §. 778. Durch die Beſtimmungen dieſes Abſchnitts wird das Recht des Gläubigers nicht berührt, die Leiſtung des Intereſſe zu ver- langen. Den Anſpruch auf Leiſtung des Intereſſe hat der Gläubiger im Wege der Klage bei dem Prozeßgericht erſter Inſtanz geltend zu machen. §. 779. Iſt der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung ver- urtheilt, ſo gilt die Erklärung als abgegeben, ſobald das Urtheil die Rechtskraft erlangt hat. Iſt die Willenserklärung von einer Gegenleiſtung abhängig gemacht, ſo tritt dieſe Wirkung ein, ſo- bald nach den Beſtimmungen der §§. 664, 666 eine vollſtreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urtheils ertheilt iſt. Die Vorſchrift des erſten Abſatzes kommt im Falle der Ver- urtheilung zur Eingehung einer Ehe nicht zur Anwendung.

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Zitationshilfe: Civilprozeßordnung. Berlin, 1877, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unknown_civilprozessordnung_1877/198>, abgerufen am 19.04.2024.