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Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Berlin, 1870.

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5) wer sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt
hingibt, daß er in einen Zustand geräth, in welchem
zu seinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen,
zu deren Ernährung er verpflichtet ist, durch Vermittelung
der Behörde fremde Hülfe in Anspruch genommen wer-
den muß;
6) eine Weibsperson, welche, polizeilichen Anordnungen zu-
wider, gewerbsmäßig Unzucht treibt;
7) wer, wenn er aus öffentlichen Armenmitteln eine Unter-
stützung empfängt, sich aus Arbeitsscheu weigert, die ihm
von der Behörde angewiesene, seinen Kräften angemessene
Arbeit zu verrichten;
8) wer nach Verlust seines bisherigen Unterkommens binnen
der ihm von der zuständigen Behörde bestimmten Frist
sich kein anderweitiges Unterkommen verschafft hat und
auch nicht nachweisen kann, daß er solches der von
ihm angewandten Bemühungen ungeachtet nicht ver-
mocht habe.
§. 362.

Die nach Vorschrift des §. 361. Nr. 3. bis 8. Verurtheilten
können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältnissen
angemessen sind, innerhalb und, sofern sie von anderen freien
Arbeitern getrennt gehalten werden, auch außerhalb der Straf-
anstalt angehalten werden.

Bei der Verurtheilung zur Haft kann zugleich erkannt werden,
daß die verurtheilte Person nach verbüßter Strafe der Landespo-
lizeibehörde zu überweisen sei. Die Landespolizeibehörde erhält
dadurch die Befugniß, die verurtheilte Person entweder bis zu
zwei Jahren in ein Arbeitshaus unterzubringen oder zu gemein-
nützigen Arbeiten zu verwenden. Im Falle des §. 361. Nr. 4.
ist dieses jedoch nur dann zulässig, wenn der Verurtheilte in
den letzten drei Jahren wegen dieser Uebertretung mehrmals
rechtskräftig verurtheilt worden ist, oder wenn derselbe unter
Drohungen oder mit Waffen gebettelt hat.

Ist gegen einen Ausländer auf Ueberweisung an die Landes-
polizeibehörde erkannt, so kann an Stelle der Unterbringung in
ein Arbeitshaus Verweisung aus dem Bundesgebiete eintreten.

5) wer ſich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergeſtalt
hingibt, daß er in einen Zuſtand geräth, in welchem
zu ſeinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen,
zu deren Ernährung er verpflichtet iſt, durch Vermittelung
der Behörde fremde Hülfe in Anſpruch genommen wer-
den muß;
6) eine Weibsperſon, welche, polizeilichen Anordnungen zu-
wider, gewerbsmäßig Unzucht treibt;
7) wer, wenn er aus öffentlichen Armenmitteln eine Unter-
ſtützung empfängt, ſich aus Arbeitsſcheu weigert, die ihm
von der Behörde angewieſene, ſeinen Kräften angemeſſene
Arbeit zu verrichten;
8) wer nach Verluſt ſeines bisherigen Unterkommens binnen
der ihm von der zuſtändigen Behörde beſtimmten Friſt
ſich kein anderweitiges Unterkommen verſchafft hat und
auch nicht nachweiſen kann, daß er ſolches der von
ihm angewandten Bemühungen ungeachtet nicht ver-
mocht habe.
§. 362.

Die nach Vorſchrift des §. 361. Nr. 3. bis 8. Verurtheilten
können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältniſſen
angemeſſen ſind, innerhalb und, ſofern ſie von anderen freien
Arbeitern getrennt gehalten werden, auch außerhalb der Straf-
anſtalt angehalten werden.

Bei der Verurtheilung zur Haft kann zugleich erkannt werden,
daß die verurtheilte Perſon nach verbüßter Strafe der Landespo-
lizeibehörde zu überweiſen ſei. Die Landespolizeibehörde erhält
dadurch die Befugniß, die verurtheilte Perſon entweder bis zu
zwei Jahren in ein Arbeitshaus unterzubringen oder zu gemein-
nützigen Arbeiten zu verwenden. Im Falle des §. 361. Nr. 4.
iſt dieſes jedoch nur dann zuläſſig, wenn der Verurtheilte in
den letzten drei Jahren wegen dieſer Uebertretung mehrmals
rechtskräftig verurtheilt worden iſt, oder wenn derſelbe unter
Drohungen oder mit Waffen gebettelt hat.

Iſt gegen einen Ausländer auf Ueberweiſung an die Landes-
polizeibehörde erkannt, ſo kann an Stelle der Unterbringung in
ein Arbeitshaus Verweiſung aus dem Bundesgebiete eintreten.

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[92/0102] 5) wer ſich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergeſtalt hingibt, daß er in einen Zuſtand geräth, in welchem zu ſeinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet iſt, durch Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in Anſpruch genommen wer- den muß; 6) eine Weibsperſon, welche, polizeilichen Anordnungen zu- wider, gewerbsmäßig Unzucht treibt; 7) wer, wenn er aus öffentlichen Armenmitteln eine Unter- ſtützung empfängt, ſich aus Arbeitsſcheu weigert, die ihm von der Behörde angewieſene, ſeinen Kräften angemeſſene Arbeit zu verrichten; 8) wer nach Verluſt ſeines bisherigen Unterkommens binnen der ihm von der zuſtändigen Behörde beſtimmten Friſt ſich kein anderweitiges Unterkommen verſchafft hat und auch nicht nachweiſen kann, daß er ſolches der von ihm angewandten Bemühungen ungeachtet nicht ver- mocht habe. §. 362. Die nach Vorſchrift des §. 361. Nr. 3. bis 8. Verurtheilten können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältniſſen angemeſſen ſind, innerhalb und, ſofern ſie von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden, auch außerhalb der Straf- anſtalt angehalten werden. Bei der Verurtheilung zur Haft kann zugleich erkannt werden, daß die verurtheilte Perſon nach verbüßter Strafe der Landespo- lizeibehörde zu überweiſen ſei. Die Landespolizeibehörde erhält dadurch die Befugniß, die verurtheilte Perſon entweder bis zu zwei Jahren in ein Arbeitshaus unterzubringen oder zu gemein- nützigen Arbeiten zu verwenden. Im Falle des §. 361. Nr. 4. iſt dieſes jedoch nur dann zuläſſig, wenn der Verurtheilte in den letzten drei Jahren wegen dieſer Uebertretung mehrmals rechtskräftig verurtheilt worden iſt, oder wenn derſelbe unter Drohungen oder mit Waffen gebettelt hat. Iſt gegen einen Ausländer auf Ueberweiſung an die Landes- polizeibehörde erkannt, ſo kann an Stelle der Unterbringung in ein Arbeitshaus Verweiſung aus dem Bundesgebiete eintreten.

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Zitationshilfe: Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Berlin, 1870, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unknown_strafgesetzbuch_1870/102>, abgerufen am 28.03.2024.