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Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Berlin, 1870.

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welche mit einer gegenwärtigen, auf andere Weise nicht ab-
wendbaren Gefahr für Leib oder Leben seiner selbst oder eines
Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genöthigt
worden ist.

Als Angehörige im Sinne dieses Strafgesetzes sind anzu-
sehen Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender
Linie, Adoptiv- und Pflege-Eltern und -Kinder, Ehegatten,
Geschwister und deren Ehegatten, und Verlobte.

§. 53.

Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die
Handlung durch Nothwehr geboten war.

Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforderlich
ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich
oder einem Anderen abzuwenden.

Die Ueberschreitung der Nothwehr ist nicht strafbar, wenn
der Thäter in Bestürzung, Furcht oder Schrecken über die
Grenzen der Vertheidigung hinausgegangen ist.

§. 54.

Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die
Handlung außer dem Falle der Nothwehr in einem unver-
schuldeten, auf andere Weise nicht zu beseitigenden Nothstande
zur Rettung aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder
Leben des Thäters oder eines Angehörigen begangen worden ist.

§. 55.

Wer bei Begehung einer Handlung das zwölfte Lebensjahr
nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht strafrechtlich
verfolgt werden.

§. 56.

Ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das
zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte,
eine strafbare Handlung begangen hat, ist freizusprechen, wenn
er bei Begehung derselben die zur Erkenntniß ihrer Straf-
barkeit erforderliche Einsicht nicht besaß.

In dem Urtheile ist zu bestimmen, ob der Angeschuldigte
seiner Familie überwiesen oder in eine Erziehungs- oder Besse-
rungsanstalt gebracht werden soll. In der Anstalt ist er so
lange zu behalten, als die der Anstalt vorgesetzte Verwal-

welche mit einer gegenwärtigen, auf andere Weiſe nicht ab-
wendbaren Gefahr für Leib oder Leben ſeiner ſelbſt oder eines
Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genöthigt
worden iſt.

Als Angehörige im Sinne dieſes Strafgeſetzes ſind anzu-
ſehen Verwandte und Verſchwägerte auf- und abſteigender
Linie, Adoptiv- und Pflege-Eltern und -Kinder, Ehegatten,
Geſchwiſter und deren Ehegatten, und Verlobte.

§. 53.

Eine ſtrafbare Handlung iſt nicht vorhanden, wenn die
Handlung durch Nothwehr geboten war.

Nothwehr iſt diejenige Vertheidigung, welche erforderlich
iſt, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von ſich
oder einem Anderen abzuwenden.

Die Ueberſchreitung der Nothwehr iſt nicht ſtrafbar, wenn
der Thäter in Beſtürzung, Furcht oder Schrecken über die
Grenzen der Vertheidigung hinausgegangen iſt.

§. 54.

Eine ſtrafbare Handlung iſt nicht vorhanden, wenn die
Handlung außer dem Falle der Nothwehr in einem unver-
ſchuldeten, auf andere Weiſe nicht zu beſeitigenden Nothſtande
zur Rettung aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder
Leben des Thäters oder eines Angehörigen begangen worden iſt.

§. 55.

Wer bei Begehung einer Handlung das zwölfte Lebensjahr
nicht vollendet hat, kann wegen derſelben nicht ſtrafrechtlich
verfolgt werden.

§. 56.

Ein Angeſchuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das
zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte,
eine ſtrafbare Handlung begangen hat, iſt freizuſprechen, wenn
er bei Begehung derſelben die zur Erkenntniß ihrer Straf-
barkeit erforderliche Einſicht nicht beſaß.

In dem Urtheile iſt zu beſtimmen, ob der Angeſchuldigte
ſeiner Familie überwieſen oder in eine Erziehungs- oder Beſſe-
rungsanſtalt gebracht werden ſoll. In der Anſtalt iſt er ſo
lange zu behalten, als die der Anſtalt vorgeſetzte Verwal-

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[15/0025] welche mit einer gegenwärtigen, auf andere Weiſe nicht ab- wendbaren Gefahr für Leib oder Leben ſeiner ſelbſt oder eines Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genöthigt worden iſt. Als Angehörige im Sinne dieſes Strafgeſetzes ſind anzu- ſehen Verwandte und Verſchwägerte auf- und abſteigender Linie, Adoptiv- und Pflege-Eltern und -Kinder, Ehegatten, Geſchwiſter und deren Ehegatten, und Verlobte. §. 53. Eine ſtrafbare Handlung iſt nicht vorhanden, wenn die Handlung durch Nothwehr geboten war. Nothwehr iſt diejenige Vertheidigung, welche erforderlich iſt, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von ſich oder einem Anderen abzuwenden. Die Ueberſchreitung der Nothwehr iſt nicht ſtrafbar, wenn der Thäter in Beſtürzung, Furcht oder Schrecken über die Grenzen der Vertheidigung hinausgegangen iſt. §. 54. Eine ſtrafbare Handlung iſt nicht vorhanden, wenn die Handlung außer dem Falle der Nothwehr in einem unver- ſchuldeten, auf andere Weiſe nicht zu beſeitigenden Nothſtande zur Rettung aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben des Thäters oder eines Angehörigen begangen worden iſt. §. 55. Wer bei Begehung einer Handlung das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derſelben nicht ſtrafrechtlich verfolgt werden. §. 56. Ein Angeſchuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, eine ſtrafbare Handlung begangen hat, iſt freizuſprechen, wenn er bei Begehung derſelben die zur Erkenntniß ihrer Straf- barkeit erforderliche Einſicht nicht beſaß. In dem Urtheile iſt zu beſtimmen, ob der Angeſchuldigte ſeiner Familie überwieſen oder in eine Erziehungs- oder Beſſe- rungsanſtalt gebracht werden ſoll. In der Anſtalt iſt er ſo lange zu behalten, als die der Anſtalt vorgeſetzte Verwal-

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Zitationshilfe: Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Berlin, 1870, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unknown_strafgesetzbuch_1870/25>, abgerufen am 29.03.2024.