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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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3 Abschn. Der Nerven. Die Begehrungskräfte.
vornimmt, um eine vorhergesehene äußere oder innere (§.
34. 80.) Empfindung wirklich hervorzubringen, heißt im
ersten Falle das Begehren, eine Begierde, im letzten
Falle aber, das Verabscheuen, eine Verabscheuung.
Wenn die vorhergesehene angenehme Vorstellung, (Sache,)
oder das Gegentheil der unangenehmen in der Folge wirk-
lich gegenwärtig, (zur Empfindung) wird, so endiget sich
dieß Bestreben, das ist, die Begierden und Verab-
scheuungen sind befriedigt, gesättigt, ihre Vor-
hersehungen sind erfüllt.
B. M. §. 450. Wenn nun
die Gegenstände derselben wahre äußere Empfindungen
sind, so kann solche die Vorstellungskraft der Seele nicht
eigenmächtig, ohne äußere sinnliche Eindrücke in die Ner-
ven, hervorbringen. §. 34. 27. mithin können solche Be-
gierden und Verabscheuungen ohne solche äußere sinnliche
Eindrücke in die Nerven, nicht erfüllt oder befriedigt
werden.

Anmerkung. Man wird sich hier der Anmerkung
zum 34. §. wegen des Ausdrucks: Empfindung wie-
der erinnern.

§. 82.

Die Bestrebungen der Vorstellungskraft der Seele sind
besondre Bestimmungen ihrer Kraft zu der Absicht, eine
gewisse besondre Vorstellung hervorzubringen, §. 81. und
äußern also ihre Wirkungen ins Gehirn durch eben solche
Bestrebungen der Kräfte des Gehirns, zur Hervorbrin-
gung einer gewissen besondern zu ihr gehörigen materiellen
Jdee. §. 26. So ist es also auch bey den Begierden und
Verabscheuungen. §. 81.

§. 83.

Da die Lust und Unlust die Bewegursachen zu den Be-
strebungen, folglich die Gründe der Begierden und Ver-
abscheuungen sind, §. 80. 81. in welcher Beziehung sie
auch Triebfedern des Gemüths heißen; so verursachen

die

3 Abſchn. Der Nerven. Die Begehrungskraͤfte.
vornimmt, um eine vorhergeſehene aͤußere oder innere (§.
34. 80.) Empfindung wirklich hervorzubringen, heißt im
erſten Falle das Begehren, eine Begierde, im letzten
Falle aber, das Verabſcheuen, eine Verabſcheuung.
Wenn die vorhergeſehene angenehme Vorſtellung, (Sache,)
oder das Gegentheil der unangenehmen in der Folge wirk-
lich gegenwaͤrtig, (zur Empfindung) wird, ſo endiget ſich
dieß Beſtreben, das iſt, die Begierden und Verab-
ſcheuungen ſind befriedigt, geſaͤttigt, ihre Vor-
herſehungen ſind erfuͤllt.
B. M. §. 450. Wenn nun
die Gegenſtaͤnde derſelben wahre aͤußere Empfindungen
ſind, ſo kann ſolche die Vorſtellungskraft der Seele nicht
eigenmaͤchtig, ohne aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Ner-
ven, hervorbringen. §. 34. 27. mithin koͤnnen ſolche Be-
gierden und Verabſcheuungen ohne ſolche aͤußere ſinnliche
Eindruͤcke in die Nerven, nicht erfuͤllt oder befriedigt
werden.

Anmerkung. Man wird ſich hier der Anmerkung
zum 34. §. wegen des Ausdrucks: Empfindung wie-
der erinnern.

§. 82.

Die Beſtrebungen der Vorſtellungskraft der Seele ſind
beſondre Beſtimmungen ihrer Kraft zu der Abſicht, eine
gewiſſe beſondre Vorſtellung hervorzubringen, §. 81. und
aͤußern alſo ihre Wirkungen ins Gehirn durch eben ſolche
Beſtrebungen der Kraͤfte des Gehirns, zur Hervorbrin-
gung einer gewiſſen beſondern zu ihr gehoͤrigen materiellen
Jdee. §. 26. So iſt es alſo auch bey den Begierden und
Verabſcheuungen. §. 81.

§. 83.

Da die Luſt und Unluſt die Bewegurſachen zu den Be-
ſtrebungen, folglich die Gruͤnde der Begierden und Ver-
abſcheuungen ſind, §. 80. 81. in welcher Beziehung ſie
auch Triebfedern des Gemuͤths heißen; ſo verurſachen

die
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[91/0115] 3 Abſchn. Der Nerven. Die Begehrungskraͤfte. vornimmt, um eine vorhergeſehene aͤußere oder innere (§. 34. 80.) Empfindung wirklich hervorzubringen, heißt im erſten Falle das Begehren, eine Begierde, im letzten Falle aber, das Verabſcheuen, eine Verabſcheuung. Wenn die vorhergeſehene angenehme Vorſtellung, (Sache,) oder das Gegentheil der unangenehmen in der Folge wirk- lich gegenwaͤrtig, (zur Empfindung) wird, ſo endiget ſich dieß Beſtreben, das iſt, die Begierden und Verab- ſcheuungen ſind befriedigt, geſaͤttigt, ihre Vor- herſehungen ſind erfuͤllt. B. M. §. 450. Wenn nun die Gegenſtaͤnde derſelben wahre aͤußere Empfindungen ſind, ſo kann ſolche die Vorſtellungskraft der Seele nicht eigenmaͤchtig, ohne aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Ner- ven, hervorbringen. §. 34. 27. mithin koͤnnen ſolche Be- gierden und Verabſcheuungen ohne ſolche aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Nerven, nicht erfuͤllt oder befriedigt werden. Anmerkung. Man wird ſich hier der Anmerkung zum 34. §. wegen des Ausdrucks: Empfindung wie- der erinnern. §. 82. Die Beſtrebungen der Vorſtellungskraft der Seele ſind beſondre Beſtimmungen ihrer Kraft zu der Abſicht, eine gewiſſe beſondre Vorſtellung hervorzubringen, §. 81. und aͤußern alſo ihre Wirkungen ins Gehirn durch eben ſolche Beſtrebungen der Kraͤfte des Gehirns, zur Hervorbrin- gung einer gewiſſen beſondern zu ihr gehoͤrigen materiellen Jdee. §. 26. So iſt es alſo auch bey den Begierden und Verabſcheuungen. §. 81. §. 83. Da die Luſt und Unluſt die Bewegurſachen zu den Be- ſtrebungen, folglich die Gruͤnde der Begierden und Ver- abſcheuungen ſind, §. 80. 81. in welcher Beziehung ſie auch Triebfedern des Gemuͤths heißen; ſo verurſachen die

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/115>, abgerufen am 25.04.2024.