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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan.
pfindungen, z. E. der Kälte, zusammengezogen, bey man-
chen Thieren sogar heftig erschüttert wird, welches alles in
solchen Fällen wahre Seelenwirkungen von äußerlichen
Empfindungen, sinnlichen Vorstellungen und Begierden,
oder vom Willen sind. §. 97.

§. 178.

Die Geschlechtstheile der Männer, besonders die
Geilen und die Schlagadern der Ruthe, sind mit vielen,
und letztere besonders mit sehr großen Nerven, die insge-
sammt ungemein empfindlich sind, versehen. Die Em-
pfindlichkeit der Geilen ist so groß, daß auf ihre Verletzung
alsobald Ohnmachten und Zuckungen, und besonders durch
die Mitleidenheit dieser Seelenwirkungen, (§. 127.) ein
krampfhaftes Zusammenziehen der Kinnbacken erfolgen.
Folglich können äußere Empfindungen, als Seelenwirkun-
gen in die Abscheidung der Säfte, die in den Geilen ge-
schieht, einigen Einfluß haben. H. P. §. 816. Die em-
pfindlichen Nerven der Ruthe, die jeder sinnlicher Eindruck
heftig reizet, geben ein merkwürdiges Beyspiel von der
Wirkung der sinnlichen Eindrücke der Vorstellungen in die
Adern, vermittelst der Nervenschlingen, ohne Zwischen-
kunft der Muskeln, wovon §. 160. Erwähnung geschehen
ist. Denn das Aufschwellen ihrer schwammigten Körper
muß durch die Zurückhaltung des Bluts in den Blutadern
geschehen, wozu doch gleichwohl keine andre Mittel vorhan-
den sind, wenn nicht die Nerven selbst die Blutadern zu-
sammenziehen. Jn der That wird auch dieses Aufschwel-
len durch alle Arten sinnlicher Eindrücke in diese Nerven
veranlasset, besonders durch äußerliche Empfindungen,
wenn der Harn die Harnblase, der gute Saame die Saa-
menbläsgen, das Gift der Lustseuche und der spanischen
Fliegen die Harnröhre, die sehr empfindlich ist, und andre
Ursachen, wie z. E. das Peitschen, das Reiben der Eichel,
die Zuckungen, u. s. w. überhaupt die Nerven dieser Thei-
le reizen. Auf gleiche Weise wird es aber auch durch Ein-

bildun-

Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan.
pfindungen, z. E. der Kaͤlte, zuſammengezogen, bey man-
chen Thieren ſogar heftig erſchuͤttert wird, welches alles in
ſolchen Faͤllen wahre Seelenwirkungen von aͤußerlichen
Empfindungen, ſinnlichen Vorſtellungen und Begierden,
oder vom Willen ſind. §. 97.

§. 178.

Die Geſchlechtstheile der Maͤnner, beſonders die
Geilen und die Schlagadern der Ruthe, ſind mit vielen,
und letztere beſonders mit ſehr großen Nerven, die insge-
ſammt ungemein empfindlich ſind, verſehen. Die Em-
pfindlichkeit der Geilen iſt ſo groß, daß auf ihre Verletzung
alſobald Ohnmachten und Zuckungen, und beſonders durch
die Mitleidenheit dieſer Seelenwirkungen, (§. 127.) ein
krampfhaftes Zuſammenziehen der Kinnbacken erfolgen.
Folglich koͤnnen aͤußere Empfindungen, als Seelenwirkun-
gen in die Abſcheidung der Saͤfte, die in den Geilen ge-
ſchieht, einigen Einfluß haben. H. P. §. 816. Die em-
pfindlichen Nerven der Ruthe, die jeder ſinnlicher Eindruck
heftig reizet, geben ein merkwuͤrdiges Beyſpiel von der
Wirkung der ſinnlichen Eindruͤcke der Vorſtellungen in die
Adern, vermittelſt der Nervenſchlingen, ohne Zwiſchen-
kunft der Muskeln, wovon §. 160. Erwaͤhnung geſchehen
iſt. Denn das Aufſchwellen ihrer ſchwammigten Koͤrper
muß durch die Zuruͤckhaltung des Bluts in den Blutadern
geſchehen, wozu doch gleichwohl keine andre Mittel vorhan-
den ſind, wenn nicht die Nerven ſelbſt die Blutadern zu-
ſammenziehen. Jn der That wird auch dieſes Aufſchwel-
len durch alle Arten ſinnlicher Eindruͤcke in dieſe Nerven
veranlaſſet, beſonders durch aͤußerliche Empfindungen,
wenn der Harn die Harnblaſe, der gute Saame die Saa-
menblaͤsgen, das Gift der Luſtſeuche und der ſpaniſchen
Fliegen die Harnroͤhre, die ſehr empfindlich iſt, und andre
Urſachen, wie z. E. das Peitſchen, das Reiben der Eichel,
die Zuckungen, u. ſ. w. uͤberhaupt die Nerven dieſer Thei-
le reizen. Auf gleiche Weiſe wird es aber auch durch Ein-

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[175/0199] Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan. pfindungen, z. E. der Kaͤlte, zuſammengezogen, bey man- chen Thieren ſogar heftig erſchuͤttert wird, welches alles in ſolchen Faͤllen wahre Seelenwirkungen von aͤußerlichen Empfindungen, ſinnlichen Vorſtellungen und Begierden, oder vom Willen ſind. §. 97. §. 178. Die Geſchlechtstheile der Maͤnner, beſonders die Geilen und die Schlagadern der Ruthe, ſind mit vielen, und letztere beſonders mit ſehr großen Nerven, die insge- ſammt ungemein empfindlich ſind, verſehen. Die Em- pfindlichkeit der Geilen iſt ſo groß, daß auf ihre Verletzung alſobald Ohnmachten und Zuckungen, und beſonders durch die Mitleidenheit dieſer Seelenwirkungen, (§. 127.) ein krampfhaftes Zuſammenziehen der Kinnbacken erfolgen. Folglich koͤnnen aͤußere Empfindungen, als Seelenwirkun- gen in die Abſcheidung der Saͤfte, die in den Geilen ge- ſchieht, einigen Einfluß haben. H. P. §. 816. Die em- pfindlichen Nerven der Ruthe, die jeder ſinnlicher Eindruck heftig reizet, geben ein merkwuͤrdiges Beyſpiel von der Wirkung der ſinnlichen Eindruͤcke der Vorſtellungen in die Adern, vermittelſt der Nervenſchlingen, ohne Zwiſchen- kunft der Muskeln, wovon §. 160. Erwaͤhnung geſchehen iſt. Denn das Aufſchwellen ihrer ſchwammigten Koͤrper muß durch die Zuruͤckhaltung des Bluts in den Blutadern geſchehen, wozu doch gleichwohl keine andre Mittel vorhan- den ſind, wenn nicht die Nerven ſelbſt die Blutadern zu- ſammenziehen. Jn der That wird auch dieſes Aufſchwel- len durch alle Arten ſinnlicher Eindruͤcke in dieſe Nerven veranlaſſet, beſonders durch aͤußerliche Empfindungen, wenn der Harn die Harnblaſe, der gute Saame die Saa- menblaͤsgen, das Gift der Luſtſeuche und der ſpaniſchen Fliegen die Harnroͤhre, die ſehr empfindlich iſt, und andre Urſachen, wie z. E. das Peitſchen, das Reiben der Eichel, die Zuckungen, u. ſ. w. uͤberhaupt die Nerven dieſer Thei- le reizen. Auf gleiche Weiſe wird es aber auch durch Ein- bildun-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/199>, abgerufen am 23.04.2024.