Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

1 Kap. Die Nervenkräfte überhaupt.
zugleich selbst hervorbringen konnte, ob sie gleich dieselben
sinnlichen Eindrücke von andern blos thierischen Reizen al-
lein, auf eine natürlich gezwungene Weise bewerkstelliget
haben könnten.

§. 372.

Nachdem wir die Verhaltniß der Nervenkräfte zu den
thierischen Seelenkräften überhaupt betrachtet haben, §.
362 -- 371. so ist es nöthig, das eigentliche Gebiet der
erstern zu bezeichnen. Die thierischen Seelenkräfte, de-
ren Wohnplatz das beseelte Gehirn ist, erstreckten ihre Wir-
kungen sowohl in die thierischen Maschinen, als auch, durch
diese, in die mechanischen. §. 117. Der eigentliche Sitz
der Nervenkräfte sind die Nerven: denn alle ursprüngliche
thierische Kräfte haben ihren Sitz nur in thierischen Ma-
schinen, §. 6. ob sie gleich mit den thierischen, in andre
Maschinen übergehen, und darinn thierische Wirkungen
verrichten können. §. 7. Die eigentlichen thierischen Ma-
schinen sind das Gehirn und die Nerven, worinn die Le-
bensgeister, als die Vermittler der thierischen Verrichtun-
gen, enthalten sind. §. 9. Die Verrichtungen des Ge-
hirns, als einer beseelten thierischen Maschine, sind aber
hauptsächlich nur Seelenwirkungen, §. 25. mithin seine
eigenthümlichen thierischen Kräfte nur thierische Seelen-
kräfte. §. 6. Da nun die Nervenkräfte keine thierischen
Seelenkräfte, §. 356. folglich dem Gehirne nicht eigent-
lich noch vorzüglich eigen, und außer dem beseelten Gehir-
ne nur die mit Lebensgeistern versehenen Nerven, und etwa
die Markrinde, die das beseelte Gehirn umgiebt, §. 159.
wahre thierische Maschinen sind, §. 9. so muß der Hauptsitz
der ursprünglichen Nervenkräfte eigentlich in den Ner-
ven seyn.

§. 373.

Es kann inzwischen nicht geläugnet werden, daß das
Gehirnmark selbst an den Nervenkräften einigen

Antheil
A a

1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
zugleich ſelbſt hervorbringen konnte, ob ſie gleich dieſelben
ſinnlichen Eindruͤcke von andern blos thieriſchen Reizen al-
lein, auf eine natuͤrlich gezwungene Weiſe bewerkſtelliget
haben koͤnnten.

§. 372.

Nachdem wir die Verhaltniß der Nervenkraͤfte zu den
thieriſchen Seelenkraͤften uͤberhaupt betrachtet haben, §.
362 — 371. ſo iſt es noͤthig, das eigentliche Gebiet der
erſtern zu bezeichnen. Die thieriſchen Seelenkraͤfte, de-
ren Wohnplatz das beſeelte Gehirn iſt, erſtreckten ihre Wir-
kungen ſowohl in die thieriſchen Maſchinen, als auch, durch
dieſe, in die mechaniſchen. §. 117. Der eigentliche Sitz
der Nervenkraͤfte ſind die Nerven: denn alle urſpruͤngliche
thieriſche Kraͤfte haben ihren Sitz nur in thieriſchen Ma-
ſchinen, §. 6. ob ſie gleich mit den thieriſchen, in andre
Maſchinen uͤbergehen, und darinn thieriſche Wirkungen
verrichten koͤnnen. §. 7. Die eigentlichen thieriſchen Ma-
ſchinen ſind das Gehirn und die Nerven, worinn die Le-
bensgeiſter, als die Vermittler der thieriſchen Verrichtun-
gen, enthalten ſind. §. 9. Die Verrichtungen des Ge-
hirns, als einer beſeelten thieriſchen Maſchine, ſind aber
hauptſaͤchlich nur Seelenwirkungen, §. 25. mithin ſeine
eigenthuͤmlichen thieriſchen Kraͤfte nur thieriſche Seelen-
kraͤfte. §. 6. Da nun die Nervenkraͤfte keine thieriſchen
Seelenkraͤfte, §. 356. folglich dem Gehirne nicht eigent-
lich noch vorzuͤglich eigen, und außer dem beſeelten Gehir-
ne nur die mit Lebensgeiſtern verſehenen Nerven, und etwa
die Markrinde, die das beſeelte Gehirn umgiebt, §. 159.
wahre thieriſche Maſchinen ſind, §. 9. ſo muß der Hauptſitz
der urſpruͤnglichen Nervenkraͤfte eigentlich in den Ner-
ven ſeyn.

§. 373.

Es kann inzwiſchen nicht gelaͤugnet werden, daß das
Gehirnmark ſelbſt an den Nervenkraͤften einigen

Antheil
A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0393" n="369"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">1 Kap. Die Nervenkra&#x0364;fte u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
zugleich &#x017F;elb&#x017F;t hervorbringen konnte, ob &#x017F;ie gleich die&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;innlichen Eindru&#x0364;cke von andern blos thieri&#x017F;chen Reizen al-<lb/>
lein, auf eine natu&#x0364;rlich gezwungene Wei&#x017F;e bewerk&#x017F;telliget<lb/>
haben ko&#x0364;nnten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 372.</head><lb/>
            <p>Nachdem wir die Verhaltniß der Nervenkra&#x0364;fte zu den<lb/>
thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;ften u&#x0364;berhaupt betrachtet haben, §.<lb/>
362 &#x2014; 371. &#x017F;o i&#x017F;t es no&#x0364;thig, das eigentliche Gebiet der<lb/>
er&#x017F;tern zu bezeichnen. Die thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte, de-<lb/>
ren Wohnplatz das be&#x017F;eelte Gehirn i&#x017F;t, er&#x017F;treckten ihre Wir-<lb/>
kungen &#x017F;owohl in die thieri&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen, als auch, durch<lb/>
die&#x017F;e, in die mechani&#x017F;chen. §. 117. Der eigentliche Sitz<lb/>
der Nervenkra&#x0364;fte &#x017F;ind die Nerven: denn alle ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche<lb/>
thieri&#x017F;che Kra&#x0364;fte haben ihren Sitz nur in thieri&#x017F;chen Ma-<lb/>
&#x017F;chinen, §. 6. ob &#x017F;ie gleich mit den thieri&#x017F;chen, in andre<lb/>
Ma&#x017F;chinen u&#x0364;bergehen, und darinn thieri&#x017F;che Wirkungen<lb/>
verrichten ko&#x0364;nnen. §. 7. Die eigentlichen thieri&#x017F;chen Ma-<lb/>
&#x017F;chinen &#x017F;ind das Gehirn und die Nerven, worinn die Le-<lb/>
bensgei&#x017F;ter, als die Vermittler der thieri&#x017F;chen Verrichtun-<lb/>
gen, enthalten &#x017F;ind. §. 9. Die Verrichtungen des Ge-<lb/>
hirns, als einer be&#x017F;eelten thieri&#x017F;chen Ma&#x017F;chine, &#x017F;ind aber<lb/>
haupt&#x017F;a&#x0364;chlich nur Seelenwirkungen, §. 25. mithin &#x017F;eine<lb/>
eigenthu&#x0364;mlichen thieri&#x017F;chen Kra&#x0364;fte nur thieri&#x017F;che Seelen-<lb/>
kra&#x0364;fte. §. 6. Da nun die Nervenkra&#x0364;fte keine thieri&#x017F;chen<lb/>
Seelenkra&#x0364;fte, §. 356. folglich dem Gehirne nicht eigent-<lb/>
lich noch vorzu&#x0364;glich eigen, und außer dem be&#x017F;eelten Gehir-<lb/>
ne nur die mit Lebensgei&#x017F;tern ver&#x017F;ehenen Nerven, und etwa<lb/>
die Markrinde, die das be&#x017F;eelte Gehirn umgiebt, §. 159.<lb/>
wahre thieri&#x017F;che Ma&#x017F;chinen &#x017F;ind, §. 9. &#x017F;o muß der Haupt&#x017F;itz<lb/>
der ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Nervenkra&#x0364;fte eigentlich in den Ner-<lb/>
ven &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 373.</head><lb/>
            <p>Es kann inzwi&#x017F;chen nicht gela&#x0364;ugnet werden, <hi rendition="#fr">daß das<lb/>
Gehirnmark &#x017F;elb&#x017F;t an den Nervenkra&#x0364;ften einigen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Antheil</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0393] 1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt. zugleich ſelbſt hervorbringen konnte, ob ſie gleich dieſelben ſinnlichen Eindruͤcke von andern blos thieriſchen Reizen al- lein, auf eine natuͤrlich gezwungene Weiſe bewerkſtelliget haben koͤnnten. §. 372. Nachdem wir die Verhaltniß der Nervenkraͤfte zu den thieriſchen Seelenkraͤften uͤberhaupt betrachtet haben, §. 362 — 371. ſo iſt es noͤthig, das eigentliche Gebiet der erſtern zu bezeichnen. Die thieriſchen Seelenkraͤfte, de- ren Wohnplatz das beſeelte Gehirn iſt, erſtreckten ihre Wir- kungen ſowohl in die thieriſchen Maſchinen, als auch, durch dieſe, in die mechaniſchen. §. 117. Der eigentliche Sitz der Nervenkraͤfte ſind die Nerven: denn alle urſpruͤngliche thieriſche Kraͤfte haben ihren Sitz nur in thieriſchen Ma- ſchinen, §. 6. ob ſie gleich mit den thieriſchen, in andre Maſchinen uͤbergehen, und darinn thieriſche Wirkungen verrichten koͤnnen. §. 7. Die eigentlichen thieriſchen Ma- ſchinen ſind das Gehirn und die Nerven, worinn die Le- bensgeiſter, als die Vermittler der thieriſchen Verrichtun- gen, enthalten ſind. §. 9. Die Verrichtungen des Ge- hirns, als einer beſeelten thieriſchen Maſchine, ſind aber hauptſaͤchlich nur Seelenwirkungen, §. 25. mithin ſeine eigenthuͤmlichen thieriſchen Kraͤfte nur thieriſche Seelen- kraͤfte. §. 6. Da nun die Nervenkraͤfte keine thieriſchen Seelenkraͤfte, §. 356. folglich dem Gehirne nicht eigent- lich noch vorzuͤglich eigen, und außer dem beſeelten Gehir- ne nur die mit Lebensgeiſtern verſehenen Nerven, und etwa die Markrinde, die das beſeelte Gehirn umgiebt, §. 159. wahre thieriſche Maſchinen ſind, §. 9. ſo muß der Hauptſitz der urſpruͤnglichen Nervenkraͤfte eigentlich in den Ner- ven ſeyn. §. 373. Es kann inzwiſchen nicht gelaͤugnet werden, daß das Gehirnmark ſelbſt an den Nervenkraͤften einigen Antheil A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/393
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/393>, abgerufen am 24.04.2024.