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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenkräfte.
wie die unsrigen: aber doch thierische Maschinen, §. 6. die
äußerer sinnlicher Eindrücke fähig sind, §. 31. 32. wo-
durch sie die mechanischen Maschinen der Jnsekten zu thie-
rischen Bewegungen reizen, §. 7. 162. mithin eine Art
von Bewegungsnerven, §. 14. die also nichts für die ur-
sprüngliche thierische bewegende Kraft der Muskelfasern be-
weisen. "Es hat das Fleisch der Jnsekten ebenfalls seine
"Nervenfasern." H. gr. P. 4 Th. S. 669. Wenn gleich
die Jnsekten, aus Mangel eines Gehirns, die äußern sinn-
lichen Eindrücke in ihre Nerven nie empfänden, §. 35. so
könnten diese dem ungeachtet die muskelartigen Fäsergen
derselben, denen sie sich einverleiben, thierisch bewegen,
§. 358.

Die Bewegungen der Pflanzen, selbst der Fühlpflan-
zen, sind nicht thierisch, sondern man findet bey genauerer
Untersuchung ihrer Strucktur, daß Wärme, Kälte und
die Berührung ihre schnellen Bewegungen, nach den me-
chanischen Gesetzen der Bewegung organischer Körper,
wirken.

§. 386.

4. "Jn der Bewegung der Muskeln, die wirklich von
"den Nerven kömmt, (der Herr v. Haller versteht darun-
"ter hier blos die Seelenwirkungen in den Muskeln, oder
"die Bewegungen derselben, die, nach unsrer Art zu reden,
"von innern sinnlichen Eindrücken der Vorstellungen her-
"rühren, hauptsächlich die willkührlichen und freywilligen
"Bewegungen,) kann man die Seele als einen Grund der-
"selben ansehen, in der angebornen aber nicht. Das Herz,
"die Gedärme und etliche Werkzeuge der Liebe, werden von
"der angebornen (muskular) Kraft und von den Reizen
"regieret. Diese Bewegungen entstehen nicht von dem
"Willen, er kann sie weder vermindern noch vermehren,
"noch aufheben, noch verändern. Keine Gewohnheit, keine
"Kunst kann machen, daß die Werkzeuge der angebornen
"Bewegung dem Willen gehorchen, noch daß diejenigen,

"die

II Th. Nervenkraͤfte.
wie die unſrigen: aber doch thieriſche Maſchinen, §. 6. die
aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke faͤhig ſind, §. 31. 32. wo-
durch ſie die mechaniſchen Maſchinen der Jnſekten zu thie-
riſchen Bewegungen reizen, §. 7. 162. mithin eine Art
von Bewegungsnerven, §. 14. die alſo nichts fuͤr die ur-
ſpruͤngliche thieriſche bewegende Kraft der Muskelfaſern be-
weiſen. „Es hat das Fleiſch der Jnſekten ebenfalls ſeine
„Nervenfaſern.“ H. gr. P. 4 Th. S. 669. Wenn gleich
die Jnſekten, aus Mangel eines Gehirns, die aͤußern ſinn-
lichen Eindruͤcke in ihre Nerven nie empfaͤnden, §. 35. ſo
koͤnnten dieſe dem ungeachtet die muskelartigen Faͤſergen
derſelben, denen ſie ſich einverleiben, thieriſch bewegen,
§. 358.

Die Bewegungen der Pflanzen, ſelbſt der Fuͤhlpflan-
zen, ſind nicht thieriſch, ſondern man findet bey genauerer
Unterſuchung ihrer Strucktur, daß Waͤrme, Kaͤlte und
die Beruͤhrung ihre ſchnellen Bewegungen, nach den me-
chaniſchen Geſetzen der Bewegung organiſcher Koͤrper,
wirken.

§. 386.

4. „Jn der Bewegung der Muskeln, die wirklich von
„den Nerven koͤmmt, (der Herr v. Haller verſteht darun-
„ter hier blos die Seelenwirkungen in den Muskeln, oder
„die Bewegungen derſelben, die, nach unſrer Art zu reden,
„von innern ſinnlichen Eindruͤcken der Vorſtellungen her-
„ruͤhren, hauptſaͤchlich die willkuͤhrlichen und freywilligen
„Bewegungen,) kann man die Seele als einen Grund der-
„ſelben anſehen, in der angebornen aber nicht. Das Herz,
„die Gedaͤrme und etliche Werkzeuge der Liebe, werden von
„der angebornen (muskular) Kraft und von den Reizen
„regieret. Dieſe Bewegungen entſtehen nicht von dem
„Willen, er kann ſie weder vermindern noch vermehren,
„noch aufheben, noch veraͤndern. Keine Gewohnheit, keine
„Kunſt kann machen, daß die Werkzeuge der angebornen
„Bewegung dem Willen gehorchen, noch daß diejenigen,

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[384/0408] II Th. Nervenkraͤfte. wie die unſrigen: aber doch thieriſche Maſchinen, §. 6. die aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke faͤhig ſind, §. 31. 32. wo- durch ſie die mechaniſchen Maſchinen der Jnſekten zu thie- riſchen Bewegungen reizen, §. 7. 162. mithin eine Art von Bewegungsnerven, §. 14. die alſo nichts fuͤr die ur- ſpruͤngliche thieriſche bewegende Kraft der Muskelfaſern be- weiſen. „Es hat das Fleiſch der Jnſekten ebenfalls ſeine „Nervenfaſern.“ H. gr. P. 4 Th. S. 669. Wenn gleich die Jnſekten, aus Mangel eines Gehirns, die aͤußern ſinn- lichen Eindruͤcke in ihre Nerven nie empfaͤnden, §. 35. ſo koͤnnten dieſe dem ungeachtet die muskelartigen Faͤſergen derſelben, denen ſie ſich einverleiben, thieriſch bewegen, §. 358. Die Bewegungen der Pflanzen, ſelbſt der Fuͤhlpflan- zen, ſind nicht thieriſch, ſondern man findet bey genauerer Unterſuchung ihrer Strucktur, daß Waͤrme, Kaͤlte und die Beruͤhrung ihre ſchnellen Bewegungen, nach den me- chaniſchen Geſetzen der Bewegung organiſcher Koͤrper, wirken. §. 386. 4. „Jn der Bewegung der Muskeln, die wirklich von „den Nerven koͤmmt, (der Herr v. Haller verſteht darun- „ter hier blos die Seelenwirkungen in den Muskeln, oder „die Bewegungen derſelben, die, nach unſrer Art zu reden, „von innern ſinnlichen Eindruͤcken der Vorſtellungen her- „ruͤhren, hauptſaͤchlich die willkuͤhrlichen und freywilligen „Bewegungen,) kann man die Seele als einen Grund der- „ſelben anſehen, in der angebornen aber nicht. Das Herz, „die Gedaͤrme und etliche Werkzeuge der Liebe, werden von „der angebornen (muskular) Kraft und von den Reizen „regieret. Dieſe Bewegungen entſtehen nicht von dem „Willen, er kann ſie weder vermindern noch vermehren, „noch aufheben, noch veraͤndern. Keine Gewohnheit, keine „Kunſt kann machen, daß die Werkzeuge der angebornen „Bewegung dem Willen gehorchen, noch daß diejenigen, „die

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/408>, abgerufen am 29.03.2024.