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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. sinnl. Eindr.
dem Gehirne näher, im Marke erreget wird, weiter ab-
wärts, als bis an dieselbe, und nur durch diejenigen Thei-
le und Zweige des Nerven, die zwischen dem Orte der Be-
rührung und der Verletzung liegen, werden in den mecha-
nischen Maschinen, denen sie sich einverleiben, Nervenwir-
kungen hervorgebracht. Giebt man aber dem gebundenen
Nerven unter der gebundenen Stelle, entfernter vom Ge-
hirne, einen innern sinnlichen Eindruck; sv geht er von da
bis zu den Spitzen des Nerven fort, und seine Nervenwir-
kungen erstrecken sich, wenn sonst keine Hindernisse vor-
handen sind, durch alle diejenigen mechanischen Maschinen,
die derselbe Nerve von da an durchdringt, oder mit seinen
Zweigen versieht. Dieß sind Erfahrungssätze, die aus
den Versuchen der Physiologen bekannt genug sind. §. 359.
H. P. §. 367. 403.

§. 494.

1. Die Nervenwirkungen von innern sinnlichen Ein-
drücken ohne Vorstellungen erfolgen also in den mechani-
schen Maschinen nur in so fern, als sie sich vom Punkte
der Berührung an, bis in die mechanischen Maschinen
fortpflanzen können. §. 493. Es kann demnach das Ge-
hirn zerstöret, ja der ganze Kopf vom Thiere getrennet
seyn, so wird doch ein innerer sinnlicher Eindruck ohne Vor-
stellungen ins Rückenmark, oder in einen Nervenstamm,
kurz, jeder, der nur nicht beym Ursprunge eines Nerven
im Gehirne angebracht werden soll, §. 483. in denjenigen
mechanischen Maschinen Nervenwirkungen hervorbringen,
die ihre Nerven aus dem Theile des Rückenmarks oder ei-
nes Nervenstammes empfangen, der unter dem berührten
Punkte weiter abwärts vom Gehirne liegt, wenn nur sonst
keine Hindernisse seines Fortganges im Wege sind. So
entspringt ein enthaupteter Frosch dennoch, wenn man sein
Rückenmark mit einer Nadel reizet, und das Gehirn ist al-
so eben so wenig als die Vorstellungskraft, §. 25. zu den
Nervenwirkungen dieser innern sinnlichen Eindrücke unent-

behrlich,

II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.
dem Gehirne naͤher, im Marke erreget wird, weiter ab-
waͤrts, als bis an dieſelbe, und nur durch diejenigen Thei-
le und Zweige des Nerven, die zwiſchen dem Orte der Be-
ruͤhrung und der Verletzung liegen, werden in den mecha-
niſchen Maſchinen, denen ſie ſich einverleiben, Nervenwir-
kungen hervorgebracht. Giebt man aber dem gebundenen
Nerven unter der gebundenen Stelle, entfernter vom Ge-
hirne, einen innern ſinnlichen Eindruck; ſv geht er von da
bis zu den Spitzen des Nerven fort, und ſeine Nervenwir-
kungen erſtrecken ſich, wenn ſonſt keine Hinderniſſe vor-
handen ſind, durch alle diejenigen mechaniſchen Maſchinen,
die derſelbe Nerve von da an durchdringt, oder mit ſeinen
Zweigen verſieht. Dieß ſind Erfahrungsſaͤtze, die aus
den Verſuchen der Phyſiologen bekannt genug ſind. §. 359.
H. P. §. 367. 403.

§. 494.

1. Die Nervenwirkungen von innern ſinnlichen Ein-
druͤcken ohne Vorſtellungen erfolgen alſo in den mechani-
ſchen Maſchinen nur in ſo fern, als ſie ſich vom Punkte
der Beruͤhrung an, bis in die mechaniſchen Maſchinen
fortpflanzen koͤnnen. §. 493. Es kann demnach das Ge-
hirn zerſtoͤret, ja der ganze Kopf vom Thiere getrennet
ſeyn, ſo wird doch ein innerer ſinnlicher Eindruck ohne Vor-
ſtellungen ins Ruͤckenmark, oder in einen Nervenſtamm,
kurz, jeder, der nur nicht beym Urſprunge eines Nerven
im Gehirne angebracht werden ſoll, §. 483. in denjenigen
mechaniſchen Maſchinen Nervenwirkungen hervorbringen,
die ihre Nerven aus dem Theile des Ruͤckenmarks oder ei-
nes Nervenſtammes empfangen, der unter dem beruͤhrten
Punkte weiter abwaͤrts vom Gehirne liegt, wenn nur ſonſt
keine Hinderniſſe ſeines Fortganges im Wege ſind. So
entſpringt ein enthaupteter Froſch dennoch, wenn man ſein
Ruͤckenmark mit einer Nadel reizet, und das Gehirn iſt al-
ſo eben ſo wenig als die Vorſtellungskraft, §. 25. zu den
Nervenwirkungen dieſer innern ſinnlichen Eindruͤcke unent-

behrlich,
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[490/0514] II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr. dem Gehirne naͤher, im Marke erreget wird, weiter ab- waͤrts, als bis an dieſelbe, und nur durch diejenigen Thei- le und Zweige des Nerven, die zwiſchen dem Orte der Be- ruͤhrung und der Verletzung liegen, werden in den mecha- niſchen Maſchinen, denen ſie ſich einverleiben, Nervenwir- kungen hervorgebracht. Giebt man aber dem gebundenen Nerven unter der gebundenen Stelle, entfernter vom Ge- hirne, einen innern ſinnlichen Eindruck; ſv geht er von da bis zu den Spitzen des Nerven fort, und ſeine Nervenwir- kungen erſtrecken ſich, wenn ſonſt keine Hinderniſſe vor- handen ſind, durch alle diejenigen mechaniſchen Maſchinen, die derſelbe Nerve von da an durchdringt, oder mit ſeinen Zweigen verſieht. Dieß ſind Erfahrungsſaͤtze, die aus den Verſuchen der Phyſiologen bekannt genug ſind. §. 359. H. P. §. 367. 403. §. 494. 1. Die Nervenwirkungen von innern ſinnlichen Ein- druͤcken ohne Vorſtellungen erfolgen alſo in den mechani- ſchen Maſchinen nur in ſo fern, als ſie ſich vom Punkte der Beruͤhrung an, bis in die mechaniſchen Maſchinen fortpflanzen koͤnnen. §. 493. Es kann demnach das Ge- hirn zerſtoͤret, ja der ganze Kopf vom Thiere getrennet ſeyn, ſo wird doch ein innerer ſinnlicher Eindruck ohne Vor- ſtellungen ins Ruͤckenmark, oder in einen Nervenſtamm, kurz, jeder, der nur nicht beym Urſprunge eines Nerven im Gehirne angebracht werden ſoll, §. 483. in denjenigen mechaniſchen Maſchinen Nervenwirkungen hervorbringen, die ihre Nerven aus dem Theile des Ruͤckenmarks oder ei- nes Nervenſtammes empfangen, der unter dem beruͤhrten Punkte weiter abwaͤrts vom Gehirne liegt, wenn nur ſonſt keine Hinderniſſe ſeines Fortganges im Wege ſind. So entſpringt ein enthaupteter Froſch dennoch, wenn man ſein Ruͤckenmark mit einer Nadel reizet, und das Gehirn iſt al- ſo eben ſo wenig als die Vorſtellungskraft, §. 25. zu den Nervenwirkungen dieſer innern ſinnlichen Eindruͤcke unent- behrlich,

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/514>, abgerufen am 19.04.2024.