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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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2 Abschn. insbesondre.
eigentlich versuchet, sondern nur die augenscheinlichen un-
mittelbaren Nervenwirkungen der äußern sinnlichen Ein-
drücke am Herzen beobachtet hat. Es wäre der Mühe
werth, künftig lieber vielmehr zu versuchen. Die Ner-
ven des Herzens haben ganz besondre Eigenschaften, die
die Wirkungen der sinnlichen Eindrücke in sie ganz anders
bestimmen können, als bey andern Muskeln. Jhre große
Menge, ihr Ausgang aus so sehr verschiedenen Punkten,
(H. gr. P. 4 B. S. 625.) ihre mannichfaltige Vereini-
gung, ihre Knoten, ihr wunderbares Geflecht, verdienen
die größte Aufmerksamkeit. H. P. §. 99. Vermuthlich
würden die Erfolge ganz verschieden ausfallen, wenn man
die Hauptnerven über, als wenn man sie unter den Kno-
ten oder Vereinigungs- oder Scheidepunkten bände oder
zerschnitte, und an ganz verschiedenen Stellen reizete.
Vielleicht beruhet auf solchen Unterschieden die Verschie-
denheit des Erfolgs, daß zuweilen eine Reizung der Herz-
nerven, (ein ursprünglicher innerer sinnlicher Eindruck in
sie,) seine Bewegung verstärket, ein andermal sie unverän-
dert gelassen hat, H P. §. 100. 101. und daß die Zerrüt-
tung des großen und kleinen Gehirns und des Rücken-
marks dieselbe gar nicht unterbricht, H. P. §. 101. und
doch, nach Lorrys Beobachtung die Verletzung der einzi-
gen Stelle des verlängerten Marks beym zweyten Halswir-
belbeine sie augenblicklich tödtet, u. s. w.

§. 517.

Da das Herz ein aus viel andern zusammengesetzter
Muskel ist, die von gemeinschaftlichen Nerven regieret
werden, und da jeder dieser Muskeln sich allein und ohne
die übrigen thierisch zusammenziehen kann und in den ge-
wöhnlichen Versuchen mit ausgeschnittenen Herzen oft wirk-
lich zusammenzieht; so ist es wahrscheinlicher, daß die thie-
rische Bewegung des ganzen Herzen, oder der eigentliche
Herzschlag, von äußern sinnlichen Eindrücken, eine mit-
telbare Nervenwirkung derselben, dadurch daß sie schon im

Herzen

2 Abſchn. insbeſondre.
eigentlich verſuchet, ſondern nur die augenſcheinlichen un-
mittelbaren Nervenwirkungen der aͤußern ſinnlichen Ein-
druͤcke am Herzen beobachtet hat. Es waͤre der Muͤhe
werth, kuͤnftig lieber vielmehr zu verſuchen. Die Ner-
ven des Herzens haben ganz beſondre Eigenſchaften, die
die Wirkungen der ſinnlichen Eindruͤcke in ſie ganz anders
beſtimmen koͤnnen, als bey andern Muskeln. Jhre große
Menge, ihr Ausgang aus ſo ſehr verſchiedenen Punkten,
(H. gr. P. 4 B. S. 625.) ihre mannichfaltige Vereini-
gung, ihre Knoten, ihr wunderbares Geflecht, verdienen
die groͤßte Aufmerkſamkeit. H. P. §. 99. Vermuthlich
wuͤrden die Erfolge ganz verſchieden ausfallen, wenn man
die Hauptnerven uͤber, als wenn man ſie unter den Kno-
ten oder Vereinigungs- oder Scheidepunkten baͤnde oder
zerſchnitte, und an ganz verſchiedenen Stellen reizete.
Vielleicht beruhet auf ſolchen Unterſchieden die Verſchie-
denheit des Erfolgs, daß zuweilen eine Reizung der Herz-
nerven, (ein urſpruͤnglicher innerer ſinnlicher Eindruck in
ſie,) ſeine Bewegung verſtaͤrket, ein andermal ſie unveraͤn-
dert gelaſſen hat, H P. §. 100. 101. und daß die Zerruͤt-
tung des großen und kleinen Gehirns und des Ruͤcken-
marks dieſelbe gar nicht unterbricht, H. P. §. 101. und
doch, nach Lorrys Beobachtung die Verletzung der einzi-
gen Stelle des verlaͤngerten Marks beym zweyten Halswir-
belbeine ſie augenblicklich toͤdtet, u. ſ. w.

§. 517.

Da das Herz ein aus viel andern zuſammengeſetzter
Muskel iſt, die von gemeinſchaftlichen Nerven regieret
werden, und da jeder dieſer Muskeln ſich allein und ohne
die uͤbrigen thieriſch zuſammenziehen kann und in den ge-
woͤhnlichen Verſuchen mit ausgeſchnittenen Herzen oft wirk-
lich zuſammenzieht; ſo iſt es wahrſcheinlicher, daß die thie-
riſche Bewegung des ganzen Herzen, oder der eigentliche
Herzſchlag, von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, eine mit-
telbare Nervenwirkung derſelben, dadurch daß ſie ſchon im

Herzen
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[511/0535] 2 Abſchn. insbeſondre. eigentlich verſuchet, ſondern nur die augenſcheinlichen un- mittelbaren Nervenwirkungen der aͤußern ſinnlichen Ein- druͤcke am Herzen beobachtet hat. Es waͤre der Muͤhe werth, kuͤnftig lieber vielmehr zu verſuchen. Die Ner- ven des Herzens haben ganz beſondre Eigenſchaften, die die Wirkungen der ſinnlichen Eindruͤcke in ſie ganz anders beſtimmen koͤnnen, als bey andern Muskeln. Jhre große Menge, ihr Ausgang aus ſo ſehr verſchiedenen Punkten, (H. gr. P. 4 B. S. 625.) ihre mannichfaltige Vereini- gung, ihre Knoten, ihr wunderbares Geflecht, verdienen die groͤßte Aufmerkſamkeit. H. P. §. 99. Vermuthlich wuͤrden die Erfolge ganz verſchieden ausfallen, wenn man die Hauptnerven uͤber, als wenn man ſie unter den Kno- ten oder Vereinigungs- oder Scheidepunkten baͤnde oder zerſchnitte, und an ganz verſchiedenen Stellen reizete. Vielleicht beruhet auf ſolchen Unterſchieden die Verſchie- denheit des Erfolgs, daß zuweilen eine Reizung der Herz- nerven, (ein urſpruͤnglicher innerer ſinnlicher Eindruck in ſie,) ſeine Bewegung verſtaͤrket, ein andermal ſie unveraͤn- dert gelaſſen hat, H P. §. 100. 101. und daß die Zerruͤt- tung des großen und kleinen Gehirns und des Ruͤcken- marks dieſelbe gar nicht unterbricht, H. P. §. 101. und doch, nach Lorrys Beobachtung die Verletzung der einzi- gen Stelle des verlaͤngerten Marks beym zweyten Halswir- belbeine ſie augenblicklich toͤdtet, u. ſ. w. §. 517. Da das Herz ein aus viel andern zuſammengeſetzter Muskel iſt, die von gemeinſchaftlichen Nerven regieret werden, und da jeder dieſer Muskeln ſich allein und ohne die uͤbrigen thieriſch zuſammenziehen kann und in den ge- woͤhnlichen Verſuchen mit ausgeſchnittenen Herzen oft wirk- lich zuſammenzieht; ſo iſt es wahrſcheinlicher, daß die thie- riſche Bewegung des ganzen Herzen, oder der eigentliche Herzſchlag, von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, eine mit- telbare Nervenwirkung derſelben, dadurch daß ſie ſchon im Herzen

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/535>, abgerufen am 25.04.2024.