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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An sich betr.
zusammengesetztere, größere Bewegungen, als die von
schwächern, und aus gleichen Gründen sind auch die Vor-
stellungen stärkerer materieller Jdeen zusammengesetztere,
größere Vorstellungen, als die von schwächern.

§. 27.

Alle Vorstellungen sind Wirkungen der Vorstellungs-
kraft, also Handlungen der Seele. Alle materielle Jdeen
sind Wirkungen der thierischen Seelenkraft des Gehirns,
§. 25. 6. also Wirkungen der thierischen bewegenden Kräf-
te einer thierischen Maschine. Da aber keine ohne die an-
dere entstehen kann, §. 25. so werden sowohl die Vorstel-
lungen, als die materiellen Jdeen insgesammt, durch zwey-
erley gemeinschaftlich wirkende Kräfte der Seele und des
Gehirns gewirket. Wenn die thierischen Maschinen durch
vorhergehende, in ihnen von außen her erregte Eindrücke,
materielle Jdeen im Gehirne erzeugen, und solchergestalt
die Vorstellungskraft zur Mitwirkung veranlassen, wie z.
E. bey den äußern Empfindungen geschiehet, so heißen die-
se Vorstellungen, in dieser Beziehung, blos natürliche
(sinnliche) Vorstellungen
der Seele, die in ihr auf ei-
ne natürlich nothwendige Weise entstehen, B. M. §. 522.
und nach den Gesetzen der äußern Eindrücke, in so fern sie
die thierische Seelenkraft des Gehirns in Wirkung setzen,
aufeinander folgen. Wenn hingegen ohne vorhergegange-
ne in den thierischen Maschinen erregte äußerliche Eindrü-
cke, Vorstellungen und ihre materielle Jdeen durch die Vor-
stellungskraft der Seele hervorgebracht werden, die sol-
chergestalt die thierischen Seelenkräfte des Gehirns zur
Mitwirkung veranlassen, wie solches z. E. bey den freywil-
ligen Entschließungen geschiehet, so heißen diese Vorstel-
lungen in so fern eigenmächtige, (selbstthätige, phy-
siologisch freye,)
B. M. §. 520. H. P. §. 570. die nach
den psychologischen Gesetzen der Vorstellungskraft ausein-
ander folgen. Weder die blos natürlichen noch die eigen-
mächtigen Vorstellungen können ohne materielle Jdeen

zur

I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
zuſammengeſetztere, groͤßere Bewegungen, als die von
ſchwaͤchern, und aus gleichen Gruͤnden ſind auch die Vor-
ſtellungen ſtaͤrkerer materieller Jdeen zuſammengeſetztere,
groͤßere Vorſtellungen, als die von ſchwaͤchern.

§. 27.

Alle Vorſtellungen ſind Wirkungen der Vorſtellungs-
kraft, alſo Handlungen der Seele. Alle materielle Jdeen
ſind Wirkungen der thieriſchen Seelenkraft des Gehirns,
§. 25. 6. alſo Wirkungen der thieriſchen bewegenden Kraͤf-
te einer thieriſchen Maſchine. Da aber keine ohne die an-
dere entſtehen kann, §. 25. ſo werden ſowohl die Vorſtel-
lungen, als die materiellen Jdeen insgeſammt, durch zwey-
erley gemeinſchaftlich wirkende Kraͤfte der Seele und des
Gehirns gewirket. Wenn die thieriſchen Maſchinen durch
vorhergehende, in ihnen von außen her erregte Eindruͤcke,
materielle Jdeen im Gehirne erzeugen, und ſolchergeſtalt
die Vorſtellungskraft zur Mitwirkung veranlaſſen, wie z.
E. bey den aͤußern Empfindungen geſchiehet, ſo heißen die-
ſe Vorſtellungen, in dieſer Beziehung, blos natuͤrliche
(ſinnliche) Vorſtellungen
der Seele, die in ihr auf ei-
ne natuͤrlich nothwendige Weiſe entſtehen, B. M. §. 522.
und nach den Geſetzen der aͤußern Eindruͤcke, in ſo fern ſie
die thieriſche Seelenkraft des Gehirns in Wirkung ſetzen,
aufeinander folgen. Wenn hingegen ohne vorhergegange-
ne in den thieriſchen Maſchinen erregte aͤußerliche Eindruͤ-
cke, Vorſtellungen und ihre materielle Jdeen durch die Vor-
ſtellungskraft der Seele hervorgebracht werden, die ſol-
chergeſtalt die thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns zur
Mitwirkung veranlaſſen, wie ſolches z. E. bey den freywil-
ligen Entſchließungen geſchiehet, ſo heißen dieſe Vorſtel-
lungen in ſo fern eigenmaͤchtige, (ſelbſtthaͤtige, phy-
ſiologiſch freye,)
B. M. §. 520. H. P. §. 570. die nach
den pſychologiſchen Geſetzen der Vorſtellungskraft auſein-
ander folgen. Weder die blos natuͤrlichen noch die eigen-
maͤchtigen Vorſtellungen koͤnnen ohne materielle Jdeen

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[44/0068] I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr. zuſammengeſetztere, groͤßere Bewegungen, als die von ſchwaͤchern, und aus gleichen Gruͤnden ſind auch die Vor- ſtellungen ſtaͤrkerer materieller Jdeen zuſammengeſetztere, groͤßere Vorſtellungen, als die von ſchwaͤchern. §. 27. Alle Vorſtellungen ſind Wirkungen der Vorſtellungs- kraft, alſo Handlungen der Seele. Alle materielle Jdeen ſind Wirkungen der thieriſchen Seelenkraft des Gehirns, §. 25. 6. alſo Wirkungen der thieriſchen bewegenden Kraͤf- te einer thieriſchen Maſchine. Da aber keine ohne die an- dere entſtehen kann, §. 25. ſo werden ſowohl die Vorſtel- lungen, als die materiellen Jdeen insgeſammt, durch zwey- erley gemeinſchaftlich wirkende Kraͤfte der Seele und des Gehirns gewirket. Wenn die thieriſchen Maſchinen durch vorhergehende, in ihnen von außen her erregte Eindruͤcke, materielle Jdeen im Gehirne erzeugen, und ſolchergeſtalt die Vorſtellungskraft zur Mitwirkung veranlaſſen, wie z. E. bey den aͤußern Empfindungen geſchiehet, ſo heißen die- ſe Vorſtellungen, in dieſer Beziehung, blos natuͤrliche (ſinnliche) Vorſtellungen der Seele, die in ihr auf ei- ne natuͤrlich nothwendige Weiſe entſtehen, B. M. §. 522. und nach den Geſetzen der aͤußern Eindruͤcke, in ſo fern ſie die thieriſche Seelenkraft des Gehirns in Wirkung ſetzen, aufeinander folgen. Wenn hingegen ohne vorhergegange- ne in den thieriſchen Maſchinen erregte aͤußerliche Eindruͤ- cke, Vorſtellungen und ihre materielle Jdeen durch die Vor- ſtellungskraft der Seele hervorgebracht werden, die ſol- chergeſtalt die thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns zur Mitwirkung veranlaſſen, wie ſolches z. E. bey den freywil- ligen Entſchließungen geſchiehet, ſo heißen dieſe Vorſtel- lungen in ſo fern eigenmaͤchtige, (ſelbſtthaͤtige, phy- ſiologiſch freye,) B. M. §. 520. H. P. §. 570. die nach den pſychologiſchen Geſetzen der Vorſtellungskraft auſein- ander folgen. Weder die blos natuͤrlichen noch die eigen- maͤchtigen Vorſtellungen koͤnnen ohne materielle Jdeen zur

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/68>, abgerufen am 28.03.2024.