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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
thun, B. M. §. 576. wider allen Redegebrauch, eine ent-
hauptete Schildkröte, die noch ein halbes Jahr umher-
kriecht, enthauptete Schmetterlinge, die sich begatten und
Eyer legen, enthauptete Eydechsen, die viele Tage im Grase
umher schlüpfen, und enthauptete Schnecken, die auf ihre
Nahrung ausgehen, und nach einiger Zeit wieder einen
Kopf haben werden, todte Thiere, oder Leichname zu nennen.

§. 644.

Das Leben eines jeden Thieres hat vier große Perioden
der thierischen Natur. Die erste ist die Periode der Bil-
dung,
die von dem Augenblicke der Absonderung des thie-
rischen Keims vom ältern Thiere an, §. 630. bis zu dem
Augenblicke fortwähret, da es so weit ausgebildet ist, daß
es als ein für sich bestehendes Thier existiren kann. Diese
Periode endiget sich bey den meisten Arten der Thiere durch
die Geburt, da sie entweder lebendig aus dem Leibe der
Mutter, oder aus den Eyern derselben, die sie zuvor abge-
leget, hervorgehen, oder bey denen, wo die von den ältern
Thieren abgesonderten, dem Ganzen ähnlichen Gliedma-
ßen, das neue Thier formiren, alsdann, wenn diese Glied-
maßen denjenigen Zuwachs und die Ausbildung aller Thei-
le erhalten haben, welche dazu erfodert werden, daß es,
als ein für sich bestehendes Thier seiner Art, den Zwecken
der Natur gemäß handelt. Von dieser Periode des thie-
rischen Lebens ist das, was zur allgemeinen Physiologie der
besondern thierischen Natur gehöret, §. 633. im ganzen
vorhergehenden Kapitel abgehandelt worden.

§. 645.

Die zwote Periode des Lebens eines Thieres ist die Pe-
riode des Wachsthums.
Von dem Augenblicke an,
da ein Thier als ein für sich bestehendes seiner Art existiret,
bildet es sich durch seine eignen Kräfte nach und nach im-
mer mehr aus, bis es zu allen den natürlichen Verrich-
tungen in ihrem ganzen Umfange völlig geschickt ist, die

der

III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
thun, B. M. §. 576. wider allen Redegebrauch, eine ent-
hauptete Schildkroͤte, die noch ein halbes Jahr umher-
kriecht, enthauptete Schmetterlinge, die ſich begatten und
Eyer legen, enthauptete Eydechſen, die viele Tage im Graſe
umher ſchluͤpfen, und enthauptete Schnecken, die auf ihre
Nahrung ausgehen, und nach einiger Zeit wieder einen
Kopf haben werden, todte Thiere, oder Leichname zu nennen.

§. 644.

Das Leben eines jeden Thieres hat vier große Perioden
der thieriſchen Natur. Die erſte iſt die Periode der Bil-
dung,
die von dem Augenblicke der Abſonderung des thie-
riſchen Keims vom aͤltern Thiere an, §. 630. bis zu dem
Augenblicke fortwaͤhret, da es ſo weit ausgebildet iſt, daß
es als ein fuͤr ſich beſtehendes Thier exiſtiren kann. Dieſe
Periode endiget ſich bey den meiſten Arten der Thiere durch
die Geburt, da ſie entweder lebendig aus dem Leibe der
Mutter, oder aus den Eyern derſelben, die ſie zuvor abge-
leget, hervorgehen, oder bey denen, wo die von den aͤltern
Thieren abgeſonderten, dem Ganzen aͤhnlichen Gliedma-
ßen, das neue Thier formiren, alsdann, wenn dieſe Glied-
maßen denjenigen Zuwachs und die Ausbildung aller Thei-
le erhalten haben, welche dazu erfodert werden, daß es,
als ein fuͤr ſich beſtehendes Thier ſeiner Art, den Zwecken
der Natur gemaͤß handelt. Von dieſer Periode des thie-
riſchen Lebens iſt das, was zur allgemeinen Phyſiologie der
beſondern thieriſchen Natur gehoͤret, §. 633. im ganzen
vorhergehenden Kapitel abgehandelt worden.

§. 645.

Die zwote Periode des Lebens eines Thieres iſt die Pe-
riode des Wachsthums.
Von dem Augenblicke an,
da ein Thier als ein fuͤr ſich beſtehendes ſeiner Art exiſtiret,
bildet es ſich durch ſeine eignen Kraͤfte nach und nach im-
mer mehr aus, bis es zu allen den natuͤrlichen Verrich-
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[660/0684] III Th. Natur der Thiere im Ganzen. thun, B. M. §. 576. wider allen Redegebrauch, eine ent- hauptete Schildkroͤte, die noch ein halbes Jahr umher- kriecht, enthauptete Schmetterlinge, die ſich begatten und Eyer legen, enthauptete Eydechſen, die viele Tage im Graſe umher ſchluͤpfen, und enthauptete Schnecken, die auf ihre Nahrung ausgehen, und nach einiger Zeit wieder einen Kopf haben werden, todte Thiere, oder Leichname zu nennen. §. 644. Das Leben eines jeden Thieres hat vier große Perioden der thieriſchen Natur. Die erſte iſt die Periode der Bil- dung, die von dem Augenblicke der Abſonderung des thie- riſchen Keims vom aͤltern Thiere an, §. 630. bis zu dem Augenblicke fortwaͤhret, da es ſo weit ausgebildet iſt, daß es als ein fuͤr ſich beſtehendes Thier exiſtiren kann. Dieſe Periode endiget ſich bey den meiſten Arten der Thiere durch die Geburt, da ſie entweder lebendig aus dem Leibe der Mutter, oder aus den Eyern derſelben, die ſie zuvor abge- leget, hervorgehen, oder bey denen, wo die von den aͤltern Thieren abgeſonderten, dem Ganzen aͤhnlichen Gliedma- ßen, das neue Thier formiren, alsdann, wenn dieſe Glied- maßen denjenigen Zuwachs und die Ausbildung aller Thei- le erhalten haben, welche dazu erfodert werden, daß es, als ein fuͤr ſich beſtehendes Thier ſeiner Art, den Zwecken der Natur gemaͤß handelt. Von dieſer Periode des thie- riſchen Lebens iſt das, was zur allgemeinen Phyſiologie der beſondern thieriſchen Natur gehoͤret, §. 633. im ganzen vorhergehenden Kapitel abgehandelt worden. §. 645. Die zwote Periode des Lebens eines Thieres iſt die Pe- riode des Wachsthums. Von dem Augenblicke an, da ein Thier als ein fuͤr ſich beſtehendes ſeiner Art exiſtiret, bildet es ſich durch ſeine eignen Kraͤfte nach und nach im- mer mehr aus, bis es zu allen den natuͤrlichen Verrich- tungen in ihrem ganzen Umfange voͤllig geſchickt iſt, die der

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/684>, abgerufen am 25.04.2024.