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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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6 Kap. Das Alter und der thierische Tod.
blos thierisches Leben noch so lange fortwähren, als von
beyden einige thierische Wirkungen im übrigen System
der thierischen Maschinen fortdauren. §. 711. 712.
Hieraus lassen sich die Fälle erklären, wenn Thiere, die zu-
gleich des Kopfs und Herzens beraubet werden, dennoch
das blos thierische Leben noch eine Zeitlang fortsetzen.

§. 714.

Der gänzliche thierische Tod muß ebenfalls erfolgen:

4. durch Alles, was das ganze System der thierischen
Maschinen zugleich aller seiner natürlich möglichen thie-
rischen Verrichtungen gänzlich unfähig machet, §. 710.
denn diese Ursache schließt ohnedem die vorigen gänzlichen
Todesarten §. 711. -- 713. mit ein; und sobald alle
thierische Wirkungen im Körper, die durch dieses Ver-
mögen dem Thiere natürlich sind, völlig aufgehöret ha-
ben, ist es gänzlich todt. §. 639. Es beruhet aber
dieses Vermögen des Systems der thierischen Maschinen
auf der natürlichen Strucktur des Gehirns als Absonde-
rungsmaschine und der Nerven, und auf der Gegenwart
und dem gehörigen Umtriebe der Lebensgeister in densel-
ben. §. 661. 663. So lange also die Strucktur der
thierischen Maschinen nicht wesentlich verdorben, nicht al-
les ihr Mark verzehret oder zerstöret, oder völlig wider-
natürlich verändert, so lange nicht alle Lebensgeister in
allen Theilen vernichtet, verdorben, oder ihr Umtrieb
nicht schlechterdings gehindert und aufgehoben ist, und
nur noch irgend ein Theil am ganzen Körper das Ver-
mögen besitzt, Eindrücke sinnlich anzunehmen, kann man
es nicht für gänzlich todt halten. Hieraus ist zu erklä-
ren, wie Thiere, deren System thierischer Maschinen
durch eine allgemeine Gewalt, die jede für sich besonders
widernatürlich hindert, zu allen merklichen thierischen
Verrichtungen unvermögend gemachet worden, z. E. wenn
sie im Winter durch und durch steif und fast zu Eis frie-
ren, oder wenn man einige mit Oehle benetzet, u. s. w.

doch

6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
blos thieriſches Leben noch ſo lange fortwaͤhren, als von
beyden einige thieriſche Wirkungen im uͤbrigen Syſtem
der thieriſchen Maſchinen fortdauren. §. 711. 712.
Hieraus laſſen ſich die Faͤlle erklaͤren, wenn Thiere, die zu-
gleich des Kopfs und Herzens beraubet werden, dennoch
das blos thieriſche Leben noch eine Zeitlang fortſetzen.

§. 714.

Der gaͤnzliche thieriſche Tod muß ebenfalls erfolgen:

4. durch Alles, was das ganze Syſtem der thieriſchen
Maſchinen zugleich aller ſeiner natuͤrlich moͤglichen thie-
riſchen Verrichtungen gaͤnzlich unfaͤhig machet, §. 710.
denn dieſe Urſache ſchließt ohnedem die vorigen gaͤnzlichen
Todesarten §. 711. — 713. mit ein; und ſobald alle
thieriſche Wirkungen im Koͤrper, die durch dieſes Ver-
moͤgen dem Thiere natuͤrlich ſind, voͤllig aufgehoͤret ha-
ben, iſt es gaͤnzlich todt. §. 639. Es beruhet aber
dieſes Vermoͤgen des Syſtems der thieriſchen Maſchinen
auf der natuͤrlichen Strucktur des Gehirns als Abſonde-
rungsmaſchine und der Nerven, und auf der Gegenwart
und dem gehoͤrigen Umtriebe der Lebensgeiſter in denſel-
ben. §. 661. 663. So lange alſo die Strucktur der
thieriſchen Maſchinen nicht weſentlich verdorben, nicht al-
les ihr Mark verzehret oder zerſtoͤret, oder voͤllig wider-
natuͤrlich veraͤndert, ſo lange nicht alle Lebensgeiſter in
allen Theilen vernichtet, verdorben, oder ihr Umtrieb
nicht ſchlechterdings gehindert und aufgehoben iſt, und
nur noch irgend ein Theil am ganzen Koͤrper das Ver-
moͤgen beſitzt, Eindruͤcke ſinnlich anzunehmen, kann man
es nicht fuͤr gaͤnzlich todt halten. Hieraus iſt zu erklaͤ-
ren, wie Thiere, deren Syſtem thieriſcher Maſchinen
durch eine allgemeine Gewalt, die jede fuͤr ſich beſonders
widernatuͤrlich hindert, zu allen merklichen thieriſchen
Verrichtungen unvermoͤgend gemachet worden, z. E. wenn
ſie im Winter durch und durch ſteif und faſt zu Eis frie-
ren, oder wenn man einige mit Oehle benetzet, u. ſ. w.

doch
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[717/0741] 6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod. blos thieriſches Leben noch ſo lange fortwaͤhren, als von beyden einige thieriſche Wirkungen im uͤbrigen Syſtem der thieriſchen Maſchinen fortdauren. §. 711. 712. Hieraus laſſen ſich die Faͤlle erklaͤren, wenn Thiere, die zu- gleich des Kopfs und Herzens beraubet werden, dennoch das blos thieriſche Leben noch eine Zeitlang fortſetzen. §. 714. Der gaͤnzliche thieriſche Tod muß ebenfalls erfolgen: 4. durch Alles, was das ganze Syſtem der thieriſchen Maſchinen zugleich aller ſeiner natuͤrlich moͤglichen thie- riſchen Verrichtungen gaͤnzlich unfaͤhig machet, §. 710. denn dieſe Urſache ſchließt ohnedem die vorigen gaͤnzlichen Todesarten §. 711. — 713. mit ein; und ſobald alle thieriſche Wirkungen im Koͤrper, die durch dieſes Ver- moͤgen dem Thiere natuͤrlich ſind, voͤllig aufgehoͤret ha- ben, iſt es gaͤnzlich todt. §. 639. Es beruhet aber dieſes Vermoͤgen des Syſtems der thieriſchen Maſchinen auf der natuͤrlichen Strucktur des Gehirns als Abſonde- rungsmaſchine und der Nerven, und auf der Gegenwart und dem gehoͤrigen Umtriebe der Lebensgeiſter in denſel- ben. §. 661. 663. So lange alſo die Strucktur der thieriſchen Maſchinen nicht weſentlich verdorben, nicht al- les ihr Mark verzehret oder zerſtoͤret, oder voͤllig wider- natuͤrlich veraͤndert, ſo lange nicht alle Lebensgeiſter in allen Theilen vernichtet, verdorben, oder ihr Umtrieb nicht ſchlechterdings gehindert und aufgehoben iſt, und nur noch irgend ein Theil am ganzen Koͤrper das Ver- moͤgen beſitzt, Eindruͤcke ſinnlich anzunehmen, kann man es nicht fuͤr gaͤnzlich todt halten. Hieraus iſt zu erklaͤ- ren, wie Thiere, deren Syſtem thieriſcher Maſchinen durch eine allgemeine Gewalt, die jede fuͤr ſich beſonders widernatuͤrlich hindert, zu allen merklichen thieriſchen Verrichtungen unvermoͤgend gemachet worden, z. E. wenn ſie im Winter durch und durch ſteif und faſt zu Eis frie- ren, oder wenn man einige mit Oehle benetzet, u. ſ. w. doch

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/741>, abgerufen am 25.04.2024.