Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

lasse, so wird doch alles dieses ihrem Ruhme
keinen Abbruch thun. Dieses ist eben das
Verderben, daß neue Meinungen nie unange-
fochten bleiben. Es ist kein grösseres Ver-
gnügen, als die Verschiedenheit derer Mei-
nungen, welche nur allein von dem Wesen der
Sele und ihrer Uebereinstimmung mit dem
Körper ersonnen worden sind, zu bedencken:
denn man findet gewiß dabey mehr lächerliches,
als der Werth der Sache beynahe erlaubet.
Jch kan nicht umhin die verschiedenen Mei-
nungen in dieser Sache meinen geehrtesten
Lesern
mitzutheilen, zumal da sie mir Gele-
genheit geben werden, meinem Vorsatze ein
Genügen zu thun, und ihnen mein Glaubens-
bekenntniß von der Art des Einflusses der Se-
le in den Körper zu eröfnen. Die Meinungen
die ich ietzo anzuführen willens bin, sind in An-
sehung des Entzwecks, warum man sie erdacht
hat, verschieden. Die Egoisten, Jdealisten
und Materialisten haben es nur allein mit
dem Wesen der Sele zu thun. Hingegen die
Occasionalisten, Harmonisten und Jnflu-
xionisten
bekümmern sich mehr um den Grund
der Uebereinstimmung derer Veränderungen
des Körpers und der Sele. Jch will mit de-
nen erstern den Anfang machen.

§. 3.

Die Egoisten und Jdealisten haben vor gut
befunden, die Würcklichkeit aller Körper zu
läugnen. Unter beyden aber ist doch die Mei-

nung
C

laſſe, ſo wird doch alles dieſes ihrem Ruhme
keinen Abbruch thun. Dieſes iſt eben das
Verderben, daß neue Meinungen nie unange-
fochten bleiben. Es iſt kein groͤſſeres Ver-
gnuͤgen, als die Verſchiedenheit derer Mei-
nungen, welche nur allein von dem Weſen der
Sele und ihrer Uebereinſtimmung mit dem
Koͤrper erſonnen worden ſind, zu bedencken:
denn man findet gewiß dabey mehr laͤcherliches,
als der Werth der Sache beynahe erlaubet.
Jch kan nicht umhin die verſchiedenen Mei-
nungen in dieſer Sache meinen geehrteſten
Leſern
mitzutheilen, zumal da ſie mir Gele-
genheit geben werden, meinem Vorſatze ein
Genuͤgen zu thun, und ihnen mein Glaubens-
bekenntniß von der Art des Einfluſſes der Se-
le in den Koͤrper zu eroͤfnen. Die Meinungen
die ich ietzo anzufuͤhren willens bin, ſind in An-
ſehung des Entzwecks, warum man ſie erdacht
hat, verſchieden. Die Egoiſten, Jdealiſten
und Materialiſten haben es nur allein mit
dem Weſen der Sele zu thun. Hingegen die
Occaſionaliſten, Harmoniſten und Jnflu-
xioniſten
bekuͤmmern ſich mehr um den Grund
der Uebereinſtimmung derer Veraͤnderungen
des Koͤrpers und der Sele. Jch will mit de-
nen erſtern den Anfang machen.

§. 3.

Die Egoiſten und Jdealiſten haben vor gut
befunden, die Wuͤrcklichkeit aller Koͤrper zu
laͤugnen. Unter beyden aber iſt doch die Mei-

nung
C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0037" n="7"/>
la&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o wird doch alles die&#x017F;es ihrem Ruhme<lb/>
keinen Abbruch thun. Die&#x017F;es i&#x017F;t eben das<lb/>
Verderben, daß neue Meinungen nie unange-<lb/>
fochten bleiben. Es i&#x017F;t kein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen, als die Ver&#x017F;chiedenheit derer Mei-<lb/>
nungen, welche nur allein von dem We&#x017F;en der<lb/>
Sele und ihrer Ueberein&#x017F;timmung mit dem<lb/>
Ko&#x0364;rper er&#x017F;onnen worden &#x017F;ind, zu bedencken:<lb/>
denn man findet gewiß dabey mehr la&#x0364;cherliches,<lb/>
als der Werth der Sache beynahe erlaubet.<lb/>
Jch kan nicht umhin die ver&#x017F;chiedenen Mei-<lb/>
nungen in die&#x017F;er Sache <hi rendition="#fr">meinen geehrte&#x017F;ten<lb/>
Le&#x017F;ern</hi> mitzutheilen, zumal da &#x017F;ie mir Gele-<lb/>
genheit geben werden, meinem Vor&#x017F;atze ein<lb/>
Genu&#x0364;gen zu thun, und ihnen mein Glaubens-<lb/>
bekenntniß von der Art des Einflu&#x017F;&#x017F;es der Se-<lb/>
le in den Ko&#x0364;rper zu ero&#x0364;fnen. Die Meinungen<lb/>
die ich ietzo anzufu&#x0364;hren willens bin, &#x017F;ind in An-<lb/>
&#x017F;ehung des Entzwecks, warum man &#x017F;ie erdacht<lb/>
hat, ver&#x017F;chieden. Die <hi rendition="#fr">Egoi&#x017F;ten, Jdeali&#x017F;ten</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Materiali&#x017F;ten</hi> haben es nur allein mit<lb/>
dem We&#x017F;en der Sele zu thun. Hingegen die<lb/><hi rendition="#fr">Occa&#x017F;ionali&#x017F;ten, Harmoni&#x017F;ten</hi> und <hi rendition="#fr">Jnflu-<lb/>
xioni&#x017F;ten</hi> beku&#x0364;mmern &#x017F;ich mehr um den Grund<lb/>
der Ueberein&#x017F;timmung derer Vera&#x0364;nderungen<lb/>
des Ko&#x0364;rpers und der Sele. Jch will mit de-<lb/>
nen er&#x017F;tern den Anfang machen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 3.</head><lb/>
          <p>Die Egoi&#x017F;ten und Jdeali&#x017F;ten haben vor gut<lb/>
befunden, die Wu&#x0364;rcklichkeit aller Ko&#x0364;rper zu<lb/>
la&#x0364;ugnen. Unter beyden aber i&#x017F;t doch die Mei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C</fw><fw place="bottom" type="catch">nung</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0037] laſſe, ſo wird doch alles dieſes ihrem Ruhme keinen Abbruch thun. Dieſes iſt eben das Verderben, daß neue Meinungen nie unange- fochten bleiben. Es iſt kein groͤſſeres Ver- gnuͤgen, als die Verſchiedenheit derer Mei- nungen, welche nur allein von dem Weſen der Sele und ihrer Uebereinſtimmung mit dem Koͤrper erſonnen worden ſind, zu bedencken: denn man findet gewiß dabey mehr laͤcherliches, als der Werth der Sache beynahe erlaubet. Jch kan nicht umhin die verſchiedenen Mei- nungen in dieſer Sache meinen geehrteſten Leſern mitzutheilen, zumal da ſie mir Gele- genheit geben werden, meinem Vorſatze ein Genuͤgen zu thun, und ihnen mein Glaubens- bekenntniß von der Art des Einfluſſes der Se- le in den Koͤrper zu eroͤfnen. Die Meinungen die ich ietzo anzufuͤhren willens bin, ſind in An- ſehung des Entzwecks, warum man ſie erdacht hat, verſchieden. Die Egoiſten, Jdealiſten und Materialiſten haben es nur allein mit dem Weſen der Sele zu thun. Hingegen die Occaſionaliſten, Harmoniſten und Jnflu- xioniſten bekuͤmmern ſich mehr um den Grund der Uebereinſtimmung derer Veraͤnderungen des Koͤrpers und der Sele. Jch will mit de- nen erſtern den Anfang machen. §. 3. Die Egoiſten und Jdealiſten haben vor gut befunden, die Wuͤrcklichkeit aller Koͤrper zu laͤugnen. Unter beyden aber iſt doch die Mei- nung C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/37
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/37>, abgerufen am 23.04.2024.