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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Magnetismus und Elektricität.

Einleitung.

Gegen Ende des achtzehnten Jahrhundertes gewann die Dampfmaschine durch
die Erfindungen von Humphry Potter, James Watt und Anderen
eine Vollendung, welche der Anwendung der Dampfkraft eine ungeahnte
Verbreitung und Bedeutung verlieh. Im Jahre 1807 benützte sie bereits
Fulton zum Betriebe eines Schiffes, welches den Verkehr zwischen
New-York und Albany vermittelte; im Jahre 1814 baute Robert Stephenson
seine erste, für das Kohlenwerk Killingworth bestimmte Locomotive und 1829
wurde die erste Dampfeisenbahn (von Liverpool nach Manchester) in Betrieb gesetzt.
Das Zeitalter des Dampfes war angebrochen. Nun ist kaum mehr als ein halbes
Jahrhundert verflossen und schon gewinnt es den Anschein, als ob ein neues
Zeitalter, eine neue Epoche in der Culturgeschichte der Menschheit beginnen sollte.
Die beiden geheimnißvollen Naturkräfte, Elektricität und Magnetismus, deren
Wesen zu enträthseln bisher noch nicht gelungen ist, erringen sich mit jedem Tage
eine größere Bedeutung. Nicht streng wissenschaftliche Forschungen, Laboratoriums-
Experimente oder gelehrte Hypothesen und Theorien sind es, die gegenwärtig das
allgemeine Interesse in so hohem Maße beanspruchen, sondern praktisch verwerthbare
Erfindungen; weder dem Fachmanne noch dem Laien können sie unbemerkt bleiben,
da sie auf Schritt und Tritt, wohin wir auch unsere Blicke wenden mögen, uns
entgegentreten.

Fragen wir nach der Ursache, welcher die Elektricität ihre Macht, ihre Be-
deutung verdankt, so wird uns diese Frage dadurch beantwortet, daß wohl keine
andere Naturkraft sich so leicht in jede gewünschte Form der Kraft verwandeln
läßt, als eben die Elektricität. Sie verläßt ihre Geburtsstätte und eilt am tiefen
Meeresgrunde von Continent zu Continent, erzählt dort, was die Menschen drüben
und herüben treiben; sie fliegt durch die Lüfte und flüstert uns die Worte ins
Ohr, wie der weit entfernte liebe Freund sie gesprochen hat -- auch nicht eine
Silbe ist auf dem weiten Wege aus dem dünnen Eisenfaden verloren gegangen.

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Magnetismus und Elektricität.

Einleitung.

Gegen Ende des achtzehnten Jahrhundertes gewann die Dampfmaſchine durch
die Erfindungen von Humphry Potter, James Watt und Anderen
eine Vollendung, welche der Anwendung der Dampfkraft eine ungeahnte
Verbreitung und Bedeutung verlieh. Im Jahre 1807 benützte ſie bereits
Fulton zum Betriebe eines Schiffes, welches den Verkehr zwiſchen
New-York und Albany vermittelte; im Jahre 1814 baute Robert Stephenſon
ſeine erſte, für das Kohlenwerk Killingworth beſtimmte Locomotive und 1829
wurde die erſte Dampfeiſenbahn (von Liverpool nach Mancheſter) in Betrieb geſetzt.
Das Zeitalter des Dampfes war angebrochen. Nun iſt kaum mehr als ein halbes
Jahrhundert verfloſſen und ſchon gewinnt es den Anſchein, als ob ein neues
Zeitalter, eine neue Epoche in der Culturgeſchichte der Menſchheit beginnen ſollte.
Die beiden geheimnißvollen Naturkräfte, Elektricität und Magnetismus, deren
Weſen zu enträthſeln bisher noch nicht gelungen iſt, erringen ſich mit jedem Tage
eine größere Bedeutung. Nicht ſtreng wiſſenſchaftliche Forſchungen, Laboratoriums-
Experimente oder gelehrte Hypotheſen und Theorien ſind es, die gegenwärtig das
allgemeine Intereſſe in ſo hohem Maße beanſpruchen, ſondern praktiſch verwerthbare
Erfindungen; weder dem Fachmanne noch dem Laien können ſie unbemerkt bleiben,
da ſie auf Schritt und Tritt, wohin wir auch unſere Blicke wenden mögen, uns
entgegentreten.

Fragen wir nach der Urſache, welcher die Elektricität ihre Macht, ihre Be-
deutung verdankt, ſo wird uns dieſe Frage dadurch beantwortet, daß wohl keine
andere Naturkraft ſich ſo leicht in jede gewünſchte Form der Kraft verwandeln
läßt, als eben die Elektricität. Sie verläßt ihre Geburtsſtätte und eilt am tiefen
Meeresgrunde von Continent zu Continent, erzählt dort, was die Menſchen drüben
und herüben treiben; ſie fliegt durch die Lüfte und flüſtert uns die Worte ins
Ohr, wie der weit entfernte liebe Freund ſie geſprochen hat — auch nicht eine
Silbe iſt auf dem weiten Wege aus dem dünnen Eiſenfaden verloren gegangen.

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[[3]/0017] [Abbildung] Magnetismus und Elektricität. Einleitung. Gegen Ende des achtzehnten Jahrhundertes gewann die Dampfmaſchine durch die Erfindungen von Humphry Potter, James Watt und Anderen eine Vollendung, welche der Anwendung der Dampfkraft eine ungeahnte Verbreitung und Bedeutung verlieh. Im Jahre 1807 benützte ſie bereits Fulton zum Betriebe eines Schiffes, welches den Verkehr zwiſchen New-York und Albany vermittelte; im Jahre 1814 baute Robert Stephenſon ſeine erſte, für das Kohlenwerk Killingworth beſtimmte Locomotive und 1829 wurde die erſte Dampfeiſenbahn (von Liverpool nach Mancheſter) in Betrieb geſetzt. Das Zeitalter des Dampfes war angebrochen. Nun iſt kaum mehr als ein halbes Jahrhundert verfloſſen und ſchon gewinnt es den Anſchein, als ob ein neues Zeitalter, eine neue Epoche in der Culturgeſchichte der Menſchheit beginnen ſollte. Die beiden geheimnißvollen Naturkräfte, Elektricität und Magnetismus, deren Weſen zu enträthſeln bisher noch nicht gelungen iſt, erringen ſich mit jedem Tage eine größere Bedeutung. Nicht ſtreng wiſſenſchaftliche Forſchungen, Laboratoriums- Experimente oder gelehrte Hypotheſen und Theorien ſind es, die gegenwärtig das allgemeine Intereſſe in ſo hohem Maße beanſpruchen, ſondern praktiſch verwerthbare Erfindungen; weder dem Fachmanne noch dem Laien können ſie unbemerkt bleiben, da ſie auf Schritt und Tritt, wohin wir auch unſere Blicke wenden mögen, uns entgegentreten. Fragen wir nach der Urſache, welcher die Elektricität ihre Macht, ihre Be- deutung verdankt, ſo wird uns dieſe Frage dadurch beantwortet, daß wohl keine andere Naturkraft ſich ſo leicht in jede gewünſchte Form der Kraft verwandeln läßt, als eben die Elektricität. Sie verläßt ihre Geburtsſtätte und eilt am tiefen Meeresgrunde von Continent zu Continent, erzählt dort, was die Menſchen drüben und herüben treiben; ſie fliegt durch die Lüfte und flüſtert uns die Worte ins Ohr, wie der weit entfernte liebe Freund ſie geſprochen hat — auch nicht eine Silbe iſt auf dem weiten Wege aus dem dünnen Eiſenfaden verloren gegangen. 1*

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/17>, abgerufen am 28.03.2024.